Putins nächstes Ziel? Russland zieht schon Ukraine-Vergleich mit Nachbarland

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Russland hat Teile der Ukraine gewaltsam erobert. Droht dies auch anderen Nachbarstaaten? Putin blickt nun zumindest sehr genau nach Georgien.

Tiflis/Moskau – Nach Russlands Einmarsch zieht sich der Ukraine-Krieg nun schon seit über zweieinhalb Jahren. Und immer wieder warnen Experten und direkte Nachbarn Russlands davor, dass Wladimir Putin in andere Länder einmarschieren könnte. Äußerungen aus dem Kreml zu den aktuellen Vorgängen in Georgien sorgen jetzt für neue Befürchtungen.

Die proeuropäischen Proteste in der Südkaukasusrepublik Georgien gegen den Kurs der nationalkonservativen Regierungspartei Georgischer Traum werden zunehmend von gewaltsamen Ausschreitungen in der Hauptstadt Tiflis geprägt. Demonstranten und Polizei liefern sich zum Teil Straßenschlachten. Laut Meldungen georgischer Behörden gab es erneut zahlreiche Verletzte und Festnahmen wie in den vergangenen Tagen. Und auch der große Nachbar Russland schaut genau hin. Russland zieht Parallelen zur proeuropäischen Revolution auf dem Kiewer Maidan in der Ukraine vor gut zehn Jahren. 

Die Proteste in der Hauptstadt Tiflis (Tbilissi) und anderen großen Städten des Landes richten sich gegen eine Abkehr vom EU-Kurs der Regierung. Ministerpräsident Irakli Kobachidse hatte am vergangenen Donnerstag EU-Beitrittsverhandlungen bis 2028 auf Eis gelegt. Das Innenministerium meldete mehr als 200 Festnahmen in den vergangenen Tagen. Weitere Proteste werden erwartet.

Chaos in Georgien zu Russlands Gunsten? Kreml macht vielsagende Andeutung

Den EU-Beitritt hat Georgien in der Verfassung festgeschrieben. Kritik an der Abkehr kommt daher inzwischen nicht mehr nur auf der Straße. In verschiedenen Stellungnahmen distanzierten sich Medienberichten zufolge etwa Mitarbeiter des Außen-, Verteidigungs- und Bildungsministeriums sowie einige Richter von der Entscheidung der Regierung. Universitäten stellten vorübergehend ihren Betrieb ein. Die georgischen Botschafter in Bulgarien und den Niederlanden reichten demnach ihren Rücktritt ein.

Ein Demonstrant hält eine Flagge der Europäischen Union neben einer brennenden Barrikade während einer Protestkundgebung in Tiflis, Georgien. Putin beobachtet die Lage im Nachbarland genau. (Collage mit Symbolbild) © Collage: dpa/Mikhail Tereshchenko//dpa/Zurab Tsertsvadze

Drastische Reaktionen gibt es auch aus dem Ausland. Die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen einigten sich auf nationale Sanktionen gegen die georgische Führung, wie die Außenminister wortgleich in Posts auf der Plattform X mitteilten. Die Strafmaßnahmen sollen sich demnach gegen diejenigen richten, die legitime Proteste unterdrücken.

Die USA setzen ihre strategische Partnerschaft mit der Südkaukasusrepublik vorübergehend aus. Die Entscheidung der Regierungspartei Georgischer Traum, den EU-Beitrittsprozess auszusetzen, sei ein „Verrat an der georgischen Verfassung“, teilte der Sprecher des US-Außenministeriums mit. In einer Mitteilung bedauerte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen die Entscheidung der Regierung gegen die EU und ihre Werte. Die Europäische Union stehe dennoch an der Seite der Georgier und deren Entscheidung für eine europäische Zukunft, schrieb sie ebenfalls am Wochenende. 

Georgien in Putins Blick? Russland zieht Parallele zu Ukraine

Auch Russland blickt auf die Proteste in dem kleinen Nachbarland. „Wir haben ähnliche Ereignisse in einer ganzen Reihe von Ländern gesehen“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Russland wirft dem Westen immer wieder vor, im postsowjetischen Raum sogenannte Farbenrevolutionen anzuzetteln. 

„Die direkteste Parallele, die man ziehen kann, sind die Ereignisse auf dem Maidan in der Ukraine“, sagte Peskow russischen Agenturen zufolge. Damals hatten in Kiew auf dem Unabhängigkeitsplatz Menschen für einen EU-Kurs des Landes demonstriert und letztlich den russlandfreundlichen Präsidenten Viktor Janukowitsch gestürzt.

Chaos in Georgien: Vorwürfe der Wahlfälschung

Bei der von Fälschungsvorwürfen überschatteten Parlamentswahl Ende Oktober hatte die Wahlkommission die Regierungspartei Georgischer Traum mit rund 54 Prozent zur Siegerin erklärt. Bereits das löste Proteste gegen das offizielle Ergebnis aus. Die prowestliche Opposition und die proeuropäische Präsidentin Salome Surabischwili erkannten das Ergebnis nicht an und forderten eine Wiederholung der Wahl. Die Opposition will ihre Mandate nicht annehmen und betritt das Parlament nicht. Wegen einer anhängigen Klage Surabischwilis beim Verfassungsgericht gibt es Streit über die Rechtmäßigkeit des Parlaments. Dort tagt der Georgische Traum derzeit ohne die Opposition. (dpa/rist)

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