Sprachtests für Kinder vor der Einschulung: In Kempten gibt‘s Kritik an der Umsetzung

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Bei den Sprachtests vor der Einschulung handle sich um eine in der Sache gut gedachte Maßnahme, sagte Schulamtsdirektor Tobias Schiele. Aber diese sei vorschnell eingeführt und nicht zu Ende gedacht worden. © Symbolfoto: Panthermedai/andreaobzerova

Seit diesem Jahr müssen in Bayern Kinder 1,5 Jahre vor ihrer Einschulung laut Gesetz auf ihre deutschen Sprachkenntnisse geprüft und im Bedarfsfall in einem integrierten Vorkurs unterrichtet werden. Einiges bedarf noch der Verbesserung, zeigte der erste Durchlauf im März.

Kempten – Dagmar Langhammer, stellvertretende Leiterin des Amtes für Kindertagesstätten, Schulen und Sport, berichtete im Jugendhilfeausschuss über die ersten Erfahrungen. Bei der Umsetzung des Gesetzes arbeite die Stadtverwaltung in enger Abstimmung mit dem Staatlichen Schulamt, betonte sie.

Kritik an Bußgeldforderung in Einladung zu Sprachtests

Im März wurden an den Grundschulen erstmalig die vorgeschriebenen Sprachscreenings durchgeführt. Diese müssen dort stattfinden, damit alle Kinder, nicht nur die in den Kitas betreuten, erfasst werden. Davon befreit sind Kinder, die die Kindertagesstätte mithilfe der dafür vorgesehenen Fragebögen prüft und ihnen anschließend bescheinigt, dass sie keinen erhöhten Sprachförderbedarf haben. Die Bescheide, in denen die Eltern informiert werden, dass ihre Kinder an der Spracherhebung teilnehmen müssen, seien sehr formal und enthalten Bußgelddrohungen, erzählte Langhammer und fragte: „Ist das zielführend?“

Schulamtsdirektor: „Vorschnell eingeführt“

Es handle sich um eine in der Sache gut gedachte Maßnahme, sagte Schulamtsdirektor Tobias Schiele. Aber diese sei vorschnell eingeführt und nicht zu Ende gedacht worden. „Alles ist sehr formal und sehr juristisch aufgebaut.“

Er kritisierte besonders, dass der erste Kontakt der Eltern zur zukünftigen Schule ihrer Kinder darin besteht, dass man ihnen mitteilt, dass ihre Sprösslinge nicht gut genug sind. Man hätte auch sagen können, Ihr Kind hat Schwierigkeiten, wir bieten Ihnen Hilfe an.

Hindernis Datenschutz

743 Kinder wurden insgesamt überprüft, informierte der Schulamtsleiter die Ausschussmitglieder. Die Kindertagesstätten haben 430 Freistellungsbescheide ausgestellt. Von diesen kamen aber nur 276 in den Schulen an. Viele Eltern haben die Bescheide nicht deuten können.

Da die Kindertagesstätten zum Sozialministerium gehören und die Schulen zum Kultusministerium, dürfen die Kitas datenschutzrechtlich die Informationen an die Schulen nicht direkt weitergeben. Sie sind darauf angewiesen, dass die Eltern diese dort abgeben. Und das hat in mehr als 150 Fällen nicht funktioniert. Deshalb mussten die Schulen die Testungen auch bei eigentlich befreiten Kindern durchführen. Insgesamt waren es mehr als 450. Etwa 20 Prozent sind nicht zum ersten Termin erschienen, ergänzte Langhammer, deswegen musste man die Frist verlängern.

Lob fürs Sprachtest-Instrument

Beide lobten die Qualität des für die Testung entwickelten Instruments mit dem Namen BASIS, das kindgerecht sei. In etlichen Fällen wurde die Einschätzung der Kita nicht bestätigt. Diese Kinder müssen keinen Kurs besuchen. Trotzdem ist die Zahl derer, die Förderbedarf haben, ziemlich hoch.

Es gebe weiterhin viele ungeklärte Fragen, erzählte Schiele. Man werde erst im August erfahren, ob die für die Leitung der Kurse zugeteilten Lehrerinnen bzw. Lehrer tatsächlich zugewiesen wurden. Man weiß nicht, wie der Besuch der Vorkurse kontrolliert wird und welche Folgen die Ordnungswidrigkeit, diese nicht zu besuchen, nach sich zieht.

Reaktion im Ausschuss

Man habe erneut mit einer landespolitischen Entscheidung zu tun, die man vor Ort ausbaden müsse, kommentierte Wolfgang Meyer-Müller (Grüne) die Situation. Wenn man die Leute aus der Praxis gefragt hätte, hätte man die Fehler von Anfang an vermeiden können, meinte der OB. „Man sollte sich auf die alte Tugend besinnen: Erziehern und Lehrern wieder mal Glauben schenken.“

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