Von den Inseln bis ins Allgäu: Karte zeigt hunderte Proteste gegen Rechtsextremismus

  1. Startseite
  2. Politik

KommentareDrucken

Proteste in über 700 Städten und Gemeinden: Tag für Tag wird derzeit gegen Rechtsextremismus demonstriert. © picture alliance/dpa/Rebsch (Montage: Litzka/Lim/Bruckmann)

Hunderte Demos von West bis Ost, von Nord bis Süd: Eine Datenanalyse zeigt die Protestwelle gegen Rechtsextremismus in Grafiken.

Vom Lichtermeer auf der Münchner Theresienwiese bis hin zur Menschenkette im Örtchen Wenningstedt-Braderup auf Sylt: Hunderttausende sind seit Anfang Januar bei Protesten gegen Rechtsextremismus und die AfD auf die Straße gegangen. In mehr als 700 Städten und Orten kamen sie dabei zusammen, wie eine Datenanalyse von IPPEN.MEDIA zeigt. Basierend auf Daten der Organisationen ACLED und Demokrateam sowie eigener Recherchen haben wir Protest-Orte gesammelt, abgeglichen und aufbereitet. Klicken Sie sich durch unsere Karte unten, um einen Einblick in die Demonstrationen in Ihrer Region zu erhalten.

Die Karte macht deutlich: Kundgebungen und Demos finden sich in den unterschiedlichsten Winkeln der Bundesrepublik. Diese große regionale Breite stellt eine Besonderheit der Proteste dar, wie die Professorin für politische Soziologie Sabrina Mayer erklärt. „Man sieht, dass das Thema Menschen in allen Teilen Deutschlands beschäftigt – sowohl in den alten als auch in den neuen Bundesländern“, sagt die Expertin von der Universität Bamberg.

Expertin zur Protestwelle: Gerade Demos in kleineren Städten wichtig für politischen Dialog

Beim Protest im Berliner Regierungsviertel am 3. Februar beispielsweise versammelten sich mehr als 150.000 Protestierende. In Kiel fanden vier, in Dresden bereits sechs Demos gegen Rechtsextremismus statt. Doch auch in kleineren Städten und Gemeinden mobilisieren unterschiedlichste Bündnisse Teilnehmer für die Demos. So protestierten etwa 150 Menschen im 900-Einwohner-Ortsteil Gschlachtenbretzingen im Kreis Schwäbisch Hall gegen den Empfang des AfD-Kreisverbands, wie die Südwestpresse berichtet.

Insbesondere Demos in kleineren und mittelgroßen Städten abseits der Metropolen sind laut Soziologie-Professorin Mayer von Bedeutung für die Wirkung der Protestwelle. „Je mehr im Umfeld von Menschen protestiert wird, die mit der AfD sympathisieren oder sie wählen, desto mehr gibt es auch politischen Dialog”, sagt Mayer. Ausgelöst wurde die Welle an Protesten durch einen investigativen Bericht des Recherchenetzwerks Correctivs. Der am 10. Januar veröffentlichte Bericht enthüllte Details zu einem geheimen Treffen extremer Rechter bei Potsdam, darunter auch AfD-Politiker.

Tag für Tag finden seitdem Demonstrationen und Kundgebungen gegen Rechtsextremismus statt. Die meisten Proteste wurden am letzten Wochenende im Januar gemeldet. Die Grafik lässt erkennen: Trotz eines gewissen Rückgangs fanden auch danach dutzende Demos statt.

Dutzende Proteste gegen rechts für die kommenden Wochen geplant

Wie die Proteste sich dauerhaft weiterentwickeln, ist laut Soziologie-Professorin Mayer jedoch noch offen. Ein Rückgang sei zwar wegen des hohen Aufwands von Demo-Teilnahmen wie bei den meisten Protesten erwartbar. „Aber trotzdem glaube ich nicht, dass die Proteste einfach versanden werden”, sagt Mayer. Auch für das kommende Wochenende sind Proteste angekündigt.

Um bei den Demonstrationen von einer Bewegung zu sprechen, ist es aus der Sicht von Protestforscherin Teresa Völker von der Freien Universität Berlin noch zu früh. Denn die größte Herausforderung bei der Bildung von sozialen Bewegungen sei, Menschen über einen längeren Zeitraum hinweg zu mobilisieren und nicht nur für einen einmaligen Protest. „Das ist auch wichtig, denn eine Demokratie lebt von einer aktiven Zivilgesellschaft und Protestkultur – aber der langfristige Effekt hängt von der Weiterentwicklung ab.”

Unsere Daten, Quellen, Methoden

Die Analyse basiert auf Angaben des Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED), den Angaben der Organisation Demokrateam und eigenen Recherchen. Bei ACLED handelt es sich um eine Non-Profit-Organisation, die unter anderem von der Europäischen Kommission unterstützt wird. Demokrateam listet auf ihrer Website Protest-Ereignisse gegen Rechtsextremismus unter Angabe von Teilnehmerzahlen auf. In unsere Analyse aufgenommen wurden Ereignisse, die durch mindestens eine Zusatzquelle belegt werden oder durch eigene Recherchen bestätigt wurden.

Auch interessant

Kommentare