„Bayern-Botschaft“ für Belgrad: Söder will Putin eindämmen – droht ein „Bumerang“ wie bei Orbán?

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Viele Vorgänge in Serbien beunruhigen Beobachter – doch der EU-Beitrittskandidat wird auch von Putin umworben. Markus Söders Kurs steht fest.

Belgrad/München – Politisch ist Serbien ein heikles Pflaster: Im Land gibt es große Sympathien für Russland – und die Parlamentswahl Ende 2023 schürte massive Kritik an Manipulationen. Der Wiener Wissenschaftler Vedran Dzihic warnte unlängst im Gespräch mit IPPEN.MEDIA vor „Mainstreamisierung rechtsnationalistischer Positionen“ und einem „autoritären Regierungsstil“ im Land. Nichtsdestotrotz ist Serbien EU-Beitrittskandidat.

Ministerpräsident Markus Söder (CSU) will nun beim Beitritt helfen und die Bande zwischen Bayern und Belgrad stärken; auch, aber nicht nur wirtschaftlich: Bei einem Besuch am Freitag (15. März) kündigte er „eine kleine Repräsentanz, eine kleine Bayern-Botschaft“ an. Einen gewichtigen Orden gab es zugleich vom umstrittenen serbischen Präsident Aleksandar Vucic. Söders Kalkül ist klar: Er will kein Einfallstor für Charmeoffensiven aus Russland oder China lassen. Doch dieser Kurs ist umstritten.

Söder will Russland und China eindämmen: Serbien ein „tief europäisches Land“

Söder war auf Einladung Vucics zu einem eintägigen Besuch in das Westbalkan-Land gereist. Der CSU-Chef sicherte Serbien die Unterstützung Bayerns auf dem Weg in die EU zu. „Es wäre ein großer Schaden für Europa, ich glaube auch für Serbien, wenn dieser Weg nicht beschritten wird“, sagte Söder. „Diese Familie garantiert Freiheit, Sicherheit, Stabilität und die Freiheit von Forschung“, sagte er mit Blick auf die EU.

Serbien indes sei ein „tief europäisches Land“, das nicht anderen Einflusssphären überlassen werden dürfe. Söder nannte ganz offen Russland und China als Beispiele. Beide Seiten hätten „Hausaufgaben“ zu machen, sagte er. Er sei aber nicht als Lehrer oder Schiedsrichter gekommen.

Markus Söder (li.) und Aleksandar Vucic am Freitag in Belgrad.
Markus Söder (li.) und Aleksandar Vucic am Freitag in Serbiens Hauptstadt Belgrad. © Michael Donhauser/picture-alliance/dpa

Serbien werden von der westlichen Wissenschaft erhebliche Demokratiedefizite attestiert. Der Versuch weiterer Anbindung ist dabei nicht der einzig denkbare Pfad: Dzihic sprach sich bei IPPEN.MEDIA für stärkere Kooperation der EU mit proeuropäischen Kräften in der Zivilgesellschaft aus. „Kompromisse mit Autokraten“, eine Art „Stabilokratie“ könne hingegen zum Bumerang werden – wie etwa der Fall Viktor Orbán in Ungarn gezeigt habe. Der Experte charakterisierte Vucic bei anderer Gelegenheit auch als „serbischen Nationalisten“.

Söder bekommt in Serbien Orden von Vucic

Neben geopolitischen Erwägungen dürfte es Söder auch um Bayerns Wirtschaft gehen. Nach Angaben Vucics arbeiten derzeit rund 25.000 Menschen in Serbien bei bayerischen Firmen. Er nannte die Autozulieferer Leoni und Brose sowie den Technologiekonzern Siemens als Beispiele. Söder betonte, die bayerische Wirtschaft sei bereit, weiter in Serbien zu investieren. Die 2027 in Belgrad stattfindende Weltausstellung Expo nannte er eine „Riesenmöglichkeit“.

Auch die wissenschaftliche Kooperation soll ausgebaut werden. Die Universität Belgrad und die Technische Hochschule Ingolstadt unterzeichneten am Freitag eine Kooperationsvereinbarung. Ziel sei, schon bald Wissenschaftler und Studierende auszutauschen, sagte der Präsident der TH Ingolstadt, Professor Walter Schober. Mit Söder waren auch Wissenschaftsminister Markus Blume, Staatskanzleichef Florian Herrmann und Bayerns „Außenminister“ Eric Beißwenger (alle CSU) nach Serbien gereist.

Vucic überreichte Söder als Zeichen der Anerkennung den Orden der Republik Serbien am Bande - eine der höchsten Auszeichnungen des Landes. Vucic, der einst Informationsminister unter dem serbischen Machthaber und später als Kriegsverbrecher angeklagten Slobodan Milosevic war, steht unter anderem wegen seiner Medienpolitik und seiner Nähe zur Politik Russlands auch international in der Kritik. (fn mit Material von dpa)

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