Parken als Geschäftsmodell: Grünwalder Firma erklärt digitales Gebühren-Prinzip mit Kennzeichenerfassung
Seit einigen Jahren etabliert sich eine neue Form der Parkraumbewirtschaftung: Kennzeichen werden digital erfasst, beim Rein- und beim Rausfahren. Das sorgt für viel Kritik und Unmut.
Grünwald - Ältere Autofahrer erinnern sich noch an die Parkuhr. Ein paar Groschen in den Münzschlitz stopfen, dann drehte sich ein Zeiger, und man wusste, wie lange das Auto hier stehen darf. Mancherorts ist das noch so, mittlerweile existiert die digitale Variante der Parkuhr. Doch seit einigen Jahren etabliert sich eine andere Form der Parkraumbewirtschaftung: Kennzeichen werden digital erfasst, beim Rein- und beim Rausfahren. Was das kostet? Unterschiedlich. Der Grundgedanke ist, vor allem Kundenparkplätze eben für Kunden freizuhalten (oft innerhalb eines gewissen Zeitraums gratis) und sie nicht von Dauerparkern besetzen zu lassen. Welche Parkplatzregeln wo gelten, das variiert in Gewerbegebieten oftmals innerhalb kurzer Distanzen, in Garching genauso wie in Unterhaching oder in Brunnthal. Eine der Firmen, die bundesweit und teils sogar im Ausland diese Form der kennzeichenbasierten Parkraumbewirtschaftung betreibt, sitzt in Grünwald: Mobility Hub Park Service nennt sich das Unternehmen, das 2023 seinen Sitz von München nach Grünwald verlegt hat. Gänzlich unumstritten ist diese Form, Parkplatzgebühren zu generieren, nicht. Eine Firmensprecherin hat dem Münchner Merkur eine Reihe von Fragen zur Mobility Hub Parkservice GmbH beantwortet.
Wie viele Parkplätze bewirtschaftet Ihre Firma ungefähr?
Die Mobility Hub Parkservice GmbH bewirtschaftet mehrere hundert Parkgaragen, Parkplätze und Tiefgaragen in der DACH-Region (DACH = Deutschland, Österreich und Schweiz; A. d Red.).
Wie würden Sie Ihr Geschäftsmodell beschreiben?
Die Mobility Hub Parkservice GmbH ist eine Parkraumbetriebsgesellschaft, die mit moderner Hard- und Software die Bewirtschaftung von schrankenfreien Parkplätzen ermöglicht. Darüber hinaus beraten wir unsere Auftraggeber mit Konzepten zur Parkraumorganisation und -optimierung, moderner Zahlungsinfrastruktur, als auch mit Lösungen zur erweiterten Mobilität, wie Lade-Infrastruktur, Verkehrsleitung und Auslastungs-Analysen.
Nach welchen Kriterien werden maximal erlaubte Parkzeit, etwaige Parkgebühren sowie Höhe der Vertragsstrafe festgelegt?
Das Parkraumkonzept einer Parkfläche wird basierend auf den individuellen Anforderungen des Standorts sowie den Wünschen der Flächeneigentümer erstellt. Die Höhe der Vertragsstrafe, welche im Kontext einer schrankenfreien Bewirtschaftung unerlässlich ist, richtet sich dabei nach den örtlichen Gegebenheiten und dem lokalen Preisgefälle. Zum Beispiel muss bei einer innerstädtischen Tiefgarage, welche vier Euro die Stunde kostet, die Vertragsstrafe natürlich angemessen hoch gewählt sein, sodass diese nicht „günstiger“ ist als der Tageshöchstsatz und eine gewisse Sanktion darstellt. Grundsätzlich lässt sich das Vorgehen mit dem altbekannten „verlorenen Ticket“ aus der Welt der beschrankten Parkraumeinrichtungen vergleichen oder dem „erhöhten Beförderungsentgelt“ der U-Bahnen und Straßenbahnen bei Schwarzfahren.

Das Spektrum bei der Parkraumbewirtschaftung reicht von sinnvoller Lenkung bis zu modernem Raubrittertum – wo und wie würden Sie die Mobility Hub Parkservice GmbH einordnen?
Unsere Arbeit richtet sich nach Maßgabe eines modernen Parkraumkonzepts, einem erstklassigen Service gegenüber unseren Kunden und einer transparenten Kommunikation gegenüber den Parkern. Durch die individuelle Analyse von jedem Standort vor Inbetriebnahme und der Ableitung eines passgenauen Konzepts sind wir befähigt, das optimale Konzept für jeden Standort sicherzustellen. So haben wir beispielsweise am Tierpark Hellabrunn in München durch die Einführung einer schrankenfreien Parkraumbewirtschaftung die zuvor üblichen langen Rückstaus auf den Zubringerstraßen an Stoßzeiten (freitags, Wochenende) gänzlich aufgelöst.
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Am Aumeister-Biergarten im Englischen Garten gab es im Februar eine Online-Petition gegen Ihr Konzept und im April massiven Vandalismus an Schildern und Automaten. Erleben Sie häufiger derartige Proteste?
Nein, die von Ihnen genannten Vorgänge am Aumeister sind für uns ein neuartiger Vorgang. Wir waren stets in engem Austausch mit dem Eigentümer der Parkfläche sowie den zuständigen Behörden. Im Kontext des Vandalismus ist bereits die Polizei informiert und Ermittlungen laufen. Diese Vorgänge sind für uns ein Novum, zumal da hier Schäden im fünfstelligen Bereich verursacht wurden.
Wie hoch ist die Beanstandungsquote, wenn Sie Vertragsstrafen verhängen?
Im Falle von Beanstandungen kann man sich unkompliziert mit uns in Verbindung setzen. In der Regel geht es bei Beanstandungen um nachvollziehbare Fälle. Ein Beispiel hierfür ist beispielsweise, wenn unser Kunde vergessen hat, ein berechtigtes Kennzeichen im System zu hinterlegen. In diesem Fall kann eine ausgestellte Vertragsstrafe unkompliziert storniert werden. Darüber hinaus stehen wir Nutzern während deren Aufenthalts auf unseren Parkierungseinrichtungen über unsere Hotlines zur Verfügung.

Was sagen Sie zur Kritik, Sie würden die Belange von Schwerbehinderten nicht hinreichend berücksichtigen?
Diese Kritik können wir nicht nachvollziehen. Je Standort stehen reservierte Parkplätze für Menschen mit einer Gehbehinderung oder Schwerbehinderung zur Verfügung. Hinsichtlich der gegebenenfalls bestehenden Kostenpflicht dürfen wir darauf verweisen, dass im Kontrast zu öffentlichen Stellplätzen am Straßenrand, welche eine Gebührenentbindung vorsehen, in der Privatwirtschaft wie zum Beispiel in den innerstädtischen Parkhäusern in München, Parkvorgänge grundsätzlich kostenpflichtig sind.
Parken mit Kennzeichenerfassung
Auf ihrer Webseite www.mh-parkservice.de erklärt die Firma das Prinzip. Beim Ein- oder Ausfahren auf einen Parkplatz wird das Kennzeichen erfasst, mitsamt einem Zeitstempel. Die Differenz bildet die Parkdauer ab (zum Beispiel 9.45 bis 10.30 Uhr = 45 Minuten). Kommt es zu einer Überschreitung der Höchstparkdauer, auf die mittels Schildern hingewiesen wird, erfolgt beim Kraftfahrtbundesamt eine Abfrage der Fahrzeughalterdaten, um den Parkzeitverstoß mittels Vertragsstrafe zu ahnden. All dies sei konform mit der Datenschutz-Grundverordnung der EU. In Einzelfällen kommt es zur Kompensation von Parkgebühren, sofern sie per Kennzeicheneingabe an einem Automaten entrichtet werden müssen wie im Aumeister – dort beispielsweise gibt es ab zehn Euro Verzehr einen Tagesparkgutschein.
Wie viele Mitarbeiter beschäftigt das Unternehmen insgesamt und in welchen Bereichen?
Für unsere Kunden und Auftraggeber steht in Deutschland, Österreich, Schweiz und Italien ein Kundenservice-Team von circa 30 Mitgliedern zur Verfügung.
Warum ist die Firma 2023 von München nach Grünwald gezogen?
Unsere Räumlichkeiten in München waren von Beginn an temporärer Natur, sodass im Zuge einer internen Umstrukturierung und der zunehmenden Tendenz hin zum Homeoffice, unser neuer Standort in Grünwald mit Co-Working-Spaces und flexibel buchbaren Meetingräumen ein optimales Setup und Umfeld für den Geschäftsbetrieb bietet.

Welche Pläne schmieden Sie für die Zukunft, von Expansion bis Innovation?
Wir werden den Einsatz der zeitgemäßen Parkinfrastruktur gezielt und kontinuierlich in den bestehenden Märkten ausbauen. Der Fokus der technischen Innovation liegt in der weiteren Verknüpfung mit ganzheitlichen Verkehrskonzepten und nutzerfreundlichen Zahlungsmöglichkeiten. Insbesondere das zuvor erwähnte Beispiel des Tierpark Hellabrunn zeigt, welche Wirkung kleine Infrastrukturanpassungen im urbanen Mobilitätskontext Richtung Stau- und Emissionsreduktion haben können. Anderenorts, zum Beispiel an Krankenhausstandorten, konnten wir durch eine neue flexible Nutzung der Mitarbeiter- und Besucherparkplätze die Bedarfsspitzen entspannen. Hierdurch konnte ein Parkplatzneubau eingespart werden und eine weitreichende Flächenversiegelung im Grünbereich des Krankenhauses wurde vermieden.
Wie läuft es eigentlich mit der Kennzeichenerfassung von Motorrädern, die vorn ja kein Nummernschild haben, bei der Ausfahrt?
Je nach Fläche und Wunsch des Flächeneigentümers, sind Motorräder von der Bewirtschaftung ausgeschlossen oder nicht. Sofern Motorräder inkludiert sind, erfolgt eine Erfassung von vorne und hinten, sodass auch die Nummernschilder der Zweiräder jeweils von hinten detektiert werden.