Mossad oder Hamas? Mord an palästinensischem Geschäftsmann in Istanbul wirft viele Fragen auf
In Istanbul ist bei einem Attentat ein palästinensischer Geschäftsmann ermordet worden. Das Ganze wirft viele Fragen auf.
Istanbul - Am Sonntagabend ist es im Istanbuler Stadtteil Kagithane zu einem Anschlag auf Palästinenser gekommen. „Am Sonntag, dem 18.08.2024, gegen 22.30 Uhr, kam in unserem Bezirk Kağıthane ein ausländischer Staatsangehöriger namens A. K. bei einem bewaffneten Überfall ums Leben, und sein Freund F. M., ein ausländischer Staatsangehöriger, wurde schwer verletzt. Der Leibwächter von A. K., E. K., wurde bei dem Angriff ebenfalls verwundet“. Der Getötete soll der palästinensische Geschäftsmann Anas Abdel Qadir gewesen sein, schreibt das Online-Portal serbestiyet. Das Attentat ist von Sicherheitskameras aufgezeichnet worden. Die Opfer waren in einem weißen Auto, das sich in Parkposition befand.
Hamas oder Mossad - Wer steckt hinter dem Attentat?
Die türkische Zeitung Hürriyet wirft drei Fragen im Zusammenhang mit der Tat auf. „1. Ist die Hamas involviert? Ist der Mossad involviert? Wer (sonst Anm. d. Red.) hat den Mord begangen?“ Auffällig ist, dass der Anschlag nur wenig Beachtung in den staatlichen Medien des Landes findet.
Im Dezember 2023 hatte das Wall Street Journal über israelische Attentatspläne auf Mitglieder des Hamas in der Türkei, Katar und Oman berichtet. Das Blatt hatte sich dabei auf den Chefs des israelischen Inlandsgeheimdienstes Schin Bet, Ronen Bar, bezogen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte Israel in einem solchen Fall vor „schwerwiegenden Konsequenzen“ Konsequenzen gewarnt. Israel werde dann einen „hohen Preis“ zahlen müssen, sagte der mächtige Mann in Ankara.
Türkischer Innenminister lässt 33 vermeintliche Mossad-Agenten verhaften
Erst am 2. Januar hatte der türkische Innenminister Ali Yerlikaya die Verhaftung von 33 Personen gemeldet. „In der Operation Maulwurf wurden 33 Verdächtige festgenommen“, schrieb Yerlikaya auf der Online-Plattform X. Die Razzien seien in Zusammenarbeit mit der Anti-Terrorpolizei TEM und dem Geheimdienst MIT durchgeführt worden. Yerlikaya postete auf X auch ein Video zu den Razzien.

Laut dem türkischen Innenminister hat der israelische Geheimdienst taktische Aktionen wie Aufspüren, Verfolgung, Angriff und Entführung gegen ausländische Staatsangehörige geplant, die sich in der Türkei aufhalten. Nachdem die türkischen Behörden dies herausgefunden hätten, so Yerlikaya, sei man dagegen vorgegangen.
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Türkei weiterhin sicherer Hafen für Hamas
Auch eine Beteiligung der Hamas in dem Anschlag ist nicht ausgeschlossen, da die Türkei als sicherer Hafen für die Terrormiliz gilt. Immer wieder hatte es in der Vergangenheit Treffen zwischen der Hamas und dem türkischen Präsidenten gegeben. Zuletzt hatte Erdogan sogar den ermordeten Polit-Chef der Hamas, Ismail Hanija, ins Parlament eingeladen, damit dieser dort eine Rede hält.
Seit dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 haben sich die Fronten zwischen Israel und der Türkei verhärtet. Erdogan bezeichnete die Hamas als Befreiungsorganisation, die ihr Land und Volk verteidige. Den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu verglich er mit Hitler, der einen Völkermord an den Palästinensern begehe. Auch die israelische Regierung ließ sich die Worte des türkischen Staatschefs nicht weiter gefallen. Der israelische Außenminister nannte dagegen auf X Erdogan einen „antisemitischen Diktator“.
Verbaler Schlagabtausch zwischen türkischer und israelischer Regierung
„Erdogan, der in der Türkei und in der Region immer wieder Massaker an Kurden verübt hat, wirft Israel Völkermord im Gazastreifen vor. Wir sind nicht wie Sie. Wir kämpfen gegen die Hamas, Ihre Komplizen, die Sie in der Türkei beherbergen und die Sie ermöglichen, Massaker und Morde zu begehen. Sie sollten schweigen und sich schämen!“, schrieb der israelische Außenminister Israel Katz am 1. März auf X – auf Hebräisch und auch auf Türkisch.
Der Vater des getöteten Palästinensers hat gegenüber Hürriyet beteuert, dass die Tat keinen politischen Hintergrund habe. Er und seine Familie seien zwar Palästinenser, aber israelische Staatsbürger. Auch das wirft Fragen auf. Schließlich ist nichts über die Verantwortlichen für die Tat bekannt und der Vater kann nur Stunden nach dem Attentat ein politisches Motiv ausschließen.
Attentat zeigt Parallelen zum Fall Jamal Khashoggi
Der Fall zeigt Parallelen zum Fall des im saudischen Generalkonsulat in Istanbul ermordeten Journalisten Jamal Khashoggi. Kashoggi wurde dort 2019 von 15 aus Saudi-Arabien eingeflogenen Männer ermordet und anschließend in Säure aufgelöst. Die Saudis verließen unmittelbar nach ihrer Tat die Türkei. Ähnlich auch jetzt. Erste Quellen sprechen davon, dass auch in diesem Fall der oder die Täter das Land verlassen haben sollen. Die Regierung hält sich allerdings mit Details bislang bedeckt. Im Fall Kashoggi hatte Erdogan Aufklärung versprochen, doch sich dann später mit dem saudischen Kronprinzen Muhammad bin Salman geeinigt - offenbar gegen einen milliardenschweren Waffendeal. Die türkische Staatsanwaltschaft stellte anschließend die Ermittlungen in der Causa Kashoggi ein. (erpe)