Risiko Druckgeschwüre? - Dekubitus: Alles, was Sie über das Wundliegen wissen müssen

Jeder, der sich um einen bettlägerigen oder rollstuhlabhängigen Angehörigen kümmert oder selbst bewegungseingeschränkt ist, kennt die Sorgen rund um Dekubitus. Druckgeschwüre oder Wundliegen sind nicht nur schmerzhaft, sondern auch schwer zu behandeln, wenn sie einmal entstanden sind. Die gute Nachricht ist jedoch, dass präventive Maßnahmen und eine frühzeitige Intervention das Risiko erheblich senken können. In diesem Artikel erfahren Sie alles Wichtige über Dekubitus, von den Ursachen und Risikofaktoren über Präventionsstrategien und Maßnahmen bis hin zu den besten Lagerungstechniken und der Rolle der Ernährung und Hautpflege.

Was ist Dekubitus?

Dekubitus, auch als Druckgeschwür oder Wundliegen bekannt, entsteht durch anhaltenden Druck auf bestimmte Körperstellen, was schließlich zu Gewebeschäden und Hautverlust führt. Dieser Druck unterbricht die Blutzufuhr in das betroffene Gewebe, sodass dieses nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt wird. Besonders gefährdet sind Körperstellen mit dünner Haut und wenig Unterhautfettgewebe, wie zum Beispiel das Kreuzbein, die Hüften, die Fersen und die Schulterblätter.

Ursachen und Risikofaktoren

Anhaltender Druck

Der Hauptgrund für die Entstehung eines Dekubitus ist der anhaltende Druck auf eine bestimmte Hautstelle. Dies führt zu einer Unterbrechung der Blutzirkulation und somit zu einer unzureichenden Versorgung der Haut und des Gewebes mit Sauerstoff und Nährstoffen.

Scherkräfte und Feuchtigkeit

Neben direktem Druck spielen auch Scherkräfte eine wichtige Rolle. Diese treten auf, wenn die Haut in entgegengesetzter Richtung zu den darunterliegenden Gewebeschichten bewegt wird, etwa bei Bewegungen im Bett oder Rollstuhl. Feuchtigkeit, wie sie durch Schweiß, Urin oder Stuhl entsteht, weicht die Haut auf und macht sie anfälliger für Schäden.

Risikogruppen

Bestimmte Personengruppen sind besonders gefährdet für die Entwicklung eines Dekubitus:

  • Ältere Menschen: Mit zunehmendem Alter wird die Haut dünner und empfindlicher.
  • Bettlägerige Personen: Menschen, die lange Zeit im Bett verbringen müssen, etwa aufgrund einer schweren Krankheit oder nach einer Operation.
  • Rollstuhlfahrer: Personen, die permanent oder zeitweise auf den Rollstuhl angewiesen sind.
  • Chronisch Kranke: Insbesondere Personen mit Diabetes, Durchblutungsstörungen oder neurologischen Erkrankungen haben ein erhöhtes Risiko.
  • Mangelernährte: Eine unausgewogene Ernährung kann die Haut und das Gewebe schwächen.

Dekubitus-Prophylaxe

Prävention ist der Schlüssel zur Vermeidung von Dekubitus. Hier sind wichtige Maßnahmen, die helfen können:

Regelmäßige Positionswechsel und Lagerungstechniken

Die regelmäßige Änderung der Liege- oder Sitzposition ist essenziell. Unterschiedliche Lagerungstechniken helfen dabei, den Druck auf gefährdete Stellen zu minimieren.

30-Grad-Lagerung

Diese Position reduziert den Druck auf das Kreuzbein und die Fersen, indem der Körper leicht auf eine Seite geneigt wird. Ein Keilkissen kann zur Stabilisierung verwendet werden.

90-Grad-Lagerung

Hierbei liegt die Person vollständig auf der Seite, was den Druck auf eine Seite des Körpers verteilt. Diese Lagerung sollte nicht zu häufig angewendet werden, da sie den Druck auf die seitlichen Körperteile erhöhen kann.

135-Grad-Lagerung

Diese Lagerung kombiniert die Vorteile der Rücken- und Seitenlage. Der Körper wird leicht nach hinten geneigt auf die Seite gelegt, was den Druck auf das Kreuzbein und die Hüften reduziert.

Häufigkeit der Lagerung

Idealerweise sollte die Position alle zwei Stunden gewechselt werden, um anhaltenden Druck zu vermeiden. Diese Zeitintervalle können je nach individuellem Risiko und Hautzustand angepasst werden.

Förderung der Mobilität

Regelmäßige Bewegung und Mobilisation spielen eine zentrale Rolle bei der Prophylaxe von Druckgeschwüren. Physiotherapie und gezielte Übungen können die Durchblutung fördern und das Risiko eines Dekubitus verringern.

Hautpflege

Eine sorgfältige Hautpflege ist ebenfalls entscheidend:

  • Reinigung: Die Haut sollte sanft gereinigt werden, ohne starkes Reiben, und pH-neutrale Produkte sollten verwendet werden.
  • Feuchtigkeit: Die Haut sollte regelmäßig mit feuchtigkeitsspendenden Cremes gepflegt werden, um Trockenheit und Rissbildung zu vermeiden.
  • Schutz: Barrierecremes können verwendet werden, um die Haut vor Feuchtigkeit durch Inkontinenz zu schützen.

Ernährung

Eine ausgewogene Ernährung trägt wesentlich zur Vorbeugung und Behandlung von Dekubitus bei. Eine ausreichende Zufuhr von Kalorien, Proteinen, Vitaminen und Mineralstoffen unterstützt die Hautregeneration und das allgemeine Wohlbefinden.

Anpassung des Lebensumfeldes

Das Lebensumfeld sollte angepasst werden, um Druckstellen zu minimieren. Dazu gehören:

  • Antidekubitusmatratzen und -kissen: Diese speziellen Hilfsmittel verteilen den Druck gleichmäßig und reduzieren das Risiko.
  • Rollstühle mit Druckentlastungskissen: Diese Kissen sind speziell entwickelt, um den Druck auf das Gesäß und die Oberschenkel zu reduzieren.
  • Bettgestelle und Lattenroste: Verstellbare Betten und Matratzensysteme können helfen, den Druck zu verteilen und die Positionenwechsel zu erleichtern.

Behandlung von Dekubitus

Sollte trotz aller Vorsichtsmaßnahmen ein Dekubitus entstehen, sind folgende Maßnahmen notwendig:

Druckentlastung

Die betroffene Stelle muss von Druck befreit werden. Dies kann durch Lagerungstechniken und den Einsatz von Antidekubitus-Hilfsmitteln erfolgen.

Wundbehandlung

Die Wunde sollte regelmäßig gereinigt und abgestorbenes Gewebe von speziell ausgebildetem Personal entfernt (Débridement) werden. Spezielle Wundauflagen können ein feuchtes Wundmilieu schaffen, das die Heilung fördert.

Schmerzmanagement

Ein Dekubitus kann sehr schmerzhaft sein. Eine angemessene Schmerztherapie, einschließlich Schmerzmittel und lokaler Betäubungen, kann helfen.

Infektionskontrolle

Strenge Hygienemaßnahmen und der Einsatz von antiseptischen Lösungen können Infektionen verhindern. Regelmäßige ärztliche Kontrollen sind ebenfalls wichtig.

Ernährungsunterstützung

Eine protein- und nährstoffreiche Ernährung unterstützt die Heilung und Regeneration der Haut.

Ansprechpartner und Unterstützung

Bei Verdacht oder Diagnose eines Dekubitus ist es wichtig, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen:

  • Hausarzt: Der erste Ansprechpartner für eine Diagnose und Behandlungsempfehlungen.
  • Dermatologen: Spezialisten für Hautprobleme, die eine detaillierte Untersuchung und spezielle Behandlungen durchführen können.
  • Wundmanager: Speziell geschultes Pflegepersonal, das sich auf die Behandlung von chronischen Wunden spezialisiert hat.
  • Physiotherapeuten: Experten für Bewegungsübungen, die zur Mobilisation und Druckentlastung beitragen können.
  • Chirurgen: In fortgeschrittenen Fällen kann eine chirurgische Intervention notwendig sein, beispielsweise zur Entfernung von abgestorbenem Gewebe oder zur Hauttransplantation.
  • Pflegefachkräfte: Diese sind für die tägliche Pflege und Überwachung der betroffenen Hautstellen verantwortlich und spielen eine wichtige Rolle in der Prävention und Behandlung.

Fazit

Dekubitus ist eine ernste und oft vermeidbare Komplikation bei immobilen Personen. Durch eine Kombination aus regelmäßiger Lagerung, sorgfältiger Hautpflege, ausgewogener Ernährung und professioneller Wundversorgung kann das Risiko erheblich reduziert werden. Sollten Sie erste Anzeichen von Druckgeschwüren bemerken, zögern Sie nicht, ärztlichen Rat einzuholen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Eine frühzeitige Intervention kann viele Schmerzen und Komplikationen verhindern und die Lebensqualität der Betroffenen erheblich verbessern.

Über Christian Hoffmann

Christian Hoffmann ist Gesundheits- und Krankenpfleger mit langjähriger Erfahrung und zahlreichen Weiterbildungen im Gesundheitsbereich. Nach seinem Abschluss spezialisierte er sich als Wundexperte (2018) und Wundtherapeut (2022). Zudem qualifizierte er sich 2021 als Ausbilder in Gesundheitsberufen und plant, im September 2024 die Weiterbildung zur Pflegedienstleitung (PDL).

Seit 2024 leitet Hoffmann das Fortbildungsprogramm "Pflegezirkel.Hamburg" für Medizinische Fachangestellte (MFAs), Ärzte und Pflegefachkräfte in Kooperation mit dem Deutschen Roten Kreuz im Süden Hamburgs. Zudem ist er Beiratsmitglied im "Wundzentrum Hamburg e.V.", dem überregionalen Netzwerk der Wundversorger in Deutschland. Derzeit arbeitet er hauptberuflich als Einsatzleitung/Pflegeleitung beim Deutschen Roten Kreuz in Hamburg-Harburg in der ambulanten Pflege.

Wichtiger Hinweis: Dies sind nur allgemeine Informationen und nicht zur Selbstdiagnose oder Selbsttherapie gedacht. Bei Verdacht auf Dekubitus oder Verschlimmerung der Beschwerden suchen Sie bitte eine Ärztin oder einen Arzt auf.