Atomkraft-Comeback bis 2030: Unternehmen rechnet mit „günstigem Strom“ für alle

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Deutschland soll zurück zur Atomkraft. Das soll schon innerhalb weniger Jahre möglich sein, zu geringen Kosten. So behauptet es ein Atomunternehmen.

Berlin – Rückkehr zur Atomkraft trotz Atom-Ausstieg: Ist das doch noch möglich? Einige europäische Länder planen derzeit einen verstärkten Ausbau ihrer Kernkraftwerke, und auch die USA reaktivieren teils seit Jahren stillgelegte AKW. In Deutschland kocht derweil immer wieder die Debatte hoch, ob das auch hier noch eine Option wäre. Die gerade erst deaktivierten AKW rücken wieder in den Fokus.

Comeback für Kernkraftwerke – Atomkraft-Unternehmen sieht leichte Rückkehr zum Atomstrom

Angeblich kann die Bundesrepublik eine Auswahl der abgeschalteten Kernkraftwerke wieder reaktivieren – und zwar zu geringeren Kosten und in einem höheren Tempo als bislang gedacht. Laut dem AKW-Dienstleister Nukem können die sechs AKW, die zwischen 2021 und 2023 vom Netz gegangen sind, bis spätestens 2030 wieder hochgefahren werden. „Wenn es eine politische Entscheidung dafür gibt, kann Deutschland schon ab 2030 von günstigem und sicherem Strom profitieren“, zitierte die Bild den Nukem-Chef Thomas Seipolt. Allerdings müsse der Rückbau dafür sofort gestoppt werden.

Kernkraftwerk Isar 2 in der Abendsonne.
Kernkraftwerk Isar 2 in der Abendsonne (Symbolfoto). Deutschland soll zurück zur Atomkraft. Das soll schon innerhalb weniger Jahre möglich sein, zu geringen Kosten. So behauptet es ein Atomunternehmen. © IMAGO/Wolfgang Maria Weber

Die Firma ist auf den Rückbau von Meilern spezialisiert. Laut Homepage verfolgt sie unter anderem Projekte in Schweden und in der Ukraine. Laut Seipolt gibt es eine „realistische Comeback-Möglichkeit für die Atomkraft“ – Nukem hat der neuen Bundesregierung angeblich bereits ein Angebot vorgelegt. Dabei gehe es um eine sichere Stromversorgung, um „wettbewerbsfähigen Strom für die Industrie“ sowie um eine Unabhängigkeit von Energieimporten.

Auch Söder will Kernkraftwerke reaktivieren – „er soll bitte seine Quellen offenlegen“

Die Diskussion um eine Reaktivierung der deutschen Atomkraftwerke brodelt bereits, seitdem Deutschland mit der Stilllegung von AKW begonnen hatte. Erst im Februar 2025 hatte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) unter Berufung auf nicht näher genannte Experten gesagt, die Reaktivierung der 2023 stillgelegten AKW könnte „zeitnah erfolgen“, und das auch noch mit einem „vertretbarem technischen und finanziellen“ Aufwand.

Konkret hätte das die Kernkraftwerke Isar 2 (Bayern), Emsland (Niedersachsen) und Neckarwestheim 2 (Baden-Württemberg) betroffen. Die Betreiber haben in dieser Hinsicht allerdings eine drastisch andere Auffassung als Söder. „Für Preussen Elektra ist der Weiterbetrieb von Isar 2 kein Thema mehr“, zitierte die Tagesschau den Betreiber von Isar 2. Der Rückbau habe begonnen und die Anlage sei damit „praktisch nicht mehr reaktivierbar“.

Ähnlich sieht es bei Neckarwestheim 2 aus. EnBW, der Betreiber der Anlage, hatte angegeben, dass der Rückbau-Status „praktisch gesehen irreversibel“ sei. Und auch die Umweltministerin Baden-Württembergs, Thekla Walker (Grüne) hatte sich gegen Söder positioniert. Es gebe eine klare Aussage der Betreiber deutscher AKW. „Wenn Markus Söder Gegenteiliges gehört haben will, dann soll er bitte seine Quellen offenlegen.“ Mehrere bayerische Ministerien hatten jedoch auf Anfrage der Tagesschau nicht zu berichten gewusst, auf welche Experten Söder sich bezogen hatte.

Rückbau von deutschen Kernkraftwerken fortgeschritten – Betreiber glauben nicht an Reaktivierung

Hintergrund des Ganzen ist der deutsche Atomausstieg. Zum 15. April 2023 hatten die Betreiber der letzten drei noch laufenden Kernkraftwerke Isar 2, Emsland und Neckarwestheim abgeschaltet. Eigentlich war dafür ein früheres Datum vorgesehen, aber die Ampel-Koalition hatte die Laufzeit wegen der durch den Ukraine-Krieg ausgelösten Energiekrise noch um einige Monate verlängert.

Der Rückbau der Anlagen geht laut dem Energiekonzern RWE grundsätzlich in drei Etappen vonstatten. Zunächst geht das Kernkraftwerk in die Nachbetriebsphase über – diese beginnt, sobald das Kraftwerk den Leistungsbetrieb einstellt, also endgültig keinen Storm mehr produziert. Diese Phase endet, sobald der Betreiber eine Stilllegungs- und Abbaugenehmigung erhält.

Anschließend beginnt die Stilllegung. Hier erfolgen unter anderem ausgiebige Prüfungen darüber, wo und in welchem Maßstab Material der radioaktiven Strahlung ausgesetzt war. Außerdem müssen die Abfolge des Abbaus, die zur Dekontamination einzusetzenden Techniken sowie geplante Entsorgungswege beschrieben werden. Und schließlich folgt die Abbauphase, in der die Anlagenteile demontiert werden.

AKW-Rückbau kostet Millionen – und soll noch Jahre dauern

Laut dem Betreiber Preussen Elektra hatte das Kernkraftwerk Brokdorf (abgeschaltet bereits 2021) im Oktober 2024 als letztes deutsches Kernkraftwerk die notwendigen Genehmigungen für den Rückbau erhalten. Bis Mitte der 2030er-Jahre will der Betreiber mit dem Rückbau von Brokdorf fertig sein. Je nach Alter, Größe und Betriebszeit der Anlagen kann ein Rückbau zwischen 500 Millionen und einer Milliarde Euro kosten. Laut RWE tragen die Betreiber der Kernkraftwerke diese Kosten für gewöhnlich vollständig.

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