Dieser Zornedinger Wald ist der „Horror“

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Die Försterinnen Kirsten Joas und Lisa Beckert erklären in der Zornedinger Fichten-Monokultur, wie der Umbau des Waldes vonstattengehen muss, um das Risiko eines Totalschadens nach einem Sturm zu minimieren. © SRO

Wie muss der Wald der Zukunft aussehen, dass er eine Überlebenschance hat? Private Waldbesitzer werden den Umbau allein nicht stemmen können, sind sich Fachleute sicher. Ein Ortstermin in Zorneding.

Zorneding – „Die Struktur des Waldes im Gemeindegebiet Zorneding ist besonders schlecht.“ Mit diesen Worten beginnt Kirsten Joas ihre Führung durch den heimischen Wald. Sie ist Revierleiterin im Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) und zuständig für das Gemeindegebiet. Zwölf Interessierte und drei Fachleute haben sich zur Ortsbegehung in den Wald begeben.

Die Blicke sind auf eine Front von Fichten gerichtet, alle vermutlich älter als 60 Jahre. „Das meine ich mit schlechter Struktur.“ Kirsten Joas zeigt auf die Bäume. „Die Eigentumsverhältnisse sind hier schwierig, manche Waldgrundstücke sind gerade einmal zehn Meter breit und drei Kilometer lang. Für die Bewirtschaftung ist das der reine Horror.“

Hunderte Hektar Fichtenwald gefährdet

Soweit die Ausgangslage. Und das Problem? Hunderte Hektar von Fichten-Reinbeständen seien zwischen Zorneding und Oberpframmern in die Jahre gekommen und durch Sturmschäden, Wassermangel und Käferbefall im Bestand gefährdet, sagt die Revierleiterin. Extreme Wetterereignisse würden zunehmen und könnten innerhalb weniger Stunden große Brachflächen entstehen lassen, „mit einem wirtschaftlichen Rückschritt von 20 bis 30 Jahren und einem ebenso langen ökologischer Rückschritt bei der CO₂-Speicherung.“

Fichten, Fichten, Fichten: „Die Struktur des Waldes im Gemeindegebiet Zorneding ist besonders schlecht“, sagt Försterin Kirsten Joas, AELF-Revierleiterin.
Fichten, Fichten, Fichten: „Die Struktur des Waldes im Gemeindegebiet Zorneding ist besonders schlecht“, sagt Försterin Kirsten Joas, AELF-Revierleiterin. © SRO

Die staatlichen Behörden wollen nun dieses Problem angehen und mit Zuschüssen samt individueller Beratung „strukturverbessernde Maßnahmen“ begleiten. „Und genau deshalb bin ich hier in Zorneding“, sagt Kirsten Joas, „denn „private Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer können das Problem nicht alleine stemmen“. Unterstützt wird sie durch die Waldbesitzervereinigung WBV Ebersberg – München/Ost e.V., mit der zuständigen Försterin, Lisa Beckert. Es gehe darum, die Interessen benachbarter Besitzer zu koordinieren und ein gemeinschaftliches Projekt zu begleiten.

Hunderte Hektar von Fichten-Reinbeständen sind zwischen Zorneding und Oberpframmern in die Jahre gekommen. Hier wurden Douglasien und Tannen nachgepflanzt.
Hunderte Hektar von Fichten-Reinbeständen sind zwischen Zorneding und Oberpframmern in die Jahre gekommen. Hier wurden Douglasien und Tannen nachgepflanzt. © SRO

Die richtige Waldinnenstruktur, man versteht darunter die Mischbewirtschaftung, kann das Risiko eines Totalschadens verringern. „Vor-Anbau“ ist das eine Schlagwort, „Wald-Innenklima“ das andere. „Man wartet nicht, bis der Schaden eintritt, sondern sorgt für einen stufenweisen Waldumbau, mit Tanne und Buche“, erklärt Lisa Beckert. Bei Fragen, welche Lücken für welche Pflanzen genutzt werden können oder ob Altbestand dafür weggenommen werden muss, stehen Kirsten Joas und Lisa Beckert zur Verfügung.

Neue Baumbestände gegen den 100-prozentigen Ausfall

Nach und nach werden Bäume in Gruppen gepflanzt, die in einigen Jahren für Beschattung sorgen, unterschiedliche Tiefen bewurzeln im besten Fall mit den Bedingungen der Klimaerwärmung zurechtkommen. Zur Risikominimierung pflanzt man in mehreren Phasen. „Ein Prozess, der Jahrzehnte dauern kann und sofort begonnen werden sollte“, sagt Lisa Beckert. Bei extremen Wettereignissen sorgen die neuen Baumbestände nach fünf bis acht Jahren dafür, dass es nicht zu einem 100-prozentigem Ausfall kommt.

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Lisa Beckert rechnet vor, was der komplette Schaden im Fichtenaltbestand nach einem Sturm pro Hektar kostet. Pflanzen, Arbeitszeit, Nachpflanzung, abzüglich der staatlichen Förderung: bleiben 12 000 Euro. Die Arbeitszeit, um die neu gepflanzten Bäume von wuchernden Brombeeren freizuhalten, ist hier noch gar nicht berücksichtigt. Würde man auf derselben Fläche einen Vor-Anbau mit Tanne und Buche umsetzen, müsste man nach Abzug der Förderung mit Kosten pro Pflanzgruppe von jeweils 400 bis 500 Euro rechnen, so die Expertin.

Die Gemeinde Zorneding ist übrigens bereits mit gutem Beispiel vorangegangen. 24 Hektar Gemeindewald wurden in den vergangenen Jahren verjüngt und für den Klimawandel gut aufgestellt, sagt Zornedings Bürgermeister Piet Mayr (CSU). Die Hoffnung der Revierleiterin Kirsten Joas liegt nun auf den privaten Waldbesitzerinnen und Waldbesitzern.

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