Ehrenamtliche Retter berichten von Begegnungen mit Touristen: „Ihr seid ja sowieso da“
An schönen Tagen strömen Touristen und Tagesausflügler in die Region. Die ehrenamtlichen Retter von Bergwacht, Wasserwacht und DLRG sind dann besonders gefragt.
Bad Tölz – Die Landschaft mit den Bergen, Tälern und Seen lockt jedes Jahr Millionen von Touristen ins Tölzer Land. Dass die Attraktionen für Einheimische wie Besucher gleichermaßen sicher sind, ist dem Engagement der vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer zu verdanken. Am Montag veranstaltete der Tourismusverband Oberbayern-München zu dem Thema ein „Kamingespräch“ im Zentrum für Sicherheit und Ausbildung der Bergwacht-Stiftung in Bad Tölz. Geladen waren Vertreter von Bergwacht, Deutscher Alpenverein, Wasserwacht und weiteren Organisationen.
„Erholungsdruck in der Natur steigt“: Besucherströme sollen besser gelenkt werden
„Der Erholungsdruck in der Natur steigt an“, sagte Oswald Pehel, Geschäftsführer des Tourismusverbands Oberbayern-München. Daher stelle sich die Frage, wie sich die „größeren Nutzergruppen“ besser steuern lassen. Pehel brachte die digitale Besucherlenkung und die Sensibilisierung der Menschen ins Spiel. Der Tourismusverband plane dazu eine „Wertschätzungskampagne“, die 2025 an den Start gehen soll. Das Ehrenamt soll darin eine Rolle spielen.
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Die Bergretter „verbinden Begeisterung und Fachwissen mit der Hilfe für Menschen in Not“, erklärte Johannes Kunze-Fechner, stellvertretender Bereitschaftsleiter der Bergwacht Bad Tölz. Die Bergwacht besteche durch eine „super Kameradschaft. Man ist unter Gleichgesinnten“, sagte Kunze-Fechner. Die Ehrenamtlichen könnten ihr Fachwissen „für etwas gesellschaftlich Sinnvolles einsetzen“. Es gebe zudem unterschiedliche Möglichkeiten, sich zu spezialisieren und weiterzubilden. Das ehrenamtliche Engagement nehme aber auch viel Zeit in Anspruch. Ein Abend pro Woche sei für die Ausbildung vorgesehen. Dazu kommen laut Kunze-Fechner rund 15 Diensttage am Wochenende und zwischen 30 und 50 Einsätze im Jahr. „Da braucht man nebenher nicht mehr viele andere Hobbys.“
Bis 40 000 Besucher am Starnberger See: DLRG wünscht sich mehr „gesunden Menschenverstand“
Einen riesigen Ansturm muss der DLRG-Ortsverband Starnberg-Pöcking bewältigen. „An schönen Tagen kommen bis zu 40 000 Besucher“, sagte Vorstandsmitglied Sophie Hoffmann. „Wenn wir auf den See fahren, wissen wir nicht, was uns erwartet.“ Die Wertschätzung der Besucher für die ehrenamtliche Arbeit „erfahren wir durchaus“. Allerdings würde sie sich mehr Verständnis, „gesunden Menschenverstand“ und Respekt wünschen. Neben Beschimpfungen gebe es auch immer wieder Gaffer, die „Privatsphäre überhaupt nicht mehr respektieren“. Ein neues Phänomen seien außerdem Menschen, die nachts im Mondschein mit dem Stand-up-Paddle auf den See fahren. „Es gibt das Anspruchsdenken: Ihr seid ja sowieso da“, sagte Oliver Jauch von der Wasserwacht Starnberg.
Auch der Klimaschutz war in der Diskussion ein Thema. Es gehe darum, die Besucher „weg vom Auto zu alternativen Mobilitätsangeboten zu lenken“, forderte Pehel. Dabei gebe es auch das „Problem der letzten Meile“, ergänzte Manfred Zink, Vorsitzender der DAV-Sektion München, etwa wenn von einem Bahnhof bis zum Beginn des Aufstiegs mehrere Kilometer Fußmarsch zu bewältigen sind. Hier setze das Konzept der „Mitfahrerbankerl“ an. Wie berichtet sollen an frequentierten Wanderparkplätzen solche Bänke aufgestellt werden, an denen Ausflügler von vorbeifahrenden Autofahrern mitgenommen werden können.
Deutscher Alpenverein will Bewusstsein für Umwelt schärfen
Der DAV will bei den Besuchern das Bewusstsein für die Umwelt schärfen: „Ihr habt es mit der Natur zu tun, nicht mit einem Freizeitpark.“ Dazu gehöre auch, dass in den Bergen viele Gefahren lauern. „Wir wollen die Leute so ausbilden, dass sie die Bergwacht gar nicht erst brauchen“, sagte Zink. „Das beginnt schon in der Jugend.“
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Durch den Klimawandel verändert sich auch die Arbeit von Bergrettern und Wasserwacht, darin waren sich alle einig. „Die Anpassung daran muss viel dynamischer erfolgen“, forderte Johannes Kunze-Fechner von der Tölzer Bergwacht. „Im September gab es den ersten Lawineneinsatz. Im Dezember waren Leute mit der kurzen Hose in den Bergen.“ (vfi)