Aus Verzweiflung? Putin vertuscht wohl Probleme der russischen Wirtschaft
Russlands Wirtschaft geht es offenbar doch nicht so gut, wie Putin darstellt: Die guten Zahlen aus Moskau über die angebliche Wirtschaftslage trügen.
Moskau – Derzeit brüsten sich Russland und Wladimir Putin mit mutmaßlich guten Wirtschaftsdaten aus Moskau. Trotz Folgen des Ukraine-Kriegs soll die Wirtschaft in Russland in den Jahren 2024 weiter wachsen. Die Organisation „The International Monetary Fund“ schätzte jüngst das Wirtschaftswachstum in Russland noch in diesem Jahr auf 2,6 Prozent. Doch Zweifel an dieser möglichen Entwicklung reißen nicht ab.
Putins Wirtschaft spürt Auswirkungen der westlichen Sanktionen
Selbst wenn Russlands Wirtschaft, wie einige Experten laut businessinsider vermuten, derzeit noch „widerstandsfähig“ ist, könnte es nur eine Frage der Zeit sein, bis sich dieser Zustand ändert. So merken Experten an, dass Maßnahmen aus dem Westen gegen Russland starke Wirkung zeigen und die russische Wirtschaft schwächen.

Benjamin Hilgenstock von der School of Economics in Kiew wies gegenüber der Deutschen Welle (DW) darauf hin, dass die russischen Exporteinnahmen aus Öl und Gas aufgrund der Sanktionen im Jahr 2023 vergleichsweise zum Vorjahr massiv gesunken sind. Die Nachrichtenagentur Reuters gab an, dass die Einnahmen aus Öl und Gas im vergangenen Jahr um 24 Prozent eingebrochen sind. Laut dem Thinkthank „Official Monetary and Financial Institutions Forum“ ist zudem Ural Crude, Russlands normalerweise verkaufstärkstes Öl, ist deutlich im Preis gefallen.
Sanktionen im Ukraine-Krieg greifen – Putins Umgehungstaktiken erfolglos
Zwar gab es jüngst Berichte, dass Russland Wege gefunden haben könnte, westliche Sanktionen zu umgehen. So soll Putins Schattenflotte aus Öltankern russisches Öl weiter vertreiben – beispielsweise in China oder Indien, um dem Ölembargo zu trotzen. Doch diese Umgehungstaktiken erwiesen sich inzwischen wohl erfolglos. Gemäß Schiffsverfolgungsdaten, auf die sich Bloomberg beruft, seien mehr als die Hälfte der 50 Öltanker, die von den USA sanktioniert worden seien, seit Anfang Oktober ohne russische Fracht geblieben. Dies sei ein klares Zeichen für die Wirkung der Sanktionen.
Putin laufen die Arbeitskräfte weg – Löhne steigen und übertreffen Inflation
Auch der Arbeitskräftemangel bleibt weiterhin ein Problem für die russische Wirtschaft. Seit 2022 haben laut dem Forschungsinstitut Ifri (Institut français des relations internationales) rund 1 Million hoch qualifizierte Arbeitskräfte Russland seit 2022 verlassen. Die Folge: Der kriegsbedingte Arbeitskräftemangel in Russland lässt die Löhne so stark steigen, dass die Lohnzuwächse die Inflation übertreffen.
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In den ersten elf Monaten des Jahres 2023 stiegen die Reallöhne in Russland um 7,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, wie Anton Kotjakow laut der staatlichen Nachrichtenagentur Tass am Freitag (16. Februar 2024) mitteilte. Die Reallöhne seien in den letzten sechs Jahren um 33,2 Prozent gestiegen, fügte er hinzu. „Dieser Einkommensanstieg war wirklich ein Treiber für den Anstieg der Konsuminflation“, sagte Hilgenstock der DW.
Bis 2030 werde das Defizit an Arbeitskräften zwischen zwei und vier Millionen Menschen liegen. Ein Arbeitskräftemangel dieser Größe berge Risiken für die Wirtschaft, die Unternehmen und die Gesellschaft, warnen die Autoren einer Studie von „Yakov und Partners.“ So könnte der Mangel an Personal das potenzielle BIP-Wachstum um ein bis zwei Prozent pro Jahr verringern und die Inflationsrate auf 10 Prozent ansteigen lassen, hieß es weiter.
Zu hohe Militärausgaben treiben Russlands Wirtschaft in den Ruin
Zudem könnten die hohen Militärausgaben, die Putin für das Jahr 2024 einplant, könnten der russischen Wirtschaft enorm schaden. Gegenüber der DW bezeichnete Elina Ribakova die Ausgaben als „Verschwendung.“ Die Wirtschaftswissenschaftlerin am „Peterson Institute for International Economics“ glaubt, dass die hohen Ausgaben zwar die Produktion großer Mengen an Waffen wie Raketen und Drohnen ankurbeln könnte. Aber: „Mittelfristig ist es keine produktive Aktivität“, sagte sie der DW. „Es ist nicht gut für die Wirtschaft.“
Ökonomen vermuten, dass die Abhängigkeit der Militärausgaben Putin zum Verhängnis wird. „Die enormen Ausgaben dafür wirken wie eine Droge auf die Wirtschaft“, sagte Vasily Astrov, ein Russland-Experte des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIWI). Die russische Wirtschaft operiere an der Kapazitätsgrenze und zeige zunehmende „Überhitzungserscheinungen“, hieß vom WIWI. (bohy)