„Die schwerste Zeit unseres Lebens“: Eltern bangen um das Leben ihres krebskranken Sohnes Noa

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Da war das Glück der Familie noch ungetrübt: Marlene Christ mit ihrem Lebensgefährten Gustavo Castréjon und Sohn Noa am Meer in der Nähe ihres Hauses. © Privat

Marlene Christ und ihr Partner sind in großer Sorge. Ihr Sohn Noa bekam plötzlich Augenringe, gelbe Lider und sein Schädel wuchs in die Breite. Lange war die Ursache unklar.

Mérida/Dachau/Heidelberg – Marlene Christ und ihre kleine Familie lebten in Mexiko einen paradiesischen Traum. In der Elternzeit wechselte die 37-Jährige, die in der Wirtschaftsförderung des Landratsamts Dachau arbeitete, zwischen Deutschland und Mexiko, wo ihr Partner lebt. Dort hatten sie und Gustavo Castréjon (34) in Yucatan ein Häuschen, 30 Minuten vom Meer entfernt, mit drei Hunden, einer Katze und drei Nasenbären als Haustiere. Sohn Noa machte das Glück perfekt.

Noah (15 Monate) ist schwer krank – doch niemand weiß, was er hat

Doch am 20. Oktober begann der Horror. Der 15 Monate alte Bub bekam blaue Augenringe und gelbe Augenlider, dann begann sein Kopf seitlich zu wachsen. Die jungen Eltern rannten von Arzt zu Arzt, verbrachten zuletzt zwei Wochen lang in einer Klinik – ohne Diagnose.

Plötzlich bekam Noa Augenringe, sein Schädel wuchs in die Breite. Die Ursache war lange unklar.
Plötzlich bekam Noa Augenringe, sein Schädel wuchs in die Breite. Die Ursache war lange unklar. © Privat

Die Zeit in der Klinik in Mérida hat Noa möglicherweise das Augenlicht gekostet.

Am 28. Oktober flogen sie nach Deutschland. Jetzt haben sie Gewissheit: Noa hat ein Neuroblastom, die zweithäufigste bösartige Krebserkrankung bei Kindern. Die gute Nachricht: „Der Krebs ist grundsätzlich heilbar, Noa hat die Chance, gesund zu werden“, sagt Marlene Christ. Die schlechte Nachricht: „Die Zeit in der Klinik in Mérida hat Noa möglicherweise das Augenlicht gekostet.“

Der Tumor sitzt bei Noa in der Augenhöhle. Alles fing an mit dem sogenannten Brillenhämatom, am 20. Oktober, kurz nach Noas erstem Geburtstag. Es folgte: „Ein Ärztemarathon“, so Marlene Christ. „Aber niemand wusste, was es ist.“ Dann musste Noa in die Notaufnahme, „weil die Blutwerte alarmierend waren“.

Die junge Familie ging in eine gute Privatklinik, in der die medizinischen Standards den europäischen entsprechen. Dort musste Noa unzählige Untersuchungen über sich ergehen lassen – „und wir hofften immer auf eine Diagnose, wurden aber immer wieder vertröstet“. Am 15. November fing der Kopf an, enorm in die Breite zu wachsen – teilweise um zwei Zentimeter in einer Nacht. Noa erhielt Bluttransfusionen, Antibiotika, Steroide und Blutplättchen, wurde lethargisch, schlief nachts nicht mehr, bekam Schmerzmittel. „Und niemand wusste, was er hat“, sagt die Mutter. „Dann sollte eine Biopsie Gewissheit bringen, was in seinem Kopf vorgeht und was die Schwellung hervor ruft.“ Aber auch hier: kein Ergebnis.

Die Familie muss die Arztrechnungen selber zahlen

Schließlich kapitulierten die Ärzte in Mexiko, nach 14 Tagen Bangen, Hoffen, Leiden. Dazu kam, dass die private Versicherung, die die Eltern für Noa abgeschlossen hatten, gekündigt wurde. Die junge Familie muss alles auf private Rechnung zahlen. Nach 14 Tagen Klinikaufenthalt gab es eine Rechnung über 40 000 Euro.

Jede einzelne Spende hilft uns sehr, und wir sind unendlich dankbar für die Unterstützung, die uns aus der ganzen Welt erreicht.

Marlene Christ und Gustavo Castréjon, der selbstständiger Ernährungsberater und daneben als professioneller Auto- und Motorrad-Rennfahrer tätig war, haben all ihre Ersparnisse aufgebraucht und sich Geld geliehen. „Über eine Spendenaktion auf betterplace.me kam bereits viel Geld zusammen“, berichtet Marlene Christ. „Jede einzelne Spende hilft uns sehr, und wir sind unendlich dankbar für die Unterstützung, die uns aus der ganzen Welt erreicht.“

Liebe Nachrichten von den Kollegen aus Dachau

Dazu gab es viel Zuspruch für die Eltern, auch von ihren Kolleginnen aus dem Landratsamt.„Ich habe auch viele ganz liebe Nachrichten von mir bisher unbekannten Dachauern erhalten, die über Facebook oder so von Noa erfahren haben.“ Auch das tat gut. Noas Zustand verschlechterte sich, so dass Marlene Christ und Gustavo Castréjon entschieden, nach Deutschland zu fliegen. „Auch das war schrecklich – wir wussten nicht, wie sich der Druck auf seinen Kopf auswirkt.“

Endlich gibt es eine Diagnose

Letztlich ging alles gut. Sofort nach der Ankunft am 28. November kam Noa in Heidelberg in die Uniklinik, zwei Tage später folgte die Diagnose: ein Neuroblastom, mit dem Primärtumor in der rechten Nebenniere und Metastasen im Kopf. „Der Krebs war bei Noa schon weit fortgeschritten und sehr aggressiv“, berichtet die Mutter.

Am selben Tag erhielt Noa die erste Chemo, die er gut annahm. „Der Kopf ist schon wieder schmaler geworden, er spielt und lacht wieder, wir kommen zur Ruhe.“ Glücklicherweise leben die Eltern von Marlene Christ in Heidelberg. „Einer von uns schläft im Wechsel immer bei Noa im Krankenhaus, der andere bei meinen Eltern.“

Hoffnung für Familie

Obwohl die Ärzte in Heidelberg noch nie einen Fall wie Noa erlebt hatten, bei dem ein Neuroblastom ein Kind so entstellt hat, sehen die Prognosen gut aus: Von den drei Risikogruppen befindet sich Noa dank genetischer Faktoren in der mittleren Gruppe. Noa lacht, er klatscht und spielt, die Musiktherapie macht ihm Spaß, „und wir dürfen mit ihm am Nachmittag spazieren gehen“.

Marlene Christ schöpft nun die Hoffnung, dass sich alles zum Guten entwickeln wird. Was seinen Eltern aber große Sorgen bereitet, sind Noas Augen. Der Druck des Tumors hat den Sehnerv geschädigt, zumindest kurzfristig. „Momentan kann er nicht sehen. Es ist unklar, ob und was er sehen wird, wenn sich die Augen wieder ganz erholt haben“, erklärt die Mutter.

Der Weg, den Noa vor sich hat, ist lang – die Therapie dauert ein bis zwei Jahre. „Unser Leben, unser Haus und die Tiere in Mexiko sind soweit versorgt. Sie werden eine lange Zeit ohne uns auskommen müssen.“ Gustavo Castréjon kann sich natürlich nicht vorstellen, ohne seine Familie nach Mexiko zurückzukehren. Aufgrund Noas Krankheit hat er gute Chancen, eine Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland zu bekommen, um bei seinem Sohn bleiben zu können.

Auch wenn Marlene Christ für Spenden dankbar ist, geht es ihr darum, andere Eltern aufmerksam zu machen auf Kinderkrebserkrankungen. „Sie können so plötzlich und ohne Vorwarnung auftreten“, sagt die 37-Jährige. Und vielleicht kann sie so anderen Eltern die Zeit ersparen, die sie als die „schwerste Zeit unseres Lebens“ bezeichnet. Außerdem helfe zu wissen, „dass andere das schon erlebt, genauso gelitten, es aber auch überstanden haben“.

Weihnachten im Krankenhaus

Jetzt an Weihnachten befindet sich die Familie weiterhin im Krankenhaus. Die zweite Runde der Chemotherapie hat gerade begonnen. „Wir müssen daher die ganze Zeit im Zimmer bleiben, aber die Ärzte und das Pflegepersonal haben wirklich alles gegeben, um den Familien hier auf der Station ein möglichst schönes Fest zu ermöglichen.“

Noa hat viele Geschenke bekommen – darunter auch ein großes Paket von den Kolleginnen vom Landratsamt –, es wurde für ihn gesungen, und abends gab es ein leckeres Weihnachtsessen aufs Zimmer, wie die Mutter berichtet. „Wir wären natürlich sehr gerne mit meiner Familie zusammen gewesen, aber das geht dieses Jahr leider noch nicht. Aber wir haben Hoffnung, bald das erste mal nach Hause zu meinen Eltern zu dürfen. Darauf freuen wir uns sehr.“

Noas Geschichte

Wer Noas Geschichte auf Instagram verfolgen möchte, kann dies unter www.instagram.com/mira_aroundtheworld tun.

Wer Spenden möchte, hat die Möglichkeit dazu unter https://www.betterplace.me/hilfe-fuer-baby-noa.

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