Mit Perücken und Absätzen: Harris trainiert TV-Duell mit Trump-Double
Kamala Harris wird auch mit einem als Donald Trump verkleideten Berater auf das TV-Duell vorbereitet. Der Republikaner lässt Politik derweil Politik sein.
Philadelphia – Das TV-Duell im Juni brach Joe Biden politisch das Genick. Der wenig souveräne Auftritt war der Anfang vom Ende seiner Kampagne, mit der sich der US-Präsident beim Rennen ums Weiße Haus erneut gegen Donald Trump behaupten wollte. Rund drei Wochen danach zog er sich unter großem Druck innerhalb der Demokratischen Partei zurück und machte den Weg frei für Kamala Harris.
Die Vize-Präsidentin hat nun in der Nacht auf Mittwoch deutscher Zeit in Philadelphia das Vergnügen, zum ersten – und wohl auch einzigen – Mal in einem TV-Duell für die Präsidentschaftswahlen in knapp zwei Monaten gegen Trump anzutreten. Anders als der Republikaner, der diese Formate seit 2016 zur Genüge kennt, betritt die 59-Jährige Neuland.
Harris vor dem TV-Duell: Berater bereitet sie als Trump-Double vor
Umso besser will sie vorbereitet sein. Auf die Fragen der ABC-Moderatoren. Auf das Scheinwerferlicht. Und vor allem auf Trump. Der darf deshalb auch bei ihren Proben, die zweimal am Tag stattfinden sollen, nicht fehlen. Zumindest in Form eines Doubles ist der Ex-Präsident anwesend, wie die englische Zeitung Daily Mail berichtet.
In die Rolle des 78-Jährigen schlüpft demnach mit Philippe Reines, ein Politikberater, der einst Hillary Clinton während ihrer Zeit als Außenministerin unter Barack Obama zur Seite stand und während deren Präsidentschaftskampagne 2016 ebenfalls Trump imitierte. Um Harris das Gefühl zu vermitteln, es würde wirklich ihr Konkurrent in voller Größe neben ihr stehen, trägt der 54-Jährige demnach eine orangefarbene Perücke und knapp acht Zentimeter hohe Plateauschuhe. Denn das Original misst rund 1,90 Meter.
Harris trainiert mit Trump-Double für TV-Duell: „Sie soll zu 100 Prozent vorbereitet werden“
„Kamala weiß, dass dies ihr Do-or-die-Moment ist. Man muss nur auf die erste Debatte schauen, was da mit Joe Biden passiert ist, um zu wissen, wie hoch der Einsatz ist“, wird eine nicht näher benannte Quelle in dem Artikel zitiert: „Sie ist eine intelligente Frau, eine frühere Staatsanwältin, also ist Vorbereitung alles für sie.“
Zwar klinge es witzig, dass Reines mit Perücke und hohen Schuhen zu diesen Scheindebatten erscheine, „aber es geht allein darum, sie zu 100 Prozent vorzubereiten“. Die Taktik sieht dabei vor, Trump aus der Reserve zu locken. Im Idealfall soll der impulsive Kontrahent vor Millionen TV-Zuschauern seine Contenance verlieren: „Kamala ist darauf vorbereitet, den Bären anzustupsen.“
Weiter verspricht die Quelle: „Sie wird ihn attackieren für den ganzen verrückten Mist, den er von sich gibt, wie vom ‚verstorbenen, großartigen Hannibal Lecter‘ zu sprechen.“ Die von Anthony Hopkins verkörperte und vor allem aus „Das Schweigen der Lämmer“ bekannte Filmfigur erwähnte Trump zuletzt mehrmals und sorgt seither für Rätselraten, was genau er damit bezwecken wollte.
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Harris und Trump im TV-Duell: „Sie hat als Anwältin Männer wie ihn eingesperrt“
Dagegen werde sich Harris eins verkneifen, was Trump durchaus als Affront auffassen könnte: „Sie wird ihn wahrscheinlich nicht Präsident Trump nennen, auch wenn das die Höflichkeit gegenüber allen früheren Präsidenten gebietet. Das Team arbeitet an Aussagen darüber, dass Trump ein verurteilter Schwerverbrecher ist und sie als Anwältin Männer wie ihn eingesperrt hat.“ Im Gerichtsverfahren wegen falsch verbuchter Schweigegeldzahlungen wurde Trump für schuldig befunden, drei weitere Anklagen gegen ihn sind noch in Vorbereitung.
Derweil betonte Karoline Leavitt, Pressesprecherin der Trump-Kampagne, laut dem Bericht, der laut jüngsten Umfragen leicht in Führung liegende Republikaner habe erst kein Debatten-Training absolviert. „Präsident Trump hat sich als einer der besten Debattierer erwiesen, wie sein Knockout-Schlag gegen Biden bewies“, lobt die 27-Jährige: „Er beherrscht die Themen, gibt häufig Interviews und nimmt fast täglich Fragen von feindseligen Medien entgegen.“

Trump bereitet sich auf TV-Duell vor: „Er hat die Theatralik seiner Darbietung verfeinert“
BBC-Korrespondentin Katty Kay hat sich von einem Trump-Berater sagen lassen, das ehemalige Staatsoberhaupt habe sich in seiner Vorbereitung nicht damit beschäftigt, seine Politik aufzufrischen. Vielmehr habe er „die Theatralik seiner Darbietung verfeinert“. In diesen TV-Debatten zählt also eher das Auftreten als die Inhalte.
Dagegen habe sich Harris akribisch vorbereitet, auch mit politischen Büchern. Denn für sie stehe mehr auf dem Spiel, weil ihre Politik noch nicht so bekannt ist. Von Trump wissen die Bürger hingegen, was sie bekommen.
Harris‘ Plan gegen Trump: Mit Wörtern wie „alt“ und „klein“ will Demokratin provozieren
Um ihren TV-erfahrenen Gegenspieler wirklich empfindlich zu treffen, werde Harris Wörter wie „alt“ oder „klein“ nutzen. So könne sie Trump mit dem Hinweis provozieren, dass er der ältere Kandidat ist. Zudem scheinen ihn Verweise auf die Größe zu irritieren. Alles mit dem Ziel, Trump aus der Fassung zu bringen, sodass er die „trumpigste“ Version von sich selbst zeige.
Es wirkt, als wüssten beide Seiten, dass sie an diesem Abend die Präsidentschaftswahl noch nicht gewinnen können. Aber sehr wohl ihren Gegenüber schon in Philadelphia auf die Verliererstraße schicken. (mg)