Nach Facebook-Post: Bundesminister zeigen Eglfingerin wegen Volksverhetzung an – Geldstrafe verhängt

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Vor dem Amtsgericht Weilheim wurde der Fall verhandelt. © Wahl-Geiger

In Zeiten des Internets haben sich Volksverhetzungsdelikte zum regelmäßigen Gast am Weilheimer Amtsgericht gemausert. Der jüngste Fall sticht jedoch heraus: Auf einem Facebook-Bild verhöhnt, stellten zahlreiche Bundesminister Strafantrag gegen die 50-jährige Angeklagte.

Ihre Depressionen seien der Grund dafür gewesen, dass sie im vergangenen Jahr zahlreiche Facebook-Beiträge mit rassistischem und volksverhetzendem Inhalt auf ihrem Profil geteilt hatte, behauptete die 50-jährige Eglfingerin. „Ich war rational nicht in der Lage, zu begreifen, was ich da tue“, erklärte die Angeklagte und klagte nebenbei über Erinnerungslücken. Der Polizei zufolge soll sie innerhalb weniger Minuten Dutzende fragwürdige Posts abgesetzt haben.

Unter „Hochspannung“ stehend, habe sie praktisch alles gepostet, was auf ihrem Handy-Bildschirm aufgetaucht war: Ein „Ventil“, mit dem sie vorübergehend Druck aus dem psychischen „Dampfkessel“ habe ablassen können, argumentierte sie. Vom politisch rechten Rand nahm die Angeklagte aber Abstand: „Ich bin nicht rechts!“

Doch welche Beiträge waren der 50-Jährigen nun eigentlich zum Verhängnis geworden? Den Anfang machte ein Bild mit rassistischer Botschaft: Auf diesem prangt ein Text, in dem der Integrationswille des „Volks aus dem Morgenland“ infrage gestellt wird und Asylsuchende aus arabischen Staaten – bei denen „Vergewaltigen und Morden eine Selbstverständlichkeit“ sei – als „fanatische Primaten“ voller „mittelalterlichen Unsitten“ bezeichnet werden. Mit den Worten: „Klemmt euch eure Wunderlampen unter den Arm und fliegt zurück über den Bosporus“, endet die fremdenfeindliche Botschaft.

Das zweite Posting zeigt ein knappes Dutzend Bundesminister, gleich dem Titelcover des Filmklassikers „Der Pate“ angeordnet. Der Abbildung ist ein Text beigefügt, der den gezeigten Politikern vorwirft, die Bundesrepublik „destabilisieren“ und „in den Untergang zerren“ zu wollen. Ein Großteil der betroffenen Politiker, darunter beispielsweise Außenministerin Annalena Baerbock oder Finanzminister Christian Lindner, hatte daraufhin Strafantrag gestellt.

Rassistische und volksverhetzende Facebook-Posts

Als sie wieder einmal einen Schwung an fragwürdigen Posts in die Welt gesetzt hatte – angeklagt wurden letztlich nur zwei – war sie sogar von Facebook selbst kontaktiert und darauf hingewiesen worden, dass man einige ihrer Bilder entfernt habe. „Hat Sie das nicht hellhörig gemacht?“, fragte die Richterin verdutzt.

Mit der Behauptung, die Bilder hätten rein gar nichts mit ihrer politischen Gesinnung gemein, konnte die 50-Jährige jedenfalls beileibe nicht jeden im Gerichtssaal überzeugen. „Ich bin dieser Mensch nicht“, versuchte sie für Klarheit zu sorgen, beschrieb sich selbst als „friedliebend“ und betonte, sich bei sämtlichen Politikern schriftlich entschuldigt zu haben. Manche hatten ihr sogar geantwortet.

„Sie hat das falsche Ventil genutzt – und das wird Konsequenzen haben“, stellte der Staatsanwalt allen Verständnisses zum Trotz, das er für die Depressionen der Angeklagten hatte, klar. „Ich habe mit Politik überhaupt nix am Hut – geben Sie mir noch eine Chance!“, flehte die Eglfingerin – bereits ahnend, dass ihr eine saftige Geldstrafe droht. Doch der Staatsanwalt beharrte auf seiner Sicht der Dinge und forderte eine Geldstrafe in Höhe von insgesamt 6000 Euro.

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„Was ist freie Meinungsäußerung, was ist strafbar?“, stieß der Verteidiger daraufhin eine lebhafte Diskussion los. „Im Internet hat man Hass und Hetze jahrelang zugelassen. Wenn aber Regierungsmitglieder angegriffen werden, haut man mit der Keule zurück“, sagte er und diagnostizierte der Eglfingerin eine verminderte Schuldfähigkeit. „Millionenfach wird im Internet Hass gepredigt und nicht verfolgt. Die Quoten stimmen doch nicht!“, ärgerte sich der Rechtsbeistand. „Die Volksverhetzung richtet sich nicht gegen die Politiker, sondern gegen andere Mitmenschen“, entgegnete der Staatsanwalt und verwies auf den Schmähtext.

„Manchmal schüttelt man mit dem Kopf, was noch alles unter Meinungsäußerung fallen soll“, sagte Richterin Isabelle von Heydebrand und stellte klar: „Das hier nicht.“ Anders als die Staatsanwaltschaft ging sie aber von einer verminderten Schuldunfähigkeit der Angeklagten aus. Lediglich 2550 Euro hat die Eglfingerin nun zu zahlen. „Ich denke, Sie haben aus dem Verfahren einiges gelernt“, fasste die Richterin am Ende der Verhandlung noch einmal zusammen.

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