Forderungen nach Rente mit 70 werden laut – aber nur für eine Gruppe

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Es kann vorkommen, dass ältere Mitarbeiter in ihrem Job allein wegen ihres Alters benachteiligt werden. © Imago

Um den Fachkräftemangel in den Griff zu bekommen, will die Ampel-Regierung mehr Menschen zum längeren Arbeiten überzeugen. Die Rente mit 70 kommt wieder ins Gespräch.

München – Die Debatte um den Umgang mit dem demografischen Wandel und dem dadurch aufkommenden Fachkräftemangel geht in eine neue Runde. Die Ampel-Koalition hat zu Monatsbeginn im Rahmen ihres Wachstumspakets ihre Pläne dazu vorgestellt. Demnach sollen Rentner und Rentnerinnen mit finanziellen Anreizen zum längeren Arbeiten bewegt werden. Der Chef des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall, Stefan Wolf, geht da noch weiter.

Rente erst mit 70 Jahren: Arbeitgeber fordern höheres Rentenalter

Stefan Wolf hält einen Renteneintritt erst mit 70 Jahren für Menschen mit Schreibtischjobs für zumutbar. Das machte er im SWR-Videopodcast „Zur Sache - intensiv“ deutlich. „Ein Fabrikarbeiter, der sehr hart arbeitet, wird nicht bis 70 arbeiten können, aber jemand, der in einem Büro sitzt, der wird bis 70 arbeiten können“, sagte er. Damit bekräftigte er frühere Forderungen nach einem späteren Renteneintrittsalter.

Derzeit wird die Altersgrenze, ab der Versicherte eine Altersrente ohne Abschläge beziehen können, bis 2029 schrittweise von 65 auf 67 Jahre angehoben. Die Forderung nach einer weiteren Anhebung begründete der Gesamtmetall-Chef in dem SWR-Gespräch mit der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Um diese zu erhalten, müsse wieder mehr gearbeitet werden und nicht weniger, sagte Wolf. 

Daher lehne er auch die Forderungen nach einer Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich ab. In der Metall- und Elektroindustrie sei die Wochenarbeitszeit mit 35 Stunden bereits sehr gering. Diese könne man nicht weiter absenken. Er führte aus: „Ich bin nicht gegen eine Vier-Tage-Woche, ich bin gegen eine Absenkung der Wochenarbeitszeit.“ Gesamtmetall ist der Dachverband der Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektroindustrie. In der Branche arbeiten rund vier Millionen Beschäftigte in Deutschland.

Ampel-Pläne für Rentner: Längeres Arbeiten nach dem Renteneintritt

Die Ampel-Koalition lehnt ein höheres Renteneintrittsalter ab, das haben SPD, Grüne und FDP in ihrem Koalitionsvertrag so vereinbart. Sie setzt daher auf das Prinzip der Freiwilligkeit mit finanziellen Anreizen.

Viele Arbeitsverträge enden automatisch mit dem Erreichen des Regelrentenalters. Deshalb soll es für diese Gruppe eine Ausnahme vom Vorbeschäftigungsverbot geben. Diese Regel besagt normalerweise, dass Arbeitnehmer nicht sachgrundlos befristet angestellt werden dürfen, wenn sie zuvor beim selben Arbeitgeber beschäftigt waren. Das soll verhindern, dass Arbeitnehmer von einer Befristung in die nächste geschoben werden.

Mit der Ausnahme dürften Senioren bei ihrem alten Arbeitgeber für bis zu acht Jahre – aufgeteilt auf bis zu zwölf Vertragsbefristungen – sachgrundlos befristet angestellt werden. Für Beamte soll eine ähnliche Regelung gefunden werden. Diese Regelung soll vermutlich vor allem Arbeitgebern Sicherheit geben.

Prämie für Rentner die länger Arbeiten

Wer über die Regelaltersgrenze hinaus arbeitet, soll mit einem höheren Nettoeinkommen belohnt werden. Dafür will die Regierung den Arbeitgeberbeitrag zur Arbeitslosenversicherung streichen und dem Arbeitnehmer auszahlen. Das sind derzeit 1,3 Prozent vom Bruttogehalt. Zudem können die Arbeitgeberbeiträge zur Rente – stolze 9,3 Prozent vom Brutto – direkt ausgezahlt werden. Ansonsten erhöhen sie als freiwillige Beiträge die späteren Rentenansprüche. Das bedeutet: Arbeitende Senioren könnten bis zu 10,6 Prozentpunkte weniger Abzüge vom Bruttolohn haben. Die Arbeitnehmerbeiträge erhöhen unverändert weiter die persönlichen Rentenansprüche.

Wer länger arbeitet, erhöht nicht nur durch die zusätzlichen Beiträge, sondern auch durch den Aufschub seine späteren monatlichen Rentenansprüche. Jeder Monat, in dem die Regelaltersgrenze nicht in Anspruch genommen wird, erhöht die späteren Rentenzahlungen um 0,5 Prozent, also sechs Prozent mehr Rente mit jedem Jahr Aufschub, heißt es von der Rentenversicherung.

Die Bundesregierung plant nun die Möglichkeit, dieses Geld als einmalige Rentenaufschubprämie auszahlbar zu machen. Darin sollen nicht nur die zusätzlichen Rentenbeiträge, sondern auch die dazugehörigen Krankenkassenbeiträge der Rentenversicherung enthalten sein. Das Ganze soll abgabenfrei sein. Ob die Prämie zu Beginn des Regelrentenalters oder erst beim eigentlichen Renteneintritt ausgezahlt wird, ist bis dato noch nicht klar, wie das Bundesarbeitsministerium unserer Zeitung auf Nachfrage mitteilte.

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