„Das habe ich noch nie erlebt“: Verregneter Sommer sorgt für frühreifes Gemüse

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Zu viele Niederschläge, zu wenig Trockenperioden: An den Kartoffeln von Landwirt Martin Sappl sind Pilzkrankheiten entstanden. Dadurch werden sie früher reif. Da die Kartoffeln dann noch recht klein sind, sinkt der Ertrag. © Hauke-Christian Dittrich/dpa

Landwirte in der Region berichten von einer durchwachsenen Erntebilanz. Wetterextreme und Pilzkrankheiten haben die Erträge beeinträchtigt.

Bad Tölz-Wolfratshausen – Zu viele Niederschläge, zu wenig Trockenperioden, dazu Pilzkrankheiten und schlammige Äcker. So lässt sich das Jahr aus Sicht vieler Landwirte aus der Region zusammenfassen. Dementsprechend durchwachsen fällt heuer die Erntebilanz aus.

Das Wetter sorgt bei der Ernte des Zwickerhofs in Bad Tölz für Pilzkrankheiten und frühreifes Gemüse

Auch beim Zwickerhof in Bad Tölz macht sich das Wetter in der Bilanz bemerkbar. „Durch den starken Niederschlag entstanden Pilzkrankheiten an den Kartoffeln“, berichtet Landwirt Martin Sappl. „Es war einfach zu feucht und zu schwül.“ Die Krankheiten beschädigen die Kartoffeln zwar nicht, jedoch stirbt das Kraut um die Kartoffeln ab, wodurch sie früher reif werden. Da die Kartoffeln zu diesem Zeitpunkt noch relativ klein sind, sinkt der Ertrag. „Es gab einfach keine langen Phasen mit gutem Wetter“, sagt Sappl. Er sei aber trotzdem zufrieden mit seiner diesjährigen Ernte. „Wir in der Region können sowieso noch froh sein mit dem Klima.“ Jedoch macht er sich auch Gedanken über das Wetter in den kommenden Jahren: „Diese Häufung von extremen Wettern hängt mit dem Klimawandel zusammen. Da müssen wir bereit sein, bestimmte Einschnitte hinzunehmen.“

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Nässe teilweise von Vorteil beim Biotop Oberland in Lenggries – dennoch schwüle Temperaturen schwierig

Im Gegensatz dazu mögen die Pflanzen des Biotops Oberland in Lenggries die Nässe sehr gern. Die Genossenschaft betreibt solidarische Landwirtschaft und baut allerlei Gemüse an. Für einen monatlichen Beitrag kann man sich eine bunte Gemüsekiste abholen. „Es ist eine gute Gemüsesaison“, berichtet Claudia Brettel, Gärtnerin des Biotops. „Es gab wenig Starkregenereignisse, eher alle zwei Tage mal ein verregneter Tag“, beschreibt sie die idealen Wachstumsbedingungen. Der Regen sei jedoch auch ein Problem: „Man kann nicht richtig jäten und hacken, da ist es schwierig, das ganze Unkraut einzudämmen.“ Durch die schwülen Temperaturen hätten sich bei ihnen ebenfalls Pilzkrankheiten gebildet und die Ernte wurde um einiges früher reif. „Das habe ich wirklich noch nie erlebt“, sagt Brettel. So müssten Gemüsesorten, die eigentlich erst Ende Oktober geerntet werden, schon jetzt eingelagert werden.

Auch die Bauern haben mit den Wetterbedingungen zu kämpfen, da Qualität von Wiesen abnimmt

Auch in der Grünlandwirtschaft hat der verregnete Sommer Probleme bereitet. „Uns geht ein Heuschnitt ab“, sagt Kreisbäuerin Ursula Fiechtner. Normalerweise könnten die Bauern ihre Wiesen bis zu vier, in guten Jahren bis zu fünfmal im Jahr mähen. Heuer waren aufgrund der nassen Witterungsbedingungen nur zwei bis drei Heuschnitte möglich. Denn: „Es muss mindestens drei Tage hintereinander trocken bleiben, damit das Gras auf der Wiese getrocknet werden kann“, erklärt Fiechtner. Das sei im Mai und Juni jedoch kaum der Fall gewesen. Hinzukommt, dass unter der späten Mahd auch die Qualität des Heus gelitten habe, so die Kreisbäuerin.

Mit der Bearbeitung der Böden hatten die ansässigen Bauern ebenfalls Probleme. Sie gewinnen von ihren Flächen hauptsächlich eigenes Tierfutter. „Durch den Regen waren die Böden schlecht befahrbar“, sagt Peter Fichtner, Kreisobmann beim Bayrischen Bauernverband. Die Qualität der Wiesen habe stark abgenommen. Für die Tierfutterproduktion sind die Bauern außerdem auf zuverlässige Wettervorhersagen angewiesen. „Der Wetterbericht ist entweder zu pauschal oder liegt ganz daneben“, kritisiert Fichtner. Dadurch sei es für die Bauern schwer, zu planen, wann die Ernte stattfinden soll. Insgesamt sieht er das Jahr jedoch positiv. „Der August hat wieder einiges gut gemacht“, sagt er. „Ein schöner Herbst lässt wieder alles vergessen.“

Auch im Folgejahr hat Apfelbauer Martin Jost wirkt das Hagelunwetter bei Ernte noch nach

Während die anderen mit dem diesjährigen Regen zu kämpfen haben, belasten Martin Jost noch Schäden des letzten Jahres. Der Apfelbauer aus Gaißach verkauft seine Äpfel im eigenen Hofladen. Letztes Jahr musste der Laden jedoch geschlossen bleiben, da der Hagel die Ernte völlig zerstört hatte. Dieses Jahr gebe es zwar wieder Äpfel, aber die Nachwehen sind bis heute zu spüren. „Bei den kleinen Bäumen reißen die Äste recht schnell ab, weil sie noch nicht nachgewachsen sind“, sagt Jost. Die Ernte beginnt Mitte September und dauert bis Ende Oktober. Jost schätzt sie bis jetzt als durchschnittlich ein. „Die Menge ist weniger, die Qualität schaut aber gut aus.“ Er hofft, dass das kommende Apfeljahr so gut wird wie vor dem Hagel. (Verena Schwald/Franziska Selter)

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