Wo ist der Klimawandel, wenn man ihn mal braucht?
Anfang August 2025: Es schüttet. Manchmal nieselt es nur. Dann platscht es kübelweise aus dunklen Himmeln, obwohl das jetzt echt schlechtes Timing ist. Ganz Deutschland hat schließlich gerade Sommerferien.
So eine Frage ist natürlich an Zynismus kaum noch zu überbieten. Ich gebe es sofort zu. Zumindest für Menschen, die in der Klimakrisen-Panik-Branche tätig sind wie Luisa Neubauer oder die Transformations-Kassandra Maja Göpel. Kaum jemand kann die Augen in Talkshows weiter aufreißen und dabei wilder gestikulieren, um aufzuzeigen, dass wir den Weltuntergang schon wieder zu ignorieren drohen.
Wenn die Wetterkarten wie Herdplatten aussehen
Ich glaube ihr übrigens jedes Wort. Sie könnte mir selbst in der Sahara ein Tütchen Sand verkaufen: „Fürs Klima, Sie wissen schon.“ Ich würd‘ ihr den ganzen Bauchladen abkaufen, wenn es hülfe. Zu den Klimaleugnern zähle ich nicht. Das Problem habe ich verstanden. Aber man stumpft ja ab, wenn einem wie zuletzt vor einem Monat multimedial und tagelang die akut bevorstehende Auslöschung prophezeit wird, oder?
Die Wetterkarten sahen auf allen Kanälen aus, als sei Mitteleuropa bereits eine glühende Herdplatte. Eine Sondersendung jagte den nächsten (bitte jetzt nicht lachen, sonst kriege ich endgültig Ärger mit Prof. Göpel!) „Brennpunkt“. Es gab „Rekordhitzen“ mit den höchsten Temperaturen und längsten Dürren, seit der erste Homo Sapiens seinen angeleckten Zeigefinger in die Höhe hielt, um der Gattin das Wetter für die abendliche Säbelzahntiger-Soirée zu prognostizieren.
Früher hieß Hitze einfach „Sommer“
Früher hieß Hitze einfach „Sommer“. Mama spendierte zwei statt ein Capri, und das Freibad brachte immer Erlösung. Aber das ist sicher schon wieder eine ungehörige Relativierung der Fakten, obwohl der Juli echt öde durchschnittlich ausfiel. Das macht ihn natürlich erst recht zum Beweis für den Klimawandel. Ausnahme bestätigt Regel, ne?
Um da weiter eskalieren zu können, wurden zuletzt sogenannte „Extremwetter“ erfunden. Wenn es bei uns wie gerade dummerweise tagelang nur doof vor sich hin regnet, finden ARD und „Spiegel“ andernorts auf der Welt immer noch ein paar verheerende Waldbrände, Wirbelstürme oder wenigstens Vulkanausbrüche wie aktuell den des Krascheninnikow in Ostrussland.
Der Berg ruhte 450 Jahre lang. Bis jetzt. Und weil bekanntlich alles mit allem zusammenhängt, hätte ich vorgestern womöglich kein Putensandwich essen oder mit dem Auto fahren sollen. Man weiß ja, was so ein Vulkan an CO2 ausstößt, was wiederum … wir werden alle sterben!
Unser größtes Problem: die Dauer-Panik
Noch größer als das Problem des Klimas scheint mir das der Panik zu sein, die damit geschürt wird. Während Corona starrten wir auf Sieben-Tage-Inzidenzen, heute auf die blutroten Temperatur-Wetterkarten. Weitergebracht hat uns beides nicht. Im Gegenteil.
Panik ist ein ganz schlechter Ratgeber. Aber statt sich weiter mit Meteorologen-Pornos und Naturkatastrophen auf TikTok aufzuladen: Wäre es nicht viel besser, wir würden die Wege aus der Krise nüchtern und pragmatisch angehen und übrigens auch gemeinsam mit den vielen anderen Staaten der Welt, ohne die es eh nicht geht?
Als Jonathan Franzen die Klima-Zukunft sah
Vor sechs Jahren hat der wunderbare US-Schriftsteller Jonathan Franzen in einem Essay für den „New Yorker“ erstmals offen die These vertreten, dass das nix mehr wird mit dem Zwei-Grad-Ziel. Stattdessen plädierte er dafür, sich an den Klimawandel anzupassen und gemeinsam das Bestmögliche zu tun, aber sich nicht mehr einem irren, weil nicht erreichbaren Ziel zu verschreiben.
Er hatte recht. Und ich verstehe bis heute nicht, dass ihm manche Kritiker vorwarfen, Hoffnungslosigkeit zu schüren mit seinen Annahmen. Für Endzeitstimmung sind heute viele andere zuständig, die den Job leider sehr gut machen, weshalb ich immer seltener den Fernseher anschalte und lieber gleich ein Eis esse.
Apropos: Wenn Sie den Namen „Krascheninnikow“ fehlerfrei aussprechen: Gönnen Sie sich auch mal ein „Capri“. Tut einfach gut! Aber bitte nix Professor Göpel verraten!
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