„Kann alle Hauptstädte erreichen“ - Russen-Sendung feiert Putins Raketenangriff und holt plötzlich Europakarte hervor
Im Westen wurde der Abschuss der Rakete als Drohung verstanden und als Eskalation verurteilt. Wie aber haben die Russen und die russischen Staatsmedien reagiert? Die „New York Times“ hat diverse Reaktionen gesammelt.
Immer mehr Russen akzeptieren Einsatz von Atomwaffen
Früher sei der Krieg ein Tabuthema gewesen, sagt Denis Volkov, Direktor des Lewada-Zentrums, eines der wenigen unabhängigen Meinungsforschungsinstitute des Landes, im Gespräch mit der „New York Times“. „Innerhalb der Eliten verschiebt sich der Konsens dahin, viel offener darüber zu sprechen und dass Russland dem Westen klarmachen sollte, dass es die Sache ernst meint.“
Umfragen zufolge, auf die sich Volkov bezieht, sei die Zahl derjenigen Russen, die den Einsatz von Atomwaffen akzeptiert, leicht gestiegen: und zwar auf 34 Prozent. Und er gehe davon aus, dass die Zahl noch weiter steigt. Die Unterstützung für Atomwaffen stehe im Einklang mit der Unterstützung für den Kreml, sagt Volkov.
Russen-Sendung feiert Putin und holt plötzlich Europakarte hervor
Eine der wichtigsten Nachrichtensendungen des staatlichen Fernsehsenders Rossija 1 berichtete - wie die „New York Times“ schreibt - mit Begeisterung über die Rakete und demonstrierte ihre Fähigkeiten in einer Reihe von Grafiken.
In einer davon sei ein Raketenwerfer auf einer Europakarte gezeigt worden, der Geschosse aus dem Westen Russlands nach Westeuropa schickt und „alle europäischen Hauptstädte“ erreicht. Die Moderatorin soll geprahlt haben: „Sogar London!“
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Viele Sendungen hätten sich einer ausführlichen Presseschau gewidmet, in der Nachrichten aus den USA und Saudi-Arabien zitiert wurden und damit geprahlt wurde, dass der Präsident weltweit Schlagzeilen gemacht habe. Rossija 1 habe einen Bericht über Social-Media-Kennzahlen ausgestrahlt und betont, dass „Oreschnik“ weltweit im Trend liege.
„Eine Art Feuerregen vom Himmel“
Pro-Kreml-Blogger hätten Memes geteilt, die Putin als Actionhelden auf einem Filmplakat zeigen und damit auf ein Wortspiel zwischen „Oreschnik“, dem Namen der russischen Rakete, und dem Wort „oreshek“, das „Verrückter“ bedeutet und im russischen Titel des amerikanischen Films „Stirb langsam“ verwendet wird, angespielt.
„Oreschnik. Premiere in Dnipro, 21. November 2024“, soll es auf einem nachgemachten Filmplakat geheißen haben.
Voenkor Kotenok, ein populärer Blogger, habe den Angriff auf Dnipro als „eine Art Feuerregen vom Himmel, der für die Ukrainer wie ein Film war“ gelobt. Zugleich habe er beklagt, dass der Kreml die Vereinigten Staaten kurz vor dem Raketenstart informiert hatte. Russland sei „zu menschlich und barmherzig“, sagte er. „Ein Feind muss getötet, nicht gewarnt werden.“
Von Julia Hoene
Das Original zu diesem Beitrag "Ukraine-Invasion, Tag 1006: Russland feiert Putin in Memes und Medien für seine Drohungen" stammt von Tagesspiegel.