Zuschauerin stört Merkel-Obama-Gespräch – Ex-US-Präsident erteilt ihr sofort Respekt-Lektion
Angela Merkel zu Gast in Washington. Bei ihrem Auftritt mit Barack Obama zelebrieren der Ex-Präsident und die Ex-Kanzlerin ihre Einigkeit – nicht ganz ohne Störfaktor.
Washington D.C. – Auch wenn ihre gemeinsame politische Phase als Staatsoberhäupter längst vorbei ist: Wenn sich doch die Gelegenheit ergibt, setzen Barack Obama und Angela Merkel sich dann doch noch immer gern zusammen. Mal im Privaten, wie 2023 in Berlin. Mal auf der großen Bühne, wie nun in Washington D.C. Dort befragte der Ex-US-Präsident die frühere Bundeskanzlerin zu ihren Memoiren.
Der große Redeanteil an diesem Abend gehört wohl eher Obama. Das ganze deckt sich aber auch mit der Beschreibung seiner Gesprächspartnerin, die er auf der Bühne gibt. „Nett und freundlich“, aber „zurückhaltend“ sind da etwa die Begriffe. „Ich würde sagen, du bist nicht unbedingt ein extrovertierter Mensch“, sagt der 63-Jährige scherzhaft an die ehemalige deutsche Bundeskanzlerin gerichtet. Dann geht es viel um Merkels Memoiren mit dem Titel „Freiheit. Erinnerungen 1954 - 2021“. Es geht aber auch viel um das Verhältnis der beiden zueinander. Und es wird auch die Chance genutzt, alte Missverständnisse auszuräumen.
Zuschauerin stört Merkel-Obama-Gespräch – Ex-Präsident erteilt ihr eine Lektion
Die frühere Kanzlerin und CDU-Vorsitzende spricht auf Deutsch – ihre Antworten werden ins Englische übersetzt. „Sie sollten wissen, dass ihr Englisch exzellent ist und dass wir nie Übersetzer benutzen“, lobt Barack Obama die Ex-Kanzlerin. Aber sie sei eben eine sehr genaue Person. Merkel und Obama - das war nie ein völlig ungetrübtes Verhältnis, während beide jeweils in ihrem Land regiert haben. Im Rückblick sieht das ganz anders aus – beide inszenieren ihre große Verbundenheit. Das friedliche Miteinander zelebrieren die beiden auch auf der Bühne, lediglich gestört von einer schreienden Zuschauerin, die Obama immer wieder ins Wort fällt. Der hat eine Lektion in Demokratie und Respekt parat: „Die Leute sind gekommen, um Angela Merkel zuzuhören, und nicht Ihnen, junge Frau. Sie können Ihre eigene Veranstaltung organisieren.“

Inhaltlich kommen der Ex-Präsident und die Ex-Kanzlerin auch auf den Start ihres vorerst nicht immer einfachen Verhältnisses zu sprechen. Obama wollte als Wahlkämpfer 2008 am Brandenburger Tor in Berlin reden - durfte aber nicht. Er musste an die nahe gelegene Siegessäule ausweichen. „Ich glaube, Angela wollte zu Recht darauf achten, dass nicht der eine oder andere Kandidat bevorzugt wird. Und so waren einige der Sehenswürdigkeiten verboten“, erzählt der Demokrat augenzwinkernd – und nutzt das deutsche Wort „verboten“. Merkel sei dann nach seinem Wahlsieg nicht sicher gewesen, ob er sauer darüber sei. „Das war ich wirklich nicht, aber sie war immer besorgt, dass ich wütend bin.“
Gespräch mit Obama: Merkel stellt Memoiren in den USA vor – und räumt Missverständnisse aus
Nun will auch Merkel ihre Sicht der Dinge darlegen – ebenfalls mit einem Augenzwinkern. Das Brandenburger Tor sei für die Deutschen ein symbolischer und wichtiger Ort, schildert sie. Wenn sie dem Kandidaten Obama erlaubt hätte, dort zu sprechen – wer wäre dann als Nächstes gekommen? Doch alle hätten Obama geliebt - und behauptet, sie fürchte nur Obamas Popularität und Rednerkunst. Am Ende sei dieser jedenfalls nicht sauer gewesen und man sei gut miteinander ausgekommen. Bei seinem ersten Besuch als Präsident im Sommer 2013 durfte Obama dann schließlich am Brandenburger Tor sprechen.
Doch auch bei ernsteren Themen wie dem Umgang mit der Finanzkrise, sagt Obama, sei es immer kollegial zugegangen. Man habe nie die Stimme erhoben, aber manchmal die Stirn gerunzelt, scherzt er. Auch Merkel sagt, es sei nicht immer alles eitel Sonnenschein gewesen. Worüber die beiden bei dem gemeinsamen Auftritt in Washington nicht sprechen: 2013 war bekanntgeworden, dass der US-Geheimdienst NSA über Jahre Merkels Handy ausspioniert hatte. „Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht“, hatte sich Merkel damals verärgert gezeigt.
Friedliche Merkel-Obama-Einigkeit – Trump erwähnen sie mit keinem Wort
Dabei sei aber auch gesagt: Das aktuelle Weltgeschehen, die Ereignisse etwa im Ukraine-Krieg oder der Wahlsieg von Donald Trump, gegen den Obama im Wahlkampf an der Seite von Kamala Harris aktiv versucht hatte zu kämpfen, kommen nicht zur Sprache. Stattdessen geht es eben viel um vergangene Geschehnisse.
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Und so zeigt sich Obama neugierig – fragt sie, wie das damals in der DDR gewesen sei. Sie spricht von einer glücklichen Kindheit – obwohl sie in einer Diktatur gelebt habe. Im Westen, sagt Merkel, verstehe man das nicht immer. Und dann will Obama wissen, welche Bedeutung ihr Frausein an der Macht gehabt habe. „Ich denke jetzt darüber nach, da ich zwei Töchter habe, die in ihrer Mutter offensichtlich ein gutes Vorbild haben“, sagt er.
Auf der Bühne mit Obama: Merkel verrät den Vorteil hinter ihren bekannten bunten Blazern
Merkel erzählt, dass sie anfangs ziemlich naiv gewesen sei – aber in der Politik schnell gemerkt habe, dass es eine gläserne Decke gegeben habe. Als sie als Kanzlerin kandidiert habe, habe es Vorbehalte gegeben. Es habe keine Erfahrung mit Frauen in dieser Position gegeben. Übrigens sei das in den USA immer noch so, hält die Ex-Kanzlerin fest. Da müsse man auf die Zukunft hoffen. Die Demokratin Kamala Harris verlor bei der US-Wahl vor einigen Wochen gegen den Republikaner Donald Trump, der auf der Bühne in Washington nicht direkt zur Sprache kommt.
Merkel erzählt weiter, dass sie auf internationaler Bühne manchmal einen Vorteil gehabt habe. Mit ihren bunten Blazern sei sie häufig ein Farbklecks zwischen all den grauen Jacketts gewesen. Es sei aber nicht so einfach gewesen, dorthin zu kommen. Die ehemalige Kanzlerin nennt eine ihrer Gaben, nie etwas zu tun, was man nicht ganz verstehe - stets etwas Bescheidenheit zu bewahren - und dennoch mutig und ehrgeizig zu sein. Obama sagt über die Ex-Kanzlerin: „Sie ist eher die Wissenschaftlerin, es geht um Fakten und Analysen.“