Schwere Vorwürfe nach Aus für „Forum Humor“: „Die Gemeinde hat uns ins Abseits gestellt“
Reinhard Wittmann, Vorsitzender des Vereins, spricht über den Konflikt mit Bernried
Im Streit haben die Gemeinde Bernried und der Verein „Forum Humor und komische Kunst“ ihre Zusammenarbeit zur Errichtung eines Gebäudes für den Humor auf dem Rathausplatz beendet. Dr. Reinhard G. Wittmann, unter anderem über zwei Jahrzehnte Leiter des Literaturhauses in München und mit besten Kontakten zu namhaften Künstlern sowie Vorsitzender des Vereins, äußert sich über die Gründe für die Entscheidung des Vereins, das Projekt aufzugeben, das mit maximal 5,68 Millionen Euro vom Bund gefördert worden wäre.
Zwei wollen das Gleiche, arbeiten zusammen und trotzdem scheitert das gemeinsame Projekt krachend. Wie kann das sein?
Der Gemeinderat mit dem Bürgermeister an der Spitze hat das nur als gemeinsames Projekt gesehen, bis er vom SPD-geführten Bundesbauministerium als Empfänger der Förderung bestimmt war. Dagegen konnten wir nichts machen, so sind die Regularien. Denn nur Kommunen können bei den „Nationalen Projekten des Städtebaus“ einen Antrag stellen. Als die Förderung genehmigt war, war es zu Ende mit der Gemeinsamkeit. Die Gemeinde bestimmte, wir durften nur dabei sein.
Herr Malterer und die Gemeinde werfen Ihnen vor, Sie hätten Absetzbewegungen bei Ihrem Verein bemerkt. War Bernried für Sie von Anfang an nur zweite Wahl?
Mit einer Förderung von 5,68 Millionen Euro für ein Forum Humor Bernried, für das wir das Konzept geliefert haben und die Gemeinde nur den Antrag stellen musste, war bei uns die Entscheidung klar für Bernried gefallen. Die Absetzbewegungen haben begonnen, nachdem die Gemeinde uns Schritt für Schritt rechtlich ins Abseits gestellt hat und wir nicht mehr als berechtigter Partner anerkannt wurden. Die Beweise dafür liegen vor: keine Kooperationsvereinbarung, keine rechtliche Einbindung bei Verträgen mit Architekt und Planern, keine Abstimmung bei Verhandlungen mit möglichen Geldgebern. Wir waren akzeptiert, um das Humorfestival durchzuführen und die Mittel aus Berlin zu akquirieren. Über das Projekt, das zu zwei Dritteln mit Geldern aus Berlin finanziert wird, will die Gemeinde aber ganz allein bestimmen.
Zum Vorwurf der Absetzbewegung würde auch passen, dass das Humorfestival heuer nicht mehr auf Bernried beschränkt blieb. War das der Anfang vom Ende?
Bernried war bis zum Ende des Jahres 2023 fest eingeplant. Nachdem wir beim Projekt eines Forums Humor kalt gestellt wurden, haben wir uns auch vom Humorfestival in Bernried verabschiedet, allerdings nicht von der Kooperation mit dem Buchheim Museum, das ja eine eigene, staatlich unterstützte Stiftung ist. Mit dem Buchheim-Museum werden wir heuer die Ausstellung „Karl Valentin und die Musik“ machen, sie wird von uns kuratiert.
Ein Gemeinderatsmitglied hat vermutet, dass sie schlicht kein Geld haben, um sich an dem Projekt zu beteiligen. Der Anteil des Vereins sollte etwa bei einer Million liegen. Stimmt das?
Erstens haben wir einen ganz wesentlichen Anteil an der Gewährung der Förderung in Höhe von 5,68 Millionen Euro. Der Name „Forum Humor“ steht im Bescheid aus Berlin. Das wurde und wird von den Gemeinderäten ignoriert. Zweitens hatten wir ein Finanzierungskonzept, das von der Gemeinde erst nicht bearbeitet, dann später abgelehnt wurde. Wir haben verschiedene Großspender, die eine Million Euro für den späteren Betrieb eines Forum Humor fest zugesagt hatten, und waren mit weiteren potenziellen Spendern im Gespräch. Dass mit unserem Rückzug die Förderung aus Berlin keine Basis mehr hat, wird von der Gemeinde ignoriert. Jetzt wird die Förderzusage vom Bürgermeister uminterpretiert, anstatt ehrlich zu sein und die Förderung zurückzugeben. Es sind aus unserer Sicht Steuergelder, die von der Gemeinde für ein anderes Vorhaben als ursprünglich beantragt verwendet werden sollen.
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Bürgermeister Malterer hat betont, dass er den Verein stets einbezogen hat. Sie verneinen das. Hat die Chemie zwischen Ihnen und Herrn Malterer nicht mehr gepasst?
Einbezogen ja, aber in was für einer Rolle? Als es um Verträge und Rechte ging, hatten wir nichts mehr zu sagen.
Gibt es noch die Chance, dass Sie sich auf ein Bier treffen, die Sache ausreden und noch einmal von vorne anfangen? Das wäre das Projekt doch wert.
Nein. Die Gemeinde verfolgt einen anderen Plan. Sie wollen das Geld aus der Berliner Förderung bekommen und damit das machen, was sie wollen. Wir dienten nur dazu, die Mittel überhaupt zu bekommen.
Wie schätzen Sie die Chancen ein, dass die Gemeinde ein anderes Kulturprojekt auf dem Areal überhaupt realisieren kann?
Die Förderung kommt aus dem Fonds „Nationale Projekte des Städtebaus“. Sie wurde an ein Projekt mit nationaler Bedeutung vergeben. Wie soll die Gemeinde Bernried diese nationale Bedeutung einer Kultureinrichtung erreichen? Wir dagegen haben Künstler in unserem Verein, die nationales Renommee haben: Gerhard Polt, Eckart von Hirschhausen, Bruno Jonas und viele weitere. Wir hätten es hingekriegt, aber eben auch nur zusammen mit einem fairen Partner.
„Der Ausstieg ist nicht nachvollziehbar“
In einer zweiten Erklärung geht die Gemeinde auf die von Reinhard Wittmann erhobenen Vorwürfe ein, wonach der Verein „Forum Humor und komische Kunst“ zu wenig in die Planungen für das Projekt „Forum Humor“ am Rathausplatz einbezogen worden sei. Der Vorwurf sei nicht „nachvollziehbar“. „Die oberste Zielvorgabe an die Planer war, die vom Verein vorgegebenen Ziele mit der höchsten Priorität zu berücksichtigen“, schreibt Bürgermeister Georg Malterer.
Die Gemeinde habe die Interessen des Vereins nicht nur berücksichtigt, sondern ihnen Priorität eingeräumt. Man habe zum Beispiel das von Wittmann vorgeschlagene Architekturbüro mit Vorplanungsleistungen beauftragt. Auch beim Betriebskonzept habe man auf die Zuarbeit und die Vorgaben von Wittmann gesetzt, diese seien aber nur unzureichend gewesen. Als Bauherrin und Empfängerin des Zuschusses habe die Gemeinde aber auch „eigene Zielvorgaben an die Planer“ definieren müssen.
„Zu der eigentlichen Motivation von Herrn Wittmann, aus dem Projekt auszusteigen, können wir nichts sagen und Spekulationen helfen auch nicht weiter. Wir möchten allerdings darauf hinweisen, das fortgesetzte ‚Absetzbewegungen‘ seit etwa März 2023 in Form von der Suche nach alternativen Kooperationspartnern oder anderen Standorten für ein Forum Humor nicht nur beim Bund als Fördergeber, sondern auch der Öffentlichkeit in Bernried aufgefallen sind, und bereits damals Fragen aufgeworfen haben, inwieweit eine Zusammenarbeit mit der Gemeinde ernsthaft gewünscht ist“, so die Erklärung.
Es sei für viele mit dem Projekt befassten Personen „unverständlich“, warum der Ausstieg damit begründet werde, dass die Gemeinde die Interessen des Vereins nicht berücksichtigt habe, so Malterer weiter.