Trump fordert fünf Prozent für Nato – lässt Europa Schulden-Tabu fallen?
Außenminister Wadephul setzt sich für eine Erhöhung der deutschen Verteidigungsausgaben auf fünf Prozent des BIP ein. Für andere europäische Länder wird das schwierig.
Berlin – Seit sich Außenminister Johann Wadephul (CDU) öffentlich hinter die Forderung von US-Präsident Donald Trump nach einer massiven Erhöhung der Verteidigungsausgaben auf fünf Prozent der Wirtschaftsleistung gestellt hat, wird über die Zahl debattiert. Deutschland könnte diese Kosten stemmen. Doch wie sieht es bei anderen Ländern in Europa aus?
Das sind die aktuellen Nato-Ziele
Derzeit sieht das Nato-Ziel für die Verteidigungsausgaben jährliche Ausgaben in Höhe von mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) vor. Trump will nun, dass sein Fünf-Prozent-Ziel im Juni beim Nato-Gipfel in Den Haag beschlossen wird. Eingerechnet werden sollten nach einem Vorschlag von Nato-Generalsekretär Mark Rutte klassische Militärausgaben von 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und 1,5 Prozent für Infrastruktur, die auch militärisch nutzbar ist. Dabei haben mehrere Länder Herausforderung, diese Ziele zu erreichen.
Hoch verschuldet: Spanien, Frankreich, Italien
„Frankreich, Spanien und Italien – die drei großen Volkswirtschaften der Europäischen Union – haben eine Schuldenquote von über 100 Prozent“, sagt Veronika Grimm, Mitglied des Sachverständigenrats, der Welt. „Das schränkt ihren finanzpolitischen Spielraum erheblich ein. Diese Länder haben gar nicht die Möglichkeit, höhere Verteidigungsausgaben über zusätzliche Schulden zu finanzieren.“
Im Gespräch sind deswegen immer wieder Schulden, die gemeinsam über die EU aufgenommen werden – über sogenannte Eurobonds. Bisher war die Position der Bundesregierung zu solchen Schuldenkonstrukten ein eindeutiges Nein. In Brüssel gibt es allerdings hohe Erwartungen an die neue Regierung in Berlin. Das deutsche Infrastrukturpaket in Höhe von 500 Milliarden Euro sowie die Ausnahme für einen Teil der Verteidigungsausgaben von der Schuldenbremse haben bei vielen Partnern Hoffnungen geweckt. Könnte eine Regierung Merz auf EU-Ebene das bisherige Nein in ein Ja oder zumindest ein Vielleicht ändern?
Merz: Europäische Verschuldung soll „Ausnahme“ sein
Vergangene Woche erteilte Friedrich Merz gemeinsamen Schulden in der EU erneut eine Absage. Er hielt sich aber eine Hintertür offen. „Ich werde die Haltung der deutschen Bundesregierung nicht verändern, was die Verschuldungsmöglichkeiten der Europäischen Union betrifft“, sagte Merz in Brüssel. „Das müssen Ausnahmen bleiben“, fügte er hinzu, ohne darauf einzugehen, ob die neue Bundesregierung in absehbarer Zeit solchen Ausnahmen zustimmen würde.
Neben Deutschland lehnen auch Länder wie die Niederlande neue europäische Gemeinschaftsschulden ab. Frankreich gehört zu den Ländern, die sich für solche Maßnahmen ausgesprochen haben. Merz kündigte an, über das Thema „vernünftig“ mit den anderen Mitgliedstaaten reden zu wollen.
EU prüft erste Option für Eurobonds
Die Europäische Kommission machte indes schon erste Schritte Richtung gemeinsamer Schulden. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat nach dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump schnell gehandelt. Ihr Plan: Die EU soll Kredite in Höhe von 150 Milliarden Euro aufnehmen und günstig an Mitgliedstaaten weitergeben.
Doch damit habe die Kommission einen Knackpunkt unterschätzt, berichtet Politico. Sie könne zwar „günstigere Kredite aufnehmen als die meisten Mitgliedstaaten, aber die von ihr gewährten Darlehen werden immer noch auf den nationalen Schuldenstand angerechnet“. Das sei für die hoch verschuldeten Länder eine rote Linie. Spanien und Italien zögern beispielsweise, diese Kredite aufzunehmen.
So bleiben den Staaten noch die Option gemeinsamer europäische Verteidigungsanleihen, sagt Ökonomin Grimm der Welt. Dafür müssten nationale Kompetenzen auf die europäische Ebene übertragen werden. Zudem steige das Risiko, dass die „gute Bonität von Deutschland leidet, wenn es mehr gemeinsame Schulden gibt“, so Grimm. „Aber Sicherheit hat verschiedene Komponenten, es geht nicht nur um finanzielle Sicherheit, sondern auch um militärische.“ (mit Material der dpa und AFP)