Jobcenter kontrollieren 70 Sozialhilfe-Empfänger in Hotel – und treffen nur zwei an

"Die Bewohner verbringen viel Zeit auf dem Bürgersteig der Fuggerstraße, die Zimmer im Hotel sind klein" - das sagte ein Anwohner des "BB Hotel Berlin" im Sommer dem "Tagesspiegel". Seit 2020 dient das Hotel im Bezirk Schöneberg als Bedarfsunterkunft. Vor allem Roma aus Südosteuropa werden dort einquartiert. Viele von Ihnen beziehen Sozialleistungen, bis vor Kurzem noch als Bürgergeld bekannt.

Da einige der Bewohner sich seit Längerem nicht mehr beim Jobcenter gemeldet haben, rückten am Dienstag Mitarbeiter mit Unterstützung von 20 Polizeibeamten dort an. Sie sollten kontrollieren, ob die Personen dort noch wohnen. 

Zudem soll es Hinweise auf organisierten Betrug und Schwarzarbeit gegeben haben. Weil auch Kinder in der Unterkunft leben, waren zudem Mitarbeiter der Familienkasse Berlin-Brandenburg vor Ort.

Was die Mitarbeiter der Jobcenter vor Ort fanden, überraschte. Kontrolliert werden sollten 70 Personen aus 19 Bedarfsgemeinschaften, die Leistungen beziehen. Angetroffen wurden lediglich zwei Personen - deutlich weniger als erwartet, wie Elena Zavlaris, Leiterin des Jobcenters in Tempelhof-Schöneberg, dem "Tagesspiegel" sagte.

SYMBOLBILD: Zwei Männer stehen vor dem Jobcenter Treptow-Köpenick am Groß-Berliner Damm
Zwei Männer stehen vor dem Jobcenter Treptow-Köpenick am Groß-Berliner Damm (Symbolfoto) Jens Kalaene/dpa

Nur 2 von 70 Beziehern da: Jobcenter-Mitarbeiter prüfen Sozialleistungsbetrug

Nun prüfen ihre Mitarbeiter den Verbleib der weiteren 68 Leistungsbezieher. "In den Fällen, in denen wir die Bewohnenden nicht angetroffen haben, werden wir jedem Einzelfall nachgehen", kündigt Zervlaris an. "Sollte sich herausstellen, dass sich Menschen nicht hier aufhalten, bei uns aber gemeldet sind, ist das Sozialleistungsbetrug."

Zwar sei niemand dazu verpflichtet, sich ständig in der Unterkunft aufzuhalten, sagt die Jobcenter-Leiterin. Dennoch müssten ihre Mitarbeiter den Aufenthaltsorten der nicht angetroffenen Bewohner nachgehen. Könnten diese auch weiterhin nicht ausfindig gemacht werden, würden Zahlungen eingestellt. Wenn sich auch dann niemand melde, könne davon ausgegangen werden, dass die Leistungen nicht mehr benötigt würden, erklärt Zervlaris.

Die einzige Merkwürdigkeit bei den Kontrollen sind Türen, die sich nicht öffnen, aber nicht. Im ersten Stock gibt eine Frau an, mit ihrer Familie Urlaub in Berlin zu machen und das Zimmer jeden Tag an der Rezeption zu zahlen. "Das ist sehr seltsam", sagt ein Jobcenter-Mitarbeiter - offiziell würden die Zimmer des Hotels nicht an Touristen vermietet.