"Eine gewollte Strategie" - Wie Trump den Konflikt inszeniert

In Los Angeles marschieren Soldaten auf. Nicht im Auslandseinsatz, sondern gegen die eigene Bevölkerung. Donald Trump hat die Nationalgarde geschickt, später sogar das US-Militär - angeblich, um gegen randalierende Demonstranten durchzugreifen. Doch die Lage war weit weniger dramatisch, als sie in konservativen Netzwerken dargestellt wurde: "Hier brannte mal ’ne Mülltonne, da ein Auto - in Paris ist das nach einem Champions-League-Finale normal", sagt Politikwissenschaftler Thomas Jäger von der Universität Köln sarkastisch. Der Einsatz schwer bewaffneter Truppen sei völlig unverhältnismäßig - und vor allem politisch motiviert.

Inszenierter Ausnahmezustand in Los Angeles

Für Trump sei Gewalt kein Problem, sondern Teil der Strategie, so Dominic Possoch vom Bayrischen Rundfunk. Nur durch den offenen Konflikt könne sich der Präsident als starker Mann inszenieren - als der Einzige, der für "Law and Order" sorgt. Demonstranten würden gezielt dämonisiert, der politische Gegner delegitimiert. ICE, die US-Einwanderungsbehörde, wird zunehmend zur innenpolitischen Waffe - viele vergleichen sie bereits mit einer modernen Gestapo.

Trump setzt Militär gegen die eigene Bevölkerung ein

Trump setzt auf Bilder, nicht auf Fakten. Die martialischen Aufmärsche in Los Angeles oder New York seien laut Politikwissenschaftler Philipp Adorf "eine gewollte Strategie", um Ängste zu schüren und Härte zu demonstrieren. Die Botschaft an demokratisch regierte Bundesstaaten sei klar: Wer sich Trumps Kurs widersetzt, muss mit Repression rechnen. Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom nennt das "die Fantasie eines gestörten Autokraten". Trump wiederum meint, es wäre "eine großartige Sache", Newsom zu verhaften.

Wohin führt dieser Weg?

Die Entwicklung sei gefährlich, aber nicht überraschend. Trump nutze Exekutivgewalt, blockiere parlamentarische Kontrolle und ignoriere Urteile. Institutionell sei die US-Demokratie zwar robuster als etwa die Weimarer Republik - aber der gesellschaftliche Kitt bröckelt, so Adorf: "Wir haben ein Problem der gesellschaftlichen Polarisierung und auch der Offenheit für politische Gewalt auf republikanischer Seite, und das ist etwas, was die amerikanische Demokratie noch für die vorhersehbare Zukunft maßgeblich beeinflussen wird."

Was bleibt von der US-Demokratie?

Noch gibt es Wahlen, noch gibt es Gegenbewegungen, noch ist Widerstand möglich. Doch selbst wenn die Demokraten bei den nächsten Wahlen beide Kammern gewinnen sollten, blieben Trumps Vetos wirksam. Die Gewaltenteilung funktioniert nur noch eingeschränkt. Hoffnung mache einzig, dass Trumps Macht auf ihn selbst zugeschnitten sei: "Wenn Trump mal weg ist, dann stürzt das Kartenhaus ein", so Possoch.

Was Trumps Kurs für Deutschland bedeutet

Was in den USA passiert, könne auch bei uns passieren, meint Politikwissenschaftler Adorf. Die Vorstellung, die Gesellschaft müsse erst zerstört werden, um sie neu zu ordnen - dieser sogenannte Akzelerationismus - finde auch in Teilen der deutschen Rechten Anklang. Schon die Stürmung des Bundestags 2020 war ein Vorzeichen.

Am Ende bleibt eine Frage: Wird sich die amerikanische Demokratie gegen ihren eigenen Präsidenten behaupten? Und - wie lange noch?

Das Video des BR24-Erklärformats Possoch klärt vom Bayerischen Rundfunk erschien am 19.06.25. Dieses und weitere Videos von Possoch klärt können Sie jederzeit kostenfrei in der ARD Mediathek ansehen. Mehr zum Thema gibt es bei BR24: "Trump höhlt US-Demokratie aus" – Experten warnen vor den Folgen.