Dachauer Stadtrat sagt Ja zur neuen Mobilitätssatzung
Nach dem Bau- und Planungsausschuss hat nun auch der Stadtrat die neue Mobilitätssatzung mehrheitlich gebilligt. Damit können Bauherren die vorgeschriebene Stellplatzanzahl künftig massiv reduzieren.
Dachau – Michael Eisenmann (Bündnis für Dachau) ist überzeugt, dass die neue Mobilitätssatzung der Stadt genau dem entspricht, „wie wir in Zukunft leben“. Oder leben sollten, denn: „Wir müssen das unterstützen, damit sich das in der breiten Bevölkerung einnisten kann“!
Die Vision der Mobilitätswende in Dachau
Was Eisenmann und die große Mehrheit des Stadtrats in der Bevölkerung „einnisten“ wollen, ist die Idee, kein eigenes Auto zu haben. Stattdessen sollen die Dachauer auf das Fahrrad, Lasten-E-Bike, den öffentlichen Personennahverkehr und Carsharing- und Lastenfahrrad-Modelle zurückgreifen. Bauherren sollen dies künftig fördern können, indem sie Wohnungen und Firmengebäude bauen, die nicht mehr jedem Bewohner und Angestellten einen Parkplatz garantieren. Mithilfe der neuen Mobilitätssatzung will die Stadt die Zahl der Auto verringern.
Möglich macht diesen Paradigmenwechsel in der städtischen Verkehrspolitik die neue Mobilitätssatzung, die die alte Stellplatzsatzung der Großen Kreisstadt ablösen soll. Verkehrsreferent Volker C. Koch (SPD) sieht in der neuen Satzung nichts weniger als einen „wichtigen Beitrag zur Mobilitätswende“.
In jahrelanger Arbeit hatte die Verwaltung die neue Satzung vorbereitet, Stadträte diskutierten in diversen Ausschusssitzungen über das Thema. Zuletzt, Anfang Februar, einigte sich der Bau- und Planungsausschuss auf einen Entwurf, der nur minimal abgewandelt an diesem Dienstag dem Stadtrat vorgelegt wurde und im Juli in Kraft treten wird.
Neue Richtlinien für Stellplatzanforderungen und Mobilitätskonzepte
Wichtigster Inhalt: Wenn ein Bauherr ein Mobilitätskonzept vorlegt, das beispielsweise eine Radl-Werkstatt im Keller oder ein Carsharing-Angebot vorsieht, kann er die Anzahl notwendiger Stellplätze massiv reduzieren: und zwar um 35 Prozent. Außerdem soll es Lagegunstfaktoren geben, die zu einer Reduzierung der sonst vorgeschriebenen Stellplätze führt. Die Logik dahinter: Wer in der Nähe des Bahnhofs wohnt, kann leichter auf ein Auto verzichten als jemand, der fernab jeglicher ÖPNV-Angebote wohnt.
Wer noch ohne Mobilitätskonzept oder sonstige begünstigende Faktoren baut, muss pro Wohneinheit mit weniger als 120 Quadratmeter einen Auto- und zwei Fahrradabstellplätze bauen. Letztere müssen – unter anderem – „mindestens zwei Meter lang und einen Meter breit sein“, „leicht und verkehrssicher erreichbar sowie gut zugänglich sein“. Wohneinheiten, die 120 Quadratmeter oder größer sind, brauchen zwei Stellplätze für Autos und drei für Räder.
Die CSU, die im jüngsten Bauausschuss der neuen Satzung noch zustimmte, änderte zwischenzeitlich ihre Meinung. Eine Reduzierung um 35 Prozent ist laut Fraktionssprecher Florian Schiller „zu viel“. Als Beispiel nannte er das MD-Gelände: „Statt 1000 Parkplätzen haben wir da dann nur 650.“ Diese Reduzierung sei „zu weitgehend. 20 Prozent wären auch ein signifikanter Beitrag“.
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Kritik und Prognosen zur Umsetzung der neuen Satzung
Doch die Mehrheit des Gremiums wollte nicht mehr diskutieren. Umweltreferent Thomas Kreß (Grüne) fand es sogar „befremdlich, dass ein Paket, das wir in langer Diskussion geschnürt haben, auf einmal wieder aufgemacht wird“. Oberbürgermeister Florian Hartmann fand die Kritik „schade“: Er habe sich bei dem Thema „den größtmöglichen gemeinsamen Nenner“ gewünscht.
Peter Gampenrieder (ÜB) sagte der neuen Satzung derweil ein „großes Vollzugsdefizit“ voraus. Wer, so fragte er sich, solle kontrollieren, ob die von Bauherren versprochenen Radlwerkstätten, Car- oder Lastenrad-Sharing-Angebote oder sonstige Parkplatzreduzierungs-Maßnahmen auch dauerhaft eingehalten würden? Seine Prophezeiung: „Irgendwann kümmert sich keiner mehr darum. Und de Häuser stehen mehrere Jahrzehnte.“ Die ganze Diskussion über einzelne Prozentpunkte sei „akademisch und geht an der Realität vollkommen vorbei“.