Es geht bergab: Unterhaching im finanziellen Sinkflug

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„Wir steuern auf einen perfekten Sturm zu“, sagt Unterhachings Bürgermeister Wolfgang Panzer (SPD). © Robert Brouczek

Die Gemeinde Unterhaching kämpft darum, das Haushaltsloch zu stopfen. Mit der Senkung der Gewerbesteuer will man konkurrenzfähig bleiben.

Unterhaching – Wenn ein Wort dreimal vorkommt, hat es wohl eine gesteigerte Bedeutung. In seiner Haushaltsrede im Gemeinderat benutzte Unterhachings Bürgermeister Wolfgang Panzer (SPD), um die finanzielle Lage am Beispiel eines Jumbojets mit ihm als Kapitän zu veranschaulichen, also dreimal die gleiche Formulierung: Sinkflug. Zweimal kombiniert mit dem Attribut „geordnet“, einmal mit „positiv“. Aber offenbar, keine Frage, geht es bergab. Wohin? Panzer blieb in der Flugkapitänsicht: „Wir steuern auf einen perfekten Sturm zu.“

Ausgaben übersteigen die Einnahmen

Wie schlimm steht es also um den Unterhachinger Abwärtstrend? Der neue Kämmerer Thomas Dannebaum zeigte dies in einem Zahlenwerk knochentrocken auf. 88,9 Millionen Euro für den Verwaltungshaushalt (also die laufenden Ausgaben) und 20,2 Millionen Euro für den Vermögenshaushalt (also Investitionen) sind 2024 veranschlagt. Kalkulierte Defizite im laufenden Betrieb entstehen vor allem im Sektor Kitas, Bildung und Betreuung (12,6 Millionen Euro) und beim Sportstätten-Unterhalt (3,3 Millionen Euro). Dazu kommen Kreisumlage (25 Millionen Euro) sowie Projekte wie Sportparkschule und Hachinga-Halle (je 2,6 Millionen Euro). Dannebaums nüchternes Fazit: „Ein Ausgleich für den Haushalt 2024 lässt sich trotz Einsparungen nicht erreichen.“ Anders ausgedrückt, die Ausgaben übersteigen die Einnahmen.

Tiefer Griff ins Vermögen

Ein Problem, das Unterhaching löst – zumindest für 2024. Erstens, indem man den Verwaltungshaushalt ausnahmsweise mit 1,7 Millionen Euro aus dem Vermögenshaushalt stützt. Zweitens, indem eine stattliche Entnahme aus den Rücklagen, also dem kommunalen Sparbuch, in Höhe von 14,7 Millionen Euro erfolgt. Also ein tiefer Griff ins Vermögen. Der Vorteil: Für den Haushalt 2024 sind keine zusätzlichen Kredite nötig. Dass das überhaupt möglich ist, fußt eher auf einem willkommenen Zufall. Nämlich, dass 2023 die Gewerbesteuereinnahmen positiver entwickelten als prognostiziert. „Man hat sich einfach mal um 25 Millionen Euro verrechnet“, sagte Armin Konetzschny (Grüne) und geißelte „sinnlose Panikmache“. Dieses unerwartete Plus von 2023 also ermöglicht es Unterhaching, 2024 zu finanzieren. Aber was ist 2025?

Kreditbedarf in Höhe von 28 Millionen Euro für die Jahre 2025 bis 2027

Kämmerer Dannebaum hob mahnend den Zeigefinger. Denn nach dem „strukturellen Defizit 2024“, gerade so abgefangen, bahne sich Kreditbedarf an: in Höhe von 28 Millionen Euro für die Jahre 2025 bis 2027. Ein gewaltiger Batzen Geld, das künftig fehle „für große Investitionsprojekte“, so der Kämmerer. Und wenn noch ein größerer Gewerbesteuerzahler wegbreche, wie 2023 die nach Pullach abgewanderte Bayerische Hausbau, wäre das „dramatisch“. Claudia Töpfer (Neo-Fraktion) brachte es auf den Punkt: „Die fetten Jahre sind nicht nur vorbei – sie kommen auch nicht mehr wieder.“ Die Kommune dürfe nun „keine Angst vor harten Entscheidungen“ haben.

Mit weniger Gewerbesteuer Firmen anlocken

Wie Unterhaching reagieren wird, deutete sich an. Ein Kernpunkt: den Hebesatz für die Gewerbesteuer (derzeit 295) im Konkurrenzkampf um Firmen zu reduzieren. Denn, so Christine Helming (FWU), ein Verlust weiterer Gewerbesteuerzahler (die pro Jahr 26 Millionen Euro bringen) wäre „eine gewaltige Katastrophe“. Bei Vereinszuschüssen bahnt sich eine Bremse an, auch bei kommunalen Projekten: „Ab einem Volumen von 500 000 Euro sollten wir alle Vorhaben auf den Prüfstand stellen“, empfahl Stefan Zöllinger (CSU). Aufbrauchen der Rücklagen, bald neue Kredite, für Peter Hupfauer (FDP) „ist der letzte Joker gespielt“. Nun werde „der Wind der Realität schärfer ins Gesicht blasen“. Der – wenn auch kontrollierte – Unterhachinger Sinkflug wird zur Rumpeltour.

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