AfD „ein Albtraum für Deutschland“: Mahnwache gegen Rechts in Wolfratshausen
Zu einer Mahnwache gegen Rechtsextremismus und die Partei AfD hatten der Wolfratshauser Grünen-Politiker Dr. Hans Schmidt und seine Frau Lucia eingeladen. Es kamen deutlich mehr Teilnehmer, als die Organisatoren erwartet hatten.
Wolfratshausen – „Es reicht“: Das erste Mal haben sich die Wolfratshauserin Angela Röttig und ihr Bruder Johannes entschlossen, persönlich an einer Demonstration gegen Rechts teilzunehmen. Die Geschwister beteiligten sich am Freitagmorgen wie weitere gut 30 Frauen und Männer an der Mahnwache, die Grünen-Stadtrat Dr. Hans Schmidt und seine Frau Lucia organisiert hatten. Lucia Schmidt machte mit einem Plakat deutlich, was sie von der Alternative für Deutschland hält. AfD bedeutet für sie: „Albtraum für Deutschland.“
In einer Villa am Berliner Wannsee trafen sich genau an diesem Tag vor 82 Jahren, am 20. Januar 1942, auf Einladung des SS-Obergruppenführers Reinhard Heydrich hochrangige Funktionäre des Nazi-Regimes zu einer „Besprechung mit anschließendem Frühstück“. Im Detail organisierten die Teilnehmer den systematischen und millionenfachen Massenmord an den Juden in Europa. Sie einigten sich technisch-bürokratisch auf Zuständigkeiten und legten kaltschnäuzig fest, wie viele Güterzüge bereitgestellt werden müssen, um Frauen, Männer und Kinder in Konzentrationslager transportieren zu können. Ein Völkermord, geplant bei Kaffee, Cognac und Gebäck.
Gut 80 Jahre später berichtet das Recherchenetzwerk „Correktiv“ über ein Geheimtreffen von AfD-Politikern und Rechtsextremen. Das Thema in der konspirativen Runde in Potsdam: Die Vertreibung von Millionen Menschen mit Migrationshintergrund aus Deutschland. Schmidt hält das für „unsäglich“. Was den Grünen-Stadtrat freut: „Fünf bis zehn Personen“ hatte er zur Mahnwache erwartet, in kurzer Zeit steigt die Teilnehmerzahl auf über 30.
„Die Leute aus der Blase der sozialen Medien rausholen“
Gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus ein Zeichen setzen will Angela Röttig. „Jeder muss sich fragen, was er tun kann.“ Es reiche nicht, darauf zu warten, dass andere aufstehen und der AfD Paroli bieten. „Jeder kann etwas tun“, betont die Wolfratshauserin. Es beginne mit Gesprächen im Familien- und Freundeskreis, mit Arbeitskollegen und Sportkameraden. Auch für Hans Schmidt ist es „am wichtigsten, mit den Leuten zu reden“. Ein Ziel müsse sein, „die Leute aus der Blase der sozialen Medien rauszuholen“. Schmidt selbst hat mit diesen „asozialen Medien“ übrigens nichts am Hut, wie er selbst sagt.
Schmidt: Die AfD „leugnet den Klimawandel“
Er und seine Frau, die von Mitgliedern der Wolfratshauser Ortsgruppe des Bund Naturschutz sowie Vertretern der Initiative „Wor for Future“ unterstützt werden, verteilen Flyer an Passanten. Darauf finden sich Auszüge aus dem Wahlprogramm der AfD – und den möglichen Folgen, sollten diese Forderungen in die Tat umgesetzt werden. Die Alternative für Deutschland leugne den Klimawandel und setze zur Energiegewinnung weiter auf Kohle, Öl und Gas. Die Konsequenz: „Die Erdüberhitzung wird steigen“, so Hans Schmidt. Die „Zivilisation“ werde es im Jahr 2050 nicht mehr geben. Darüber hinaus plädiere die AfD für eine „Rückabwicklung der EU“, das würde nach Schmidts Einschätzung eine massive Wirtschaftskrise auslösen und zu einem gravierenden „Wohlstandsverlust“ führen.
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Die bei dem Geheimtreffen in Potsdam von AfD-Politikern und Rechtsextremen erörterte „Remigration und Deportation“ von Migranten erinnert Schmidt nicht nur an das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte. Er gibt zu bedenken, dass ein solches Vorgehen einen „massiven Arbeitskräftemangel, eine massive Verringerung von Steuereinnahmen und damit einen massiven Wohlstandsverlust“ nach sich ziehen würde. Schmidts Fazit: AfD wählen heiße „mehr Geld für die Wohlhabenden – aber Umwelt, Demokratie, Wirtschaft, Wohlstand und Rente kaputt“.
Was konkret erwartet die Landwirte, kommt die AfD ans Ruder?
Die Demokraten müssten schleunigst „ein Gegengewicht schaffen“. Schmidt appelliert an die Teilnehmer der Mahnwache „Fragen zu stellen“. Welche Folgen hätte ein politischer Rechtsruck? Was beispielsweise hätten die Landwirte ganz konkret zu erwarten, sollte die AfD ans Ruder kommen? Zwei Ratschläge noch: In Diskussionen „nicht aggressiv auftreten“, sondern sachlich bleiben – und nicht nur verkürzte Schlagzeilen lesen, stattdessen das Parteiprogramm der AfD im Detail studieren. Auf die Rufe, die Alternative für Deutschland zu verbieten, reagiert der Grünen-Politiker mit Skepsis. Er mutmaßt, dass sich die Partei in diesem Fall als Opfer stilisieren wird. Schmidt hält eine „argumentative Auseinandersetzung“ mit Vertretern der AfD für zielführender.
Weitere Kundgebungen gegen Rechts in Wolfratshausen sollen folgen
Die Mahnwache am Freitag sei „ein Startschuss“ gewesen, so der Wolfratshauser. Kundgebungen wie diese sollen in der Flößerstadt fortgesetzt werden. Für diesen Sonntag (21. Januar) ist beim Landratsamt ein Demonstrationszug durch Bad Tölz angemeldet worden. „Der Protest richtet sich gegen Rechtsextremismus und die Alternative für Deutschland“, erläutert die Pressesprecherin des Landratsamts, Sabine Schmid. Start ist um 14 Uhr am Winzerer-Denkmal auf der Marktstraße. Erwartet werden rund 200 Teilnehmer. (cce)
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