Merkel verärgert Ukraine mit „Eigenlob-Memoiren“ – Obama verteidigt Kanzlerin-Werk

  1. Startseite
  2. Politik

Kommentare

Obama stellte die Memoiren von Angela Merkel in den USA vor und lobt die Eigenschaften der Altkanzlerin. Aus der Ukraine gab es jedoch scharfe Kritik am Buch.

Washington, D.C. – Altkanzlerin Angela Merkel ist gerade auf Buch-Tour – auch in den USA. Im Anthem-Theater in Washington präsentierte sie am Montag (2. Dezember) gemeinsam mit Ex-US-Präsident Barack Obama die englischsprachige Ausgabe ihrer Memoiren „Freiheit. Erinnerungen 1954–2021“.

Merkel verärgert Ukraine mit „Eigenlob-Memoiren“ – Obama lobt Ex-Kanzlerin

Obama fand herzliche Worte für seine ehemalige Amtskollegin. „Nett und freundlich“, aber „zurückhaltend“, so beschrieb er die ehemalige Kanzlerin. Auf der Bühne wurde viel gelacht und alte Missverständnisse ausgeräumt. Aus der Ukraine gibt es jedoch auch überaus kritische Stimmen gegenüber Merkels Werk: Es sei ein „krasser Fehlschuss“ und solle nicht gekauft werden, polterte der ehemalige ukrainische Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk.

Obwohl Merkel und Obama zum Ende ihrer Amtszeiten ein enges Verhältnis hatten, verlief der Anfang ihrer Zusammenarbeit nicht reibungslos. Obama wollte als Wahlkämpfer 2008 am Brandenburger Tor in Berlin reden – durfte aber nicht. Er musste an die nahe gelegene Siegessäule ausweichen. Merkel sei nach seinem Wahlsieg nicht sicher gewesen, ob der US-Präsident sauer darüber war. „Das war ich wirklich nicht, aber sie war immer besorgt, dass ich wütend bin“, erklärte Obama bei der Präsentation von Merkels Memoiren.

Barack Obama und Angela Merkel bei der Präsentation von Merkels Memoiren im Anthem Theater in Washington.
Barack Obama und Angela Merkel bei der Präsentation von Merkels Memoiren im Anthem Theater in Washington. © Kevin Dietsch/Getty Images via AFP

Angela Merkel schildert bei Vorstellung ihrer Memoiren mit Obama ihre Perspektive

Die Altkanzlerin schilderte in Washington ihre Perspektive: Das Brandenburger Tor sei ein bedeutendes Symbol für die Deutschen, erklärte sie. Wenn sie Obama erlaubt hätte, dort zu sprechen – wer wäre dann als Nächstes gekommen? Am Ende sei dieser jedenfalls nicht verärgert über ihre Entscheidung gewesen und man sei gut miteinander ausgekommen.

Bei seinem ersten Besuch als Präsident im Sommer 2013 durfte Obama dann schließlich auch am Brandenburger Tor sprechen. Die Zusammenarbeit zwischen Merkel und Obama blieb dann auch stets kollegial, selbst in schwierigen Zeiten wie der Finanzkrise oder nach der NSA-Abhöraffäre.

Merkels Zeit in der internationalen Politik – Obama über die Altkanzlerin: „Sie ist eher die Wissenschaftlerin“

Merkel erinnerte sich an dem Abend mit Barack Obama im Anthem-Theater auch an die Herausforderungen auf internationaler Ebene. Die ehemalige Kanzlerin nannte als eines ihrer Talente, nie etwas zu tun, was man nicht ganz verstehe – stets etwas Bescheidenheit zu bewahren – und dennoch mutig und ehrgeizig zu sein. Obama wiederum sagt über die Ex-Kanzlerin: „Sie ist eher die Wissenschaftlerin, es geht um Fakten und Analysen.“

Kritik aus der Ukraine an Merkels Memoiren: Fehler gegenüber Putin nicht eingestanden?

Die Veranstaltung in Washington wurde jedoch von scharfer Kritik aus der Ukraine überschattet. Der ehemalige ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, bezeichnete Merkels Memoiren als „Schlag ins Gesicht aller Ukrainer“. Er kritisierte die Autobiografie als „peinliches Beispiel von Selbstbeweihräucherung“ und bemängelte, dass Merkel ihre „Kardinalfehler in der jahrelangen Russland-Politik“ nicht eingestehe.

Melnyk, der mittlerweile als Botschafter in Brasilien tätig ist, warnte, dass ohne eine ehrliche Aufarbeitung der Fehler in Bezug auf Russland das Risiko bestehe, dass Deutschland erneut in eine „Moskauer Falle“ tappe. Er empfahl, das Buch nicht zu lesen: „Hände weg vom Merkel-Buch. Ein krasser Fehlschuss.“ (dpa/lw)

Auch interessant

Kommentare