,Luftschloss‘ auf der grünen Wiese: Neue Kritik am Neubau des Landsberger Landratsamtes
Bisher hat es nur eine Kostenplanung für das „Erweiterungsgebäude“ des Landratsamtes Am Penzinger Feld gegeben. Seit Ende April liegt auch die Kostenberechnung vor – und wurde jetzt im Kreisausschuss vorgestellt. Ein Jonglieren mit Zahlen
Landsberg - „Die Kosten sind realistisch“, fasst der Sachgebietsleiter im Landratsamt für kreiseigenen Hochbau, Ulrich Köbberling, zusammen. Insgesamt liegen sie gemäß der aktuellen Kostenberechnung bei 115.221.235 Millionen Euro. Zuzüglich der Kosten für das Grundstück (gut drei Millionen Euro) sowie den Posten „Ausstattung und Kunstwerke“ (geschätzt 1,5 Millionen Euro) sind es rund 120 Millionen Euro. Kosten, die laut Köbberling absolut im Rahmen der sogenannten Kosten-Kennzahlen für Büro- und Verwaltungsgebäude liegen.
Einsparungspotenzial beim Landratsamt-Erweiterungsbau - auf Klima-Kosten
Mögliches Einsparungspotenzial sieht Köbberling beim Parkdeck und bei den technischen Anlagen. Eine Reduzierung des Parkdecks um 96 Plätze spare knapp zwei Millionen Euro. Wenn man bei den technischen Anlagen den Luftwärmetauscher, die drei Windkrafträder und die Hälfte der PV-Anlage auf dem Parkdeck weglasse, ergebe sich eine Einsparung von knapp vier Millionen Euro. „Wir raten aber von der Parkplatzverkleinerung ab“, so Köbberling. Auch die zweite Sparmaßnahme sei nicht sinnvoll, da so mehr fossile Brennstoffe nötig wären und damit die Förderung für klimafreundliches Bauen entfallen würde.
Natürlich seien die Baukosten unter der Prämisse, den Erweiterungsbau in dieser Größe zu bauen, im Rahmen der Kennzahlen, konterte Renate Standfest (Grüne). Aber die Bruttogeschossfläche (für das Gebäude 16.000 m2zuzüglich 11.000 m2 für Parkflächen) mit knapp 70 m2 pro Mitarbeitendem (bisher war stets die Rede von 400) sei „eine sehr hohe Basis“. Man müsse „von der Fläche runterkommen“. Auch die Berechnung des Parkplatzbedarfs mit einem Auto pro Mitarbeiter und pro Besucher sei nicht realistisch.
Standfest kritisierte generell die Intransparenz der Planung gegenüber dem Gremium. Für sie sei nicht ersichtlich, ob in der jetzigen Kostenberechnung auch die Erschließung oder die IT-Ausstattung berücksichtigt seien. Die Mietkostenberechnung für die Außenstellen behandle man ebenso intransparent, da einige Außenstellen in Landkreisbesitz seien. Die Unterlagen für den Kreisausschuss seien erst am Abend vor der Sitzung zur Verfügung gestanden, „da bleibt keine Zeit zur Vorbereitung“. Und auch die vorausgehende Kostenplanung, die im Landsberger Stadtrat bereits ausführlich besprochen worden sei, habe ihnen nicht zur Verfügung gestanden.
Hoher Platzbedarf: Planung für den Zehn-Jahres-Horizont
Landrat Thomas Eichinger (CSU) ging auf das späte Einstellen der Unterlagen ins Informationssystem mit keiner Silbe nicht ein. Er verwies zur Untermauerung des Flächenbedarfs für den Neubau auf den geforderten Zehn-Jahres-Horizont. 2038 erwarte man die Vollbesetzung des Neubaus – in der Sitzung wurden von der Verwaltung 496 Mitarbeitende genannt. Die Steigerung von 400 auf 496 komme dank Homeoffice und Desk-Sharing zustande, so Pressesprecher Wolfgang Müller auf Nachfrage des KREISBOTEN. Bisher, so Eichinger weiter, kalkuliere man bei der Mitarbeiterplanung mit vier Prozent Personalmehrung, was aber der aktuellen Lage bereits hinterher hinke.
Köbberlings Präsentation nennt für den Neubau eine Bürofläche von 19.500 m2, dazu kommen 3.400 m2im Haupthaus in der Von-Kühlmann-Straße. In dieser Bürofläche ist aber viel ‚Luft‘. Auf Nachfrage erläutert Behördensprecher Müller, dass in dem Neubau für Büros, Besprechungszimmer und Sitzungssaal – also ohne Foyer, Freitreppe etc. – knapp 7.000 m2vorgesehen seien. Ziehe man die 750 m2für Besprechungszimmer und Sitzungssaal ab, ergebe das rund 6.200 m2reine Bürofläche für 496 Mitarbeitende. Erst mit diesen Zahlen ist die Nettofläche pro Mitarbeiter nachvollziehbar, die Eichinger im Ausschuss mit 12,5 Quadratmeter pro Kopf bezifferte.
Der „gemeinsame Traum“ einer kleineren Behörde
Auf Standfests Nachfrage, ob bei der Platzberechnung Homeoffice und Desk-Sharing bedacht worden seien, antwortete Eichinger, man habe nach aktuellem Stand geplant. Homeofffice sei bereits jetzt an bis zu drei Tagen möglich. Desk-Sharing könne man mangels eines Open Space in den Außenstellen und im Hauptgebäude nicht umsetzen, das sei erst im Neubau machbar. Wobei Peter Friedl (Grüne) darauf hinwies, dass Desk-Sharing „natürlich auch ohne Open Space“ funktioniere.
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Der Grünen-Kreisrat hakte nochmals bei der Stellensteigerung nach, die „trotz sinkender Bevölkerung“ seiner Ansicht nach über die Maßen steige. Eichinger entgegnete, dass bereits ab 2027 weitere 30 Mitarbeitende für die Kinder- und Jugendhilfe eingestellt werden müssten. Man habe jetzt ja auch Mehraufgaben wegen der teilweisen Cannabis-Legalisierung. All das stehe dem „gemeinsamen Traum einer sich verkleinernden Behörde“ entgegen.
Landratsamt-Erweiterungsbau in Landsberg: ein Luxusprojekt?
Am Ende, so Friedl abschließend, stehe die Frage, ob sich der Landkreis ein Bauprojekt von aktuell mindestens 120 Millionen Euro leisten könne: „Ich glaube nicht.“ Zins und Tilgung (laut Landkreiskämmerer Thomas Markthaler auf 40 Jahre gerechnet gleichbleibend bei 4,37 Millionen Euro pro Jahr) ließen die Kreisumlage weiter ansteigen. Das belaste die Gemeinden über Gebühr. Einerseits, konterte Eichinger, habe man auch einen Schuldendienst für die Anmietung der Außenstellen. Wenn man den Erweiterungsbau ‚streiche‘, müsse man konsequenterweise auch die Klinikums- und Schulerweiterungen streichen: „Entweder etwas ist notwendig oder nicht. Die Frage, ob wir es uns leisten können, steht nicht im Vordergrund.“ Woraufhin Friedl empfahl, Prioritäten zu setzen.
Auch andere Kreisräte der Oppositionsparteien äußerten sich kritisch gegenüber dem Erweiterungsbau in der aktuell angedachten Größe. Eine Stimmung, die vermuten lässt, dass auch in der anschließenden nichtöffentlichen Sitzung durchaus kontrovers diskutiert wurde. Bereits am Tag nach der Sitzung gab die Kreistagsfraktion der SPD eine Pressemitteilung heraus, in der sie die Art der Informationspolitik als „bedauerlich“ und den Erweiterungsbau als „nicht nachvollziehbar und vor allem nicht tragbar“ bezeichnet. Die jetzigen Kosten stellten „eine Erhöhung auf bis zu 400 Prozent der anfänglich geplanten Kosten“ dar.
Und auch wenn die größten Herausforderungen für die Gemeinden durch die damit höhere Kreisumlage ‚nur‘ in den ersten Jahren lägen, müsse man sich die Frage stellen, „ob diese Herausforderungen für den Bau eines Schlosses überhaupt notwendig“ seien. Auch im Hinblick darauf, dass andere Einrichtungen wie der Bau eines Frauenhauses wohl gestrichen werden müssten. SPD und Grüne sind sich einig: Gemeinsame Beratungen aller Fraktionen zusammen mit der Verwaltung seien nötig, um Alternativen zu finden.
Ob der Erweiterungsbau des Landratsamtes so wie bisher geplant fortgeführt wird, wird im Kreistag am 25. Juni entschieden.
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