Hund Finn steht psychisch kranker Frau zur Seite – doch bald ist er zu alt für seine Arbeit

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Immer an Veronika Stanglmayrs Seite: Assistenzhund Finn (re.) und seine potenzielle Nachfolgerin Casey. © Arndt Pröhl

Er ist ihr treuer Begleiter und ermöglicht ihr Teilhabe am Alltag: Bald aber muss eine Lenggrieserin ihren Assistenzhund in Rente schicken. Und die Ausbildung eines Nachfolgers ist teuer.

Lenggries – Was Veronika Stanglmayr auch macht und wohin sie auch geht: Finn ist an ihrer Seite. Der zehnjährige Mischlingshund mit schwarz-weißem Fell ist ein Assistenzhund. Seit Finn zweieinhalb Jahre alt ist, begleitet er die 38-Jährige durchs Leben und ermöglicht ihr so eine Selbstständigkeit, die für andere zwar ganz normal erscheint, für Stanglmayr aber keine Selbstverständlichkeit ist. Denn die Lenggrieserin leidet an einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS), Borderline-Persönlichkeitsstörung und hat Depressionen. Über die Auslöser des Traumas und der Folgeerkrankungen möchte sie nicht sprechen.

Hund bringt Struktur in Alltag

Ein Assistenzhund gibt der erkrankten Frau Sicherheit in vielen Alltagssituationen. Finn ist allerdings bald im Rentenalter. Die potenzielle Nachfolgerin ist bereits vergangenen Sommer eingezogen, heißt Casey und ist bald ein Jahr alt. Die Australian Shepherd Hündin ist voller Motivation, irgendwann Finns Aufgaben vollständig zu übernehmen. Doch die Ausbildung ist zeitaufwändig und kostspielig. Dazu sammelt Stanglmayr nun Geld, denn die Kosten für die zweijährige Ausbildung, die im fünfstelligen Bereich liegen, werden nicht von der Krankenkasse übernommen.

„Auch wenn Casey die Eignungsprüfung zum Assistenzhund noch nicht gemacht hat, gibt es für mich keinen Zweifel, dass sie perfekt dafür ist“, sagt die 38-Jährige. „Die sozialen Fähigkeiten bringt der Hund schon mit, den Rest muss er in der Spezialausbildung lernen“, erklärt sie. „Ich konnte beispielsweise nur wegen Finn eine eigene Wohnung suchen, ohne ihn wäre das undenkbar gewesen.“

Hund „Finn“ bemerkt, wenn Frauchen Albträume hat

Der Assistenzhund bringt Struktur in den Alltag der Frührentnerin. „Auch wenn ich mitten in einer depressiven Phase bin, muss ich aufstehen und mit ihm rausgehen.“ Dazu ist es ein wichtiges Gefühl für sie zu wissen, dass jemand bei ihr ist, der weiß, was zu tun ist, wenn sie in eine kritische Lage kommt. „Beispielsweise, wenn ich in einen dissoziativen Zustand komme.“ Diese Zustände können bei PTBS plötzlich ausgelöst werden.

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Oftmals kommt es dann zu Verkrampfungen oder Ohnmachtsanfällen. „Ich bekomme dann nur noch wenig mit, kann mich nicht mehr bewegen und nicht mehr sprechen.“ Ob zu Hause, am Bahnhof oder beim Spazierengehen: Es kann immer und überall passieren. „Es ist, als ob sich meine Psyche von meinem Körper trennt.“ Finn bemerke sowas oft schon frühzeitig, dann stupst er sein Frauchen an und versucht, sie zurückzuholen. „Er kann mir auch Riechskills wie Ammoniak bringen, die mir durch den intensiven Geruchsreiz helfen, gegen den Zustand anzukämpfen.“ Auch Notfallmedikamente könne er in extremen Situationen bringen.

Überdies sorgt der Hund für Abstand zu anderen Menschen. „Etwa an der Supermarktkasse stellt er sich zwischen meine Beine und schaut nach hinten, das wirkt wie ein Blocker, und die Menschen kommen mir nicht zu nahe.“ Wenn Stanglmayr nachts Albträume hat, bemerkt der Vierbeiner das sofort, macht das Licht an und weckt sie auf.

Ausbildung zum Assistenzhund ist sehr teuer

Laut Assistenzhundeverordnung muss ein Tier mit zehn Jahren allerdings in Rente. Das wäre im Fall von Finn jetzt im Mai. „Es gibt aber die Möglichkeit, zweimal eine Verlängerung für je ein Jahr zu bekommen, wenn der Hund fit und gesund ist. Bis Mai 2026 haben wir die bereits.“ Doch eines ist klar: Allerspätestens am 16. Mai 2027 wird Finn im Ruhestand sein. „Ab da müsste Casey mit ihrer Ausbildung fertig sein.“

Stanglmayr verfügt selbst allerdings nicht über die finanziellen Mittel, die Spezialausbildung für knapp circa 17.000 Euro zu stemmen. Die ehemalige Krankenpflegerin und Rettungsassistentin ist seit 2011 arbeitsunfähig und seit 2014 in Rente. Obwohl ein Assistenzhund ein anerkanntes medizinisches Hilfsmittel ist, übernimmt die Krankenkassen keine Kosten für Ausbildung oder Unterhalt. „Ich kann daher nur auf Spenden und Unterstützung durch Stiftungen hoffen, damit ich meine Freiheit und Selbstständigkeit nicht verliere.“

Spenden sind möglich auf https://gofund.me/8795cb58

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