Merz-Regierung denkt über drastischen Schritt nach – und könnte Krankenkassen schließen

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Bei der gesetzlichen Krankenversicherung fehlt Geld. Die Regierung wollte eine Lösung finden. Jetzt schlagen Politiker die Streichung von Kassen vor.

Berlin – Arbeitnehmer und Arbeitgeber geben jeweils 17,5 Prozent des Bruttogehalts für Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung aus. 2024 sorgte das für Einnahmen in Höhe von 320,6 Milliarden Euro. Gleichzeitig sind die Ausgaben gewaltig, übertreffen die Einnahmen um rund 6,2 Milliarden Euro. Ein Defizit klafft auf, und die GKV warnt: Dieses könnte schon bald viel größer werden. Aus der Politik kommt nun ein neuer Vorschlag, um das Problem zu lösen.

Merz-Regierung könnte Krankenkassen abschaffen – „dafür mit mehr Einzahlern“

Die gesetzlichen Krankenversicherungen stecken nach wie vor in der Krise. Allein im Jahr 2024 belief sich das Defizit auf 6,2 Milliarden Euro. Bis 2027 könnte sich die Summe nahezu verdoppelt haben. Im Endergebnis müssen die Kassen entweder massiv sparen oder die Beiträge für die Versicherten erhöhen. Die Bild berichtete hier, dass ein Anstieg auf 18,3 Prozent bis 2027 möglich wäre. Aktuell belaufen sich die Beiträge auf im Schnitt 17,5 Prozent.

Nina Warken im Bundestag.
Merz-Regierung denkt über drastischen Schritt nach – und könnte Krankenkassen schließen © IMAGO/dts Nachrichtenagentur

Aber es gibt noch eine Option, und zwar eine, die offenbar großen Rückhalt in der Merz-Regierung hat: die Auflösung von Krankenkassen. „Es kann nicht sein, dass wir über Milliardendefizite reden, aber gleichzeitig fast 100 gesetzliche Krankenkassen mitfinanzieren“, zitierte die Bild Klaus Holetschek, Chef der CSU im Bayerischen Landtag. Jochen Ott, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Landtag von Nordrhein-Westfalen, sieht das ähnlich. „Mit weniger Kassen und weniger unnötigen Untersuchungen, dafür mit mehr Einzahlern und einer finanziell solideren Basis“.

Und auch Stephan Pilsinger, Vize-Chef des Gesundheitsausschusses im Bundestag, sieht ein erhebliches Effizienzproblem bei den Krankenkassen. Man müsse überlegen, wo die Kassen Einsparungen vornehmen könnten. Als Beispiel nannte er hier die Verwaltungskosten.

Krankenkassen in der Krise – Warken will Beitragssteigerung „unbedingt“ vermeiden

Neu ist die Krise bei den gesetzlichen Krankenkassen nicht. Allein 2024 mussten sie acht Prozent mehr für Leistungen ausgeben. Der ehemalige Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) machte noch die Inflation und die damit verbundenen gestiegenen Ausgaben für die Entwicklung des schon erwähnten Defizits verantwortlich.

Zumindest laut dem vorläufigen Ergebnis ist das Minus also in den ersten drei Quartalen 2024 noch deutlich gewachsen. Die neue Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) hat dazu im Mai angekündigt, den Gesundheitsfonds mit 800 Millionen Euro unterstützen zu wollen. Im Interview mit der FAZ gab sie außerdem an, eine weitere Steigerung der Beiträge „unbedingt“ vermeiden zu wollen. „Steigende Sozialbeiträge bremsen das Wachstum“.

Allerdings wären zusätzliche Haushaltsmittel notwendig. Auf die Frage hin, ob der Bund zumindest die zehn Milliarden Euro übernimmt, die die Kassen in Bürgergeldempfänger stecken, wehrte Warken jedoch ab. „Wie wir damit umgehen, werde ich vertrauensvoll mit dem Finanzminister besprechen. Klar ist aber, dass wir das Gesundheitssystem nicht allein über den Haushalt sanieren können“.

„Enttäuschung“ über Haushaltsentscheid – Krankenkassen-Entlastung bei versicherungsfremden Leistungen

Etwa einen Monat nach dem Interview, im Juni 2025, beschloss das Kabinett der Merz-Regierung den Haushaltsentwurf für 2025, außerdem die Haushaltseckwerte für 2026 sowie einen Entwurf zum Sondervermögen Infrastruktur. Hier zeigten sich die Spitzen der Gesetzlichen Krankenversicherungen wenig zufrieden. In einer Verbandsmeldung teilten Uwe Klemens und Dr. Susanne Wagenmann, Verwaltungsratsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, mit, dass die versicherungsfremden Leistungen endlich refinanziert werden müssten.

„Aber staatliche Sozialleistungen und versicherungsfremde Leistungen sind vom Staat zu bezahlen und nicht an die Beitragszahlenden der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung weiterzureichen“, erklärten sie. Sie seien „enttäuscht“ darüber, dass die vollständige Refinanzierung „wieder nicht“ angegangen werde.

Was versicherungsfremde Leistungen sind, ist nicht abschließend definiert, aber den GKV-Spitzen geht es vorrangig um die gesundheitliche Versorgung der Bürgergeldbezieher sowie die Finanzierung von Rentenbeiträgen für pflegende Angehörige. Stattdessen aber kündigte die Merz-Regierung an, finanzielle Probleme in der GKV und bei der sozialen Pflegeversicherung mittels Darlehen lösen zu wollen. „Eine Entscheidung, die nicht nur kraftlos, sondern auch wenig zielführend ist“, hieß es dazu aus dem GKV-Verband. Sie verschiebe die Finanzierungslast lediglich in die Zukunft.

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