Ende Januar haben Gastronomiebetriebe bei einem Treffen ihrem Ärger gegenüber Politikern Luft gemacht. Ein Drittel der Betriebe könnte in diesem Jahr aufgeben, wenn nicht schnell Lösungen von der neuen Bundesregierung kommen. Die Forderungen sind klar: Weniger Bürokratie, sieben Prozent Mehrwertsteuer (statt 19 Prozent) auf alle Speisen und bessere Arbeitsbedingungen.
Am Rande des Treffens kamen im persönlichen Gespräch spannende Aspekte zur Sprache.
So erkennen Sterne-Gastronomen, ob ihre Gäste reich sind
So verriet, ein Gastronom, der gleich drei Sterne-Restaurants in München und Umgebung betreibt, wie er vermögende Gäste erkennt. Der 44-Jährige will anonym bleiben. „Es schreckt ab, wenn man von Problemen oder Sorgen in der Öffentlichkeit spricht“, so der Unternehmer.
Anders als vielleicht gedacht, kommen auch wohlhabende Gäste seltener ins Restaurant. „Früher besuchten unsere Stammgäste uns einmal pro Woche, jetzt kommen sie nur noch alle drei Wochen.“
Auf die Frage, woran er wohlhabende Gäste erkennt, antwortet der 44-Jährige: „Ganz einfach – sie verhalten sich unaufgeregt. Für sie zählen das Essen, das Erlebnis, der gute Service und ein passender Wein.“ Besondere Extrawünsche haben sie kaum. „Sie verlangen nichts Außergewöhnliches, kein Fleisch aus fernen Ländern.“
Für ihn selbst steht exzellenter Service an erster Stelle. „Gäste sollen sich wohlfühlen.“ Schließlich sehe ein Großteil den Restaurantbesuch als „besonderes Erlebnis“. Und dann gebe es eben auch Gäste, für die der Besuch auch ein „reines Schaulaufen“ sei.
Und weiter: „Menschen, die nur so tun, wohlhabend zu sein, erkennt man schnell.“ Sie erscheinen in Designerkleidung, fordern einen eigenen Hocker für ihre Luxustasche oder beschweren sich darüber, dass das Wasser „nicht spritzig“ genug ist. Das Mineralwasser kostet in seinem Lokal übrigens 6 Euro.
Am Ende hat das gut geschulte Personal mit ihnen mehr Arbeit – und bekommt oft nicht einmal zehn Euro Trinkgeld. „Natürlich sind zehn Euro viel Geld. Aber bei einer Rechnung von über 300 Euro ist das eher bescheiden.“ Wirklich vermögende Gäste hingegen achten nicht auf die genaue Summe. „Wenn alles passt, stecken meine Leute auch mal 100 oder 150 Euro Trinkgeld ein – pro Tisch.“
Der Unternehmer glaubt, dass Billigketten und Edelrestaurants die Krise bewältigen werden. „Alles, was dazwischen liegt, wird es schwer haben. Dafür ist der Konkurrenzkampf zu groß und die Leute kommen einfach nicht mehr so häufig ins Restaurant.“
Darum kriselt es auch bei den Sterne-Läden
Die Lage ist in der Gastronomie insgesamt dramatisch, wie Restaurant-Betreiber auch immer wieder gegenüber FOCUS online erzählen. „Was gerade in Deutschland passiert, macht mich unendlich traurig“, sagt Kemal Üres, erfolgreicher Gastronomieunternehmer aus Hamburg. Die drastischen Kostensteigerungen belasten die Branche so stark, dass selbst Spitzenköche kaum noch eine Zukunft sehen. „Ich bin Gastronom mit Herzblut, aber diese Krise macht mich depressiv.“
Doch was genau bringt Deutschlands Gastro-Elite an den Rand der Verzweiflung? „Die Mehrwertsteuer-Erhöhung hat uns zugesetzt. Mir fehlen knapp 20.000 Euro in der Kasse.“ Auch die Fixkosten seien deutlich gestiegen. „Wein, Bier, Energie, Personal, Pacht, Reparaturen und auch Equipment ist einfach teurer geworden“, sagt der Münchner Gastronom.
Besonders in der gehobenen Gastronomie zeigt sich der neue Spar-Trend dramatisch. Arne Anker, Betreiber des Fine-Dining-Restaurants „Brikz“ in Berlin, bestätigt bei dem Treffen der Branche die Umsatzeinbrüche. „Wir haben jeden Monat 70 Gäste weniger als noch 2021 – das sind rund 10.000 Euro Umsatzverlust!“
Und selbst diejenigen, die sich einen Abend für 140 Euro pro Person gönnen, sparen plötzlich an den falschen Stellen. „Früher wurde zum Menü eine hochwertige Weinbegleitung bestellt – heute trinken viele Gäste nur noch eine Flasche Wasser!“ so Anker.