Starkbieranstich ohne Ritter - Rede von Christian Springer in Taufkirchen mit durchwachsenem Erfolg

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Drei Schläge braucht Bürgermeister Ullrich Sander beim Anstich zum 9. Starkbierfest in den Hallen des Taufkirchner Kulturzentrums. Neben ihm Markus Schleu von der Brauerei Aying. © Volker Camehn

Der Starkbieranstich in Taufkirchen war auch durch die Krügelrede von Michael Müller legendär. Heuer kamen weniger Besucher. Sie hörten Christian Springer.

Taufkirchen – Michael Müller hielt 2023 zum letzten Mal seine Krügelrede als Ritter Blech von Hilprandingen in Taufkirchen. Der Geharnischte war ungeheuer beliebt. Womöglich ist sein Ausbleiben der Grund dafür, dass der Taufkirchner Starkbieranstich heuer mit 300 Gästen weniger gut besucht war als die Jahre zuvor.

Nicht ein jeder fand wohl auch die Rede von Christian Springer gut. Sein energisches wie bissiges Plädoyer für Demokratie, welche zwar mitunter zach ist, aber eben auch Diktatur verhindert. Eine Ansage zur Lage der Nation, die nicht ohne Spott und giftiger Analyse auskam und sich zum Beispiel über Regierungsambitionen der CSU lustig macht („Die haben doch gar kein Personal fürs Regieren!“).

Springer packt die Jammerei nicht mehr

Verkehrte Welt. „Da kennt sich doch keiner mehr aus“: Habeck verschickt Panzer ins Ausland und Söder umarmt Bäume. Und auch die Sprache hinkt hinterher: Männer im Mutterschutz und das heißt dann Vaterschaftsurlaub. Und ja: „Uns geht’s doch gut!“ Besser als in anderen Zeiten, den „Goldenen 20ern, die nicht so golden waren“. Und Krisen? Energieknappheit? Autofreier Sonntag 1973, weil das Benzin knapp zu werden drohte. Die Autoindustrie sah ihr Ende kommen wegen der Gurtpflicht. Die Zeiten ändern sich, die gefühlten Krisen bleiben die gleichen. „Ich pack die Jammerei nicht mehr.“ Und was Fake News anbelangt: „Damit bin ich aufgewachsen!“ Springers persönlichste Enttäuschung: „Als ich erfahren habe, dass Ivan Rebroff überhaupt kein Russe war.“

Dieser 9. Starkbieranstich in Taufkirchen war einer der etwas anderen Art. Organisiert wurde die Festivität wieder vom Förderverein Freunde des Wolfschneiderhofes, namentlich Helmut und Edith Rösch. Rund 300 Leute, schätzt Edith Rösch, waren ins nicht vollständig ausverkaufte Kulturzentrum gekommen. Doch auch wenn einige spätestens in der Pause die Veranstaltung verließen, weil ihnen der Auftritt des Kabarettisten Springers „wohl zu links“ war, wie der stellvertretende Landrat Christoph Nadler (Grüne) mutmaßte – der allgemein guten Stimmung tat das keinen Abbruch. Den demonstrativen Unmut mancher CSU-Mitglieder nahm Christian Springer gelassen: „Die reden 364 Tage im Jahr an uns hin, da werden die wohl meine zwei Stunden aushalten.“

Feine Sticheleien

Dabei hätten die Empörten vorgewarnt sein können. Michael Lilienthal (Freie Wähler), Zweiter Bügermeister und Vorstandsvize des Fördervereins, hatte in seiner launigen Einführungsrede („Ist das schon der Kabarettist?“, fragte eine Tischnachbarin) darauf verwiesen, dass Christian Springer wohl eher links sei. Wie Lilienthal überhaupt lustvoll stichelte, etwa in Richtung Nadler. „Die Erhöhung der Kreisumlage kostet die Gemeinde jährlich 1,4 Millionen Euro. Wir haben daher mit dem Sparen angefangen“, so Lilienthal. Promis bekämen an diesem Abend Essen und Getränke deshalb nicht mehr für lau. „Die sollen mal sehen, wie das ist, wenn man gezwungen wird, zu sparen und absolut nichts dagegen tun kann.“ Die Grundschule in Taufkirchen wertete Lilienthal indes als „Kaderschmiede für Politikerinnen“, spottete er. Die Landtagsabgeordneten Claudia Köhler (Grüne) und Kerstin Schreyer (CSU) waren hier zur Schule gegangen. Auch Bürgermeister Ullrich Sander (parteilos) bekam was ab: „Vielen Dank, dass du überhaupt gekommen bist.“ Hatte Sander doch 2022 und 2023 kurzfristig seine Teilnahme abgesagt. Nadler und Sander attestierte er eine „neue Freundschaft“ nach dem großen „Presserummel um Nichteinladung zum Neujahrsempfang“ (wir berichteten).

Festliche Akzente

Und sonst? Eine Stefanie spielte zum (Halb-)Playback Bekanntes aus Klassik und Techno mit zahlreichen Kuhglocken inklusive Schunkelanimation, die Blaskapelle Taufkirchen unter der Leitung von Markus Olbrich bestritt (garantiert live) den Einzug und setzte festliche Akzente.

Rathauschef Sander hatte nach drei Schlägen das Starkbier angezapft. Wer wollte, durfte sich eines vom Bühnenrand abholen. Zum Schluss hatte noch die Tanzgruppe Funkys auf Taufkirchen eine kurzen, aber feinen Auftritt.

Helmut Rösch war zufrieden, gerade was den Auftritt Christian Springers anbelangt. Der hatte geradezu aufklärerischen Charakter gehabt. „Ich wurde von jüngeren Gästen angesprochen, die etwa vom autofreien Sonntag nichts gewusst haben.“

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