Warum das Post-Problem ganz Deutschland betrifft – und welche Rechte Sie haben

Man muss gar nicht lange suchen. Es reichen die Schlagworte "keine Post" und "Reddit", schon spuckt Google zahlreiche Beiträge aus. Darin beschweren sich Nutzer über Briefe und Pakete, die entweder gar nicht, kaputt oder viel zu spät bei ihnen angekommen sind.

"Hallo zusammen, Ist das normal, dass wir nur noch samstags Post zugestellt bekommen? Mo-Fr ist unser Briefkasten leer, Samstags kommt dann der gesammelte Batzen der Woche an", schreibt ein User.  

Ein anderer moniert: "Absurd ist es, wenn man dann am Dienstag vier Tageszeitungen, davon drei aus der vorherigen Woche, zusammen mit 'nem Packen Briefe in den Briefkasten gequetscht vorfindet." So mache ein Zeitungsabo keinen Sinn.

Probleme mit der Post sind kein Randphänomen mehr

Schon die Menge der Kommentare, allein im Netzwerk Reddit, zeigt: Post-Probleme sind kein Randphänomen mehr. Es gibt Beiträge, die mehrere Monate alt sind, andere stammen aus den vergangenen Tagen.

Auch FOCUS online hat mit Menschen gesprochen, die in der jüngsten Vergangenheit mit Zustellungsschwierigkeiten zu kämpfen hatten. Sie berichten von Problemen mit verschiedenen Dienstleistern wie Hermes, DPD und GLS. Der Großteil des Unmuts bezieht sich aber auf die Deutsche Post/DHL.

Fest steht: Wer unzufrieden mit dem Service der Zustelldienste ist, kann sich beim jeweiligen Unternehmen oder der Bundesnetzagentur beschweren. Offenbar ergreifen immer mehr Menschen diese Möglichkeit. Das zeigt eine Anfrage unserer Redaktion bei der Bundesbehörde. 

Demnach haben die Beanstandungen im ersten Halbjahr 2025 einen neuen Höchststand erreicht. Wie aus der schriftlichen Antwort hervorgeht, kam es zu knapp 23.000 Beschwerden über Postdienstleistungen - aus ganz Deutschland. Im gesamten Vorjahr waren es 44.406.

Neues Postgesetz: Langsamer, aber zuverlässiger?

60 Prozent der Meldungen betrafen den Briefbereich, 32 Prozent Pakete. "Häufigster Grund für Post-Eingaben waren mit 75 Prozent Probleme bei der Zustellung von Briefen und Paketen", ist im schriftlichen Statement der Bundesnetzagentur zu lesen. Mit 89 Prozent richteten sich 2024 die meisten Beschwerden gegen den Marktführer Deutsche Post/DHL. Genauso war es im ersten Halbjahr 2025.

Tatsächlich ist vor fast genau einem Jahr ein neues Postgesetz in Kraft getreten, konkret: das Gesetz zur Modernisierung des Postrechts. Briefe dürfen jetzt länger unterwegs sein. Vorher galt eine Zustellfrist von ein bis zwei Werktagen, seit dem 1. Januar 2025 sind es drei bis vier Werktage.

Die Deutsche Post hat jetzt also mehr Zeit, Schriftstücke an Verbraucher auszuliefern. Zuverlässiger scheint das Unternehmen mit 16,5 Prozent Staatsbeteiligung durch die Neuregelung jedoch nicht geworden zu sein. Zumindest, wenn man sich die zahlreichen Nutzerbeschwerden anschaut.

Verspätung kann für Verbraucher gravierende Folgen haben

Dabei ist die rechtzeitige Zustellung von Briefen und Paketen manchmal essentiell - zum Beispiel, wenn es um Post vom Steuerberater, Finanzamt, Verträge, Mahnungen oder andere, zeitnah zu bearbeitende Anliegen geht.

"Wenn Ihre Post- oder Paketlieferung nicht ankommt, sollten Sie zunächst beim Dienstleister nach dem Verbleib des Briefs oder Pakets fragen. Auch die Möglichkeit der eigenen Sendungsverfolgung bietet etwa bei Paketen Anhaltspunkte", sagt Markus Hagge, Referent für Verbraucherrecht bei der Verbraucherzentrale Niedersachsen, im Gespräch mit FOCUS online.

Geht eine Sendung - zum Beispiel ein Einschreiben, Wertbrief oder Paket - verloren, haftet ihm zufolge grundsätzlich der Post- oder Paketdienstleister. Doch es gibt Einschränkungen. Anbieter wie die Deutsche Post haben "in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) weitreichende Haftungsgrenzen eingefügt", so Hagge.

Die Verbraucherzentrale Niedersachsen sieht das kritisch. "Dass trotz dieser Haftungsgrenzen, die beispielsweise für Einschreiben der Deutschen Post regelmäßig bei 25 Euro liegen, mit einem sicheren Versand für wichtige Briefe geworben wird, halten wir für unzulässig und gehen deshalb auch gegen diese Art der Werbung vor", sagt er.

Bei Bestellungen von Unternehmen haben Verbraucher einen Vorteil

Klar ist auch, dass es zwei Arten von Post-Problemen gibt. Erste Möglichkeit: Ein Paket oder Brief, den man selbst verschickt hat, kommt nicht oder zu spät beim Empfänger an. Zweite Option: Man ist selbst der Empfänger und wartet auf eine Sendung, die sich verzögert oder ausbleibt.

Immer wieder passiert das beispielsweise bei Online-Bestellungen. Laut Hagge haben Betroffene aber keine schlechte Ausgangsposition. Trifft ein Paket nicht rechtzeitig ein, können sie der jeweiligen Firma eine "Nachfrist zur Lieferung" setzen. Zwei Wochen sollten ausreichen, meint der Jurist. 

Ein DHL-Zustellfahrzeug steht in Köln auf der Straße.
Ein DHL-Zustellfahrzeug steht in Köln auf der Straße. Das Symbolfoto stammt vom 31. Dezember 2021. IMAGO/Manngold

Er erklärt auch, dass das Unternehmen grundsätzlich weiter leisten muss - selbst wenn die Ware während der Zustellung durch den Paketdienstleister verloren gegangen ist. 

Ganz ähnlich beschreibt es Christian Solmecke von der Medienrechtskanzlei WBS Legal. Er betreut zahlreiche Online-Händler, Medienschaffende und Web-2.0-Plattformen.

Bei einem Kauf, zum Beispiel in einem Online-Shop, haftet der Händler für den Versand, sagt der Jurist zu FOCUS online. Er rät dazu, die Kommunikation mit dem Unternehmen für "eventuelle weitere rechtliche Schritte" zu dokumentieren. "Man kann auch vom Widerrufsrecht Gebrauch machen und eine Rückerstattung des Kaufpreises verlangen."

Beim Privatverkauf geht laut Solmecke das Versandrisiko mit Übergabe an das Versandunternehmen auf den Käufer über. Wichtig ist daher, den Verkäufer um alle Versandinformationen zu bitten. 

So kann der Betroffene, sollte eine Sendung nicht oder viel später als geplant ankommen, beim Versanddienstleister einen Nachforschungsantrag stellen. "Als offiziell verloren gilt eine Sendung übrigens nach 21 Tagen", erklärt Solmecke.

Wie Verbraucher der Post ein Fehlverhalten nachweisen können 

Wenn Briefe und Pakete verschwinden, ist es aus Sicht der Betroffenen oft schwer, der Deutschen Post/DHL ein Fehlverhalten nachzuweisen. "Dennoch gibt es Möglichkeiten, die eigene Position zu stärken. Am wichtigsten sind die Trackingdaten aus der Sendungsverfolgung", sagt der Jurist.

Sie gelten ihm zufolge als zentraler Nachweis. Immerhin lässt sich mit den Trackingdaten der genaue Weg einer Sendung nachvollziehen, genau wie etwaige Zustellungsversuche sowie Ort und Zeitpunkt der Zustellung. 

"Bei einer verspäteten oder falschen Zustellung können auch Fotos helfen, zum Beispiel wenn ein Paket beschädigt oder an einem unsicheren Ort abgelegt wurde", so Solmecke. "Auch schriftliche Bestätigungen des Absenders über den Versand sowie Aussagen von Zeugen, die die Zustellung beobachtet haben, können als Beweis dienen." Fehlen solche Belege, lassen sich nur schwer Ansprüche geltend machen. 

So reagiert die Deutsche Post/DHL auf die Vorwürfe

Die Deutsche Post/DHL weiß von den zahlreichen Nutzer-Beschwerden, die in Online-Foren auftauchen und bei der Bundesnetzagentur eingegangen sind. Und liefert jede Menge Erklärungen für die mutmaßlich unzuverlässigere Zustellung von Briefen und Paketen. 

Ein Sprecher des Unternehmens beruft sich auf das geänderte Postgesetz. "Wir stellen gewöhnlich am übernächsten Werktag zu. Das ist schneller als die gesetzliche Mindestvorgabe. Durch die längere Brieflaufzeit erreichen mehr Sendungen die Haushalte gebündelt", heißt es in einem schriftlichen Statement an FOCUS online. 

Diese Änderung sei wohl noch nicht zu allen Kunden durchgedrungen. Im Verhältnis zu den Milliarden Sendungen, die die Deutsche Post/DHL pro Jahr transportiert, sei die Anzahl der Negativmeldungen bei der Bundesnetzagentur außerdem sehr gering. 

"Auf eine Million beförderter Sendungen kommen ca. drei Beschwerden", erklärt der DHL-Group-Sprecher. Er teilt außerdem mit, dass es im ersten Halbjahr 2025 phasenweise zu Einschränkungen bei der Zustellung kam - durch Warnstreiks zu Jahresbeginn oder die Hitzewelle im Juni. 

Post gibt keine Zahlen zu verlorenen Sendungen heraus

"Wir befinden uns im deutschen Brief- und Paketgeschäft in einem tiefgreifenden Strukturwandel: Briefmengen nehmen ab und Paketmengen steigen. Das hat auch Auswirkungen auf unsere betriebliche Zustellorganisation", heißt es in der Stellungnahme. 

Die Mengen an Paketen würden teils stark schwanken. Das macht laut dem Sprecher eine "flexible Personaleinsatzplanung" nötig. "Als Dienstleister können wir nicht wie das produzierende Gewerbe 'auf Vorrat' produzieren und mehrere tausend Mitarbeiter dauerhaft als Reserve beschäftigen." 

Kämen beispielsweise ein hoher Krankenstand und hohe Mengen an Sendungen zusammen, könne es temporär zu regionalen Einschränkungen kommen. Der DHL-Group-Sprecher betont aber auch: "Die flächendeckende Versorgung bleibt davon unberührt: Wir stellen weiterhin mit hoher Zuverlässigkeit zu." Zahlen, wie viele Sendungen jährlich bei der Deutschen Post/DHL verloren gehen, gibt das Unternehmen nicht heraus.

Präventionsmaßnahmen gegen verlorene Post

Wer sich bestmöglich gegen den Verlust von Paketen oder wichtigen Briefen absichern will, kann letztlich einige Vorkehrungen treffen. Laut Anwalt Christian Solmecke ist als Absender eine "lückenlose Dokumentation" zentral. 

"Man sollte wichtige Inhalte immer als Einschreiben oder Paket mit Sendungsverfolgung verschicken. Den Einlieferungsbeleg sollte man gut aufbewahren, um den Versand nachweisen zu können. Bei wichtigen Dokumenten empfiehlt es sich, vorher Kopien oder digitale Sicherungen anzufertigen", sagt er.

Aber auch als Empfänger lassen sich einige Präventionsmaßnahmen treffen. "Man kann den Absender bitten, eine sichere Versandart zu wählen. Wenn man Abstellgenehmigungen erteilt, sollte man einen wirklich sicheren Ort definieren", erklärt Solmecke. "Bei einer verspäteten oder fehlenden Lieferung sollte man den Absender umgehend kontaktieren."