Klingbeil-Haushalt: Krankenkassen „enttäuscht“ – massive Beitragssteigerung droht

  1. Startseite
  2. Verbraucher

Krankenkassen von Klingbeil-Haushalt „enttäuscht“ – Beitragszahlern droht massive Kostensteigerung

Kommentare

Finanzminister Klingbeil plant nur Darlehen für Krankenkassen statt Zuschüsse. Beitragszahler müssen mit weiteren Erhöhungen rechnen. Kritik von allen Seiten.

Berlin – Das Bundeskabinett hat den Haushaltsentwurf von Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) für 2025 beschlossen – doch für die gesetzlichen Krankenkassen und ihre Versicherten bringt er wenig Grund zur Freude. Statt der erhofften zusätzlichen Zuschüsse erhalten die Kassen lediglich Darlehen, was weitere Beitragssteigerungen für Millionen von Versicherten wahrscheinlich macht.

Finanzminister Klingbeil stellt Bundeshaushalt vor: Nur Darlehen statt nachhaltiger Hilfe

Zur Stabilisierung der Sozialversicherungen sollen die gesetzlichen Krankenkassen 2025 und 2026 ein Darlehen von jeweils 2,3 Milliarden Euro erhalten, die Pflegeversicherung 2025 von 0,5 Milliarden Euro und 2026 von 1,5 Milliarden Euro, wie aus dem Haushaltsentwurf hervorgeht, der laut ZDF beschlossen wurde. Diese Maßnahmen reichen jedoch bei weitem nicht aus, um die drohende Finanzlücke zu schließen. Den gesetzlichen Krankenversicherungen könnte laut Expertengremium 2025 eine Finanzierungslücke von 47 Milliarden Euro entstehen, berichtete das ZDF. Die geplanten Darlehen decken somit nur einen Bruchteil des tatsächlichen Bedarfs ab.

Die Reaktionen der Krankenkassen auf Klingbeils Haushaltspläne fielen entsprechend kritisch aus. „Völlig unzureichende Darlehen statt nachhaltiger Stabilisierung der Finanzen von Kranken- und Pflegeversicherung“, kritisierte Dr. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, laut einer Stellungnahme der AOK.

Bundesminister der Finanzen Lars Klingbeil (SPD) stellt am Dienstag (24.06.2025) den Entwurf des Bundeshaushalts 2025 in Berlin vor. (
Absoluter Rekord der deutschen Neuverschuldung. Noch in diesem Jahr will Finanzminister Klingbeil Ausgaben in Höhe von 503 Milliarden Euro tätigen. © IMAGO / epd

Krankenkassen unter Druck: Massive Beitragssteigerungen drohen

Die Enttäuschung der Kassen ist verständlich: Während der Verteidigungshaushalt von 52 Milliarden Euro im Jahr 2024 auf 152,8 Milliarden Euro bis 2029 anwachsen soll, wie die Tagesschau berichtete, erhalten die Krankenkassen nur temporäre Darlehen. Der Gesundheitsetat schrumpft sogar von 16,7 Milliarden Euro auf 16,4 Milliarden Euro.

Ohne ausreichende Bundeszuschüsse müssen Beitragszahler mit weiteren Erhöhungen rechnen. Der durchschnittliche Zusatzbeitrag in der GKV wird 2025 bereits auf 2,5 Prozent steigen. In der Pflegeversicherung wurde der Beitragssatz zu Beginn des Jahres bereits auf 3,6 Prozent erhöht. Die GKV verzeichnete 2024 ein Defizit im Gesundheitsfonds von 3,7 Milliarden Euro, wobei das geplante Darlehen von 2,3 Milliarden Euro deutlich darunter liegt. Die Krankenkassen verfügten zum Jahresende über Rücklagen von nur 2,1 Milliarden Euro – „weniger als der Hälfte der gesetzlich vorgesehenen Mindestreserve von 0,2 Monatsausgaben“, wie aus der Kabinettsvorlage hervorgeht.

Finanzminister Klingbeil mahnte längerfristig „grundlegende und mutige“ Strukturreformen bei der Kranken- und Pflegeversicherung an. Man könne die Probleme nicht dauerhaft mit immer mehr Steuergeld kitten, sagte der SPD-Vorsitzende dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Er verwies auf die Vereinbarung im Koalitionsvertrag, nach der gemeinsam mit Experten eine große Reform erarbeitet werden soll. „Es ist völlig klar, dass wir bei den Beiträgen in der Krankenversicherung, in der Pflege und bei der Rente gegensteuern müssen. Das ist eine riesige Herausforderung“, erklärte Bundesfinanzminister Klingbeil. Trotzdem sollen sich die Fleißigen in diesem Land auf einen starken Sozialstaat verlassen können.

Rüstung statt Bildung: Rekordverschuldung für Verteidigung

Während bei der Gesundheitsversorgung gespart wird, plant Klingbeil eine beispiellose Ausweitung der Neuverschuldung. Die Nettokreditaufnahme steigt 2025 deutlich auf 81,8 Milliarden Euro – nach 33,3 Milliarden Euro im Jahr 2024, wie das ZDF berichtete. Für 2026 ist ein Anstieg auf 89,3 Milliarden Euro geplant, 2027 auf 87,5 Milliarden Euro. Nach Auslaufen des Bundeswehr-Sondervermögens geht die Neuverschuldung 2028 steil nach oben auf 115,7 Milliarden Euro, 2029 dann auf 126,1 Milliarden Euro. Insgesamt sollen in den kommenden fünf Jahren Kredite in Höhe von knapp 847 Milliarden Euro aufgenommen werden, wie ebenfalls aus der Kabinettsvorlage hervorgeht. Zur Veranschaulichung: Statt wie bisher mit Euro pro Sekunde steigt die Staatsverschuldung nun auf 5094 Euro – beinahe doppelt so schnell. Grund dafür ist die heute vom Bundeskabinett beschlossene erhebliche Neuverschuldung im Bundeshaushalt 2025 sowie die Aufstockung der Sondervermögen – absoluter Deutschlandrekord.

Die Opposition reagierte mit scharfer Kritik auf den Haushaltsentwurf. „Statt entschlossen in Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit und die Modernisierung unseres Landes zu investieren, werden vor allem Wahlgeschenke verteilt und Haushaltslöcher gestopft“, erklärte der Grünen-Haushaltspolitiker Sebastian Schäfer laut Tagesschau. Die Linke stößt sich vor allem daran, dass die Verteidigungsausgaben erhöht werden sollen. „Mit über 150 Milliarden Euro für Verteidigungsausgaben in den kommenden Jahren werden neue Prioritäten gesetzt – aber nicht für das Leben der Menschen vor Ort“, kritisierte der Sprecher für Kommunalfinanzen, Sascha Wagner, gegenüber der Tagesschau. „Unsere Kommunen brauchen keine Panzer, sondern funktionierende Kitas, Busse und eine bezahlbare Energiewende.“

Deutschlands Schuldenberg wächst rasant: Gesundheitsministerin fordert Nachbesserungen

Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) hatte kürzlich gefordert, der Bund solle die vollen Behandlungskosten für Bürgergeldempfänger bei den Krankenkassen übernehmen. Es fehlen „mehr als zehn Milliarden Euro jedes Jahr“, bemerkte Warken vor wenigen Tagen gegenüber der Rheinischen Post. Diese Mittel hatte die Ampel-Koalition bereits in ihrem Koalitionsvertrag zugesagt, konnten jedoch aufgrund von Haushaltsstreitigkeiten nie verabschiedet werden.

Ungewisse Zukunft für Versicherte: Expertenkommission soll Lösungen finden

„Ziel ist es, die Finanzsituation zu stabilisieren und eine weitere Belastung für die Beitragszahlerinnen und -zahler zu vermeiden. Hierzu setzen wir auf ein Gesamtpaket aus strukturellen Anpassungen und kurzfristigen Maßnahmen“, heißt es auf Seite 105 im Koalitionsvertrag. Bis zum Frühjahr 2027 soll eine Expertenkommission Vorschläge erarbeiten. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Köln erklärte, zwar bedeute der Haushaltsentwurf eine „erkennbare Abkehr von den Jahren der haushaltspolitischen Lähmung“, wie die Tagesschau berichtete. Dennoch blieben schwierige Aufgaben ungelöst und die Haushaltsplanung stehe nicht auf sicheren Füßen. (ls)

Auch interessant

Kommentare