„Gezieltes und perfides Vorgehen“: Mann zwingt Au-pairs zu Sex – Gericht fällt Urteil

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Vor dem Amtsgericht Weilheim wurde der Fall verhandelt. © Wahl-Geiger

Als Au-pairs war es eigentlich ihre Hauptaufgabe, auf die Tochter des Angeklagten aufzupassen. Jedoch verlangte der 55-jährige Mann aus dem westlichen Landkreis von den drei Frauen, die er in Afrika und Asien angeworben hatte, sexuelle Gefälligkeiten. Jetzt stand er in Weilheim vor Gericht.

Weilheim – Zumindest eine Zeugenaussage vor dem Weilheimer Amtsgericht ersparte der 55-Jährige den Frauen. Nach einem Rechtsgespräch, in dessen Folge ihm eine Bewährungsstrafe in Aussicht gestellt wurde, gestand der Mann die Taten. Das „Unrecht“, das er seinen ehemaligen Au-pairs im Laufe der vergangenen Jahre zugefügt hatte, habe der Beschuldigte bis zu seiner polizeilichen Vernehmung im Grunde „beiseitegeschoben“, erklärte der Verteidiger in seiner Stellungnahme.

Zunächst seien es noch „normale“ Aufgaben gewesen, die einer 26-jährigen Vietnamesin während ihrer Au-pair-Tätigkeit zugeteilt worden waren. Irgendwann hatte ihr der 55-Jährige allerdings einen pikanten Vorschlag unterbreitet: Sollte sie ihn drei- bis viermal wöchentlich massieren, würde sich das in ihrem Gehalt widerspiegeln, hieß es sinngemäß. Doch damit nicht genug: Etwas später hatte der Angeklagte von der Vietnamesin auch sexuelle Gefälligkeiten verlangt. Erst nur mit der Hand, dann hatte sie ihn auch noch oral bis zum Samenerguss befriedigen sollen. Den Forderungen sei sie dabei nur nachgekommen, weil ihr der Angeklagte versichert hatte, sie in der Folge umfassend unterstützen zu werden: finanziell oder bei Amtsgängen.

Gleiches Spiel auch mit einer 27-jährigen Frau aus Burkina Faso: Ihr hatte der Mann versprochen, Geld in das Sparschwein zu werfen, wenn sie ihn „glücklich macht“. Zusätzlich zur händischen und oralen Befriedigung hatte er mit ihr sogar den vaginalen Geschlechtsverkehr vollzogen und ihre sexuellen Dienste mit insgesamt 300 Euro entlohnt. Die Staatsanwältin sprach von einer „Zwangslage“ und einem „Zustand der Hilflosigkeit“, den die junge Frau in dem ihr fremden Land erfahren hatte.

Einer 24-jährigen Frau aus Simbabwe hatte der Beschuldigte derweil noch deutlich früher angedeutet, was sie nach ihrer Ankunft in Deutschland erwarten wird: Der 55-Jährige hatte bereits Nacktfotos von der jungen Frau verlangt, da war sie noch in Afrika mit der bürokratischen Abwicklung ihrer Ausreise beschäftigt. Sollte sie den Forderungen nicht nachkommen, hatte der Beschuldigte gedroht, das Arbeitsverhältnis und somit auch ihre Aufenthaltsgenehmigung platzen zu lassen. Für ihn wäre es nämlich ein Leichtes, „seinen Freunden beim Amt Bescheid zu sagen“. Wohlwissend, dass ein Weigern wahrscheinlich eine Kündigung sowie den Verfall ihres Visums bedeutet hätten, war auch sie schließlich den Forderungen des Angeklagten – weinend – nachgekommen.

Ihr gegenüber war der Beschuldigte auch abseits der Massageliege tätlich geworden, hatte der jungen Frau auf das Gesäß geschlagen oder ihr beim Baden an die bekleideten Brüste gefasst.

Mit Ausländeramt gedroht

Während sich die Geschädigte noch in Simbabwe befunden hatte, habe ihr der Angeklagte bereits unterschwellig gedroht, erzählte ein Polizist: Es gebe noch andere Frauen, die an dem Job als Au-pair interessiert sind, sollte sie sich weigern, ihm „sexy Fotos“ zu schicken.

Was den Beamten verwundert hatte: Obwohl die Geschädigten stets gegen die sexuellen Handlungen gewesen sind, hätten sie selbst nach ihrer Au-pair-Zeit immer wieder den Kontakt zu dem 55-Jährigen gesucht und ihn auch dann noch massiert und befriedigt. „Erschreckend“, kommentierte der Polizist.

Teilweise seien die Frauen, zu denen er „aus der Ferne ein Vertrauensverhältnis aufgebaut“ hatte, „gerade erst volljährig gewesen“, summierte die Staatsanwältin. Drüber hinaus war sie sich sicher, dass sich die Geschädigten „wohl ganz andere Dinge von Deutschland erhofft haben“. Die Staatsanwältin sprach von einem „gezielten und perfiden Vorgehen“ des Beschuldigten. Wer seinen Au-pairs mit der Ausländerbehörde droht, müsse schon ziemlich „abgestumpft“ sein, vermutete sie. Die Taten seien in Teilen der Zwangsprostitution zuzuordnen und müsse daher mit einer zweijährigen Bewährungsstrafe und Entschädigungszahlungen an die Frauen geahndet werden.

Vieles sah der Verteidiger ähnlich wie seine Vorrednerin. Da die Taten für den 55-Jährigen ohnehin schwerwiegende Folgen haben werden – seinen Job wird er wohl verlieren – verlangte der Rechtsbeistand, die Bewährungsstrafe auf ein Jahr und sechs Monate festzulegen. „Ich weiß nicht, wie es so weit kommen konnte. Es tut mir leid“, entschuldigte sich der Angeklagte.

Richter Lars Baumann kaufte dem Beschuldigten seine reuige Einlassung ab. Dennoch: Künftig werde der Mann „wohl keine Au-pairs mehr bekommen“. Ohne das Geständnis hätte man ernsthaft über eine Vollzugsstrafe nachdenken müssen, stellte Baumann klar. Der 55-Jährige „hat sein Leben gegen die Wand gefahren“. „Damit wird er zu kämpfen haben“, ergänzte er. Verurteilt wurde er letztlich zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten sowie einer Zahlung von 2000 Euro an jede der drei Geschädigten.

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