Zurück zu Hartz IV – SPD stellt sich bei Bürgergeld-Plänen quer

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Die Ampel will entscheidende Reformen beim Bürgergeld zurückdrehen. Jetzt meldet sich die SPD. Weitere Justierungen sollen folgen.

Berlin – Etwa anderthalb Jahre ist es her, seitdem die Ampel-Regierung das Bürgergeld eingeführt hat. Eigentlich sollte die sozialpolitische Reform, erstellt von SPD und Grünen, Hartz IV ablösen und ein Zeitalter des „Respekts“ einläuten. Vor einigen Tagen aber hatte sich die Ampel auf den Haushalt für 2025 geeinigt – und musste deftige Abstriche machen. Vor allem in der SPD löst das Unruhe aus.

Ampel-Koalition nimmt Reformen am Bürgergeld zurück – „Härter und treffsicherer“

Was war passiert? Die Reform des Bürgergelds hatte damals ein höheres Schonvermögen, eine Karenzzeit und veränderte Sanktionen mit sich gebracht. Im Zuge der Haushaltsentscheidung der Ampel-Koalition hatte es sich gezeigt, dass die Regierung entscheidende Punkte der Reform einfach zurückdrehen will. „Das neue Bürgergeld wird teilweise härter und vor allem treffsicherer sein als Hartz IV – mit wirksamen Sanktionen, die nicht zu absurder Bürokratie führen“, sagte FDP-Fraktionschef Christian Dürr den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Das Bürgergeld ist keine soziale Hängematte, sondern soll zur Arbeit motivieren.“

Rolf Mützenich, SPD-Generalsekretär, in Berlin.
Rolf Mützenich, SPD-Generalsekretär, in Berlin (Symbolfoto). Die Ampel will entscheidende Reformen beim Bürgergeld zurückdrehen. Jetzt meldet sich die SPD. Weitere Justierungen sollen folgen. © IMAGO / Bernd Elmenthaler

Kritiker sahen das anders: Jetzt habe das Bürgergeld wieder sehr viel Ähnlichkeit mit Hartz IV. Im Nachgang hatte sich die SPD wieder gemeldet und über den SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich verlauten lassen, dass die kürzlich verkündeten Pläne doch nicht einfach so durchgezogen werden würden. „Was wir im Bundestag zum Bürgergeld beschließen, wird mehr und anderes umfassen, als die Regierung vorgeschlagen hat“, hatte er mitgeteilt, ohne dabei aber konkreter zu werden. Das berichtete die Deutsche Presse-Agentur.

Änderungen am Bürgergeld – Stellt die SPD sich quer?

Die von der Bundesregierung angekündigten Maßnahmen sollten mehr Bezieher von Bürgergeld dazu bewegen, sich Arbeit zu suchen. Unter anderem sehen die Änderungen vor, dass künftig ein längerer Weg zur Arbeit zumutbar sein soll. Wer eine zumutbare Arbeit ablehnt, hätte erhöhte Leistungskürzungen zu erwarten und außerdem führt Schwarzarbeit zu weiteren Kürzungen am Bürgergeld. All diese Maßnahmen gehörten zur sogenannten Wachstumsinitiative der Ampel-Koalition, die die schwächelnde Wirtschaft anheizen soll.

Auch Mützenich steht hinter der Idee, dass mehr Menschen in Arbeit gebracht werden müssten. „Dazu braucht es sinnvolle Maßnahmen, um die Integration in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen, und eine maßvolle Sanktionstreppe.“ Die SPD will nun „mit eigener Expertise und mit Sachverständigen“ beleuchten, welche Maßnahmen die Bundesregierung beim Bürgergeld plant.

Das kann vieles bedeuten – eventuell entschärft die SPD das Vorhaben der Ampel wieder, oder bessert punktuell nach. Der Spiegel brachte hier die Wohnungskosten als möglichen Ansatz für SPD-Tuning ins Spiel. Aktuell übernimmt der Staat Miet- und Heizkosten für Bürgergeldempfänger, was gerade in Städten, in denen die Mieten deutlich steigen, zu Unmut führt – viele Deutsche fühlen sich dabei ungerecht behandelt. Zuletzt hatte Bauministerin Klara Geywitz (SPD) angekündigt, das Wohngeld ab 2025 um 30 Euro erhöhen zu wollen.

Neuer Ampel-Streit wegen Bürgergeld?

Aus verschiedenen Ecken kommt erneute Sorge vor einem Ampel-Streit auf. Immerhin hatte etwa die FDP viel dafür getan, um die Sanktionen beim Bürgergeld erst zu verschärfen. Dies sei ein „Gebot der Gerechtigkeit gegenüber denjenigen, die arbeiten, den fordernden Charakter unserer Arbeitsmarktpolitik zu stärken“ – so hatte es Lindner ausgedrückt.

Die Opposition wiederum kritisiert das Bürgergeld schon länger. „Die angekündigten Änderungen am Bürgergeld sind ein Schuldeingeständnis der SPD, dass das Bürgergeld gescheitert ist und die Menschen vom Arbeiten abhält“, zitierte die Deutsche Presse-Agentur den CSU-Generalsekretär Martin Huber. Das Bürgergeld habe eine spaltende Wirkung. „Die permanenten Reförmchen des Bürgergelds reichen bei Weitem nicht aus, es muss abgeschafft werden und stattdessen gehört die alte Sozialhilfe zurück“, forderte Huber.

Unabhängig davon, welche Änderungen die SPD vornehmen will, haben die Ampel-Parteien die von Finanzminister Christian Lindner (FDP) vehement verteidigte Schuldenbremse im Nacken. 2025 will die Regierung 5,5 Milliarden Euro weniger Geld für Arbeitslose ausgeben als im laufenden Jahr 2024. (Laernie mit dpa)

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