Schwere Stunde nach Wahlen in Sachsen und Thüringen: FDP stürzt in die Bedeutungslosigkeit

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Den selbsterklärten „Fels in der Brandung“ hat es weggeschwemmt: Nach den Landtagswahlen wird die FDP weder in Sachsen noch in Thüringen im Landtag vertreten sein.

Dresden/Erfurt – Der thüringische FDP-Spitzenkandidat Thomas Kemmerich sonnte sich wenige Tage lang im Schein zweifelhaften Ruhmes, als er im Februar 2020 zum ersten Ministerpräsidenten wurde, der sich von der AfD an die Macht heben ließ. Die Bundespartei unter Christian Lindner drängte ihn damals im Angesicht großer Empörung zum Rücktritt. Selbst wenn Kemmerich wollte, wäre das dieses Mal keine Option, denn die FDP wird nach den gestrigen Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen in beiden Ländern zur außerparlamentarischen Opposition gehören. Der FDP-Landeschef ist „sehr enttäuscht“.

In Thüringen kommen die Liberalen laut dem vorläufigen amtlichen Endergebnis auf 1,1 Prozent, in Sachsen auf 0,9 Prozent. Zwar wird das Wahlergebnis im sächsischen Freistaat laut der Landeswahlleitung korrigiert, da es bei der Berechnung der Sitzverteilung zu einem Softwarefehler gekommen sei. Der FDP nutzt das jedoch nichts. „Die Ergebnisse in #Sachsen und #Thüringen schmerzen“, so ihr Bundesvorsitzender Lindner auf X (früher Twitter), doch „auch für die anderen Parteien des demokratischen Zentrums gibt es viel zu bedenken.“

Den selbsterklärten „Fels in der Brandung“ hat es weggeschwemmt: Nach den Landtagswahlen wird die FDP weder in Sachsen noch in Thüringen im Landtag vertreten sein. Bundesvorsitzenden Lindner „schmerzen“ die Ergebnisse. © IMAGO/Mike Schmidt/Chris Emil Janßen

Landtagswahlen im Osten: FDP verpasst in Sachsen und Thüringen den Einzug in den Landtag

Noch weniger Selbstreflexion zeigte Wolfgang Kubicki, der bereits gestern Abend die ersten Hochrechnungen auf X kommentierte, nachdem er sich gleichlautend gegenüber Bild geäußert hatte: „Das Wahlergebnis zeigt: Die Ampel hat ihre Legitimation verloren“, so der FDP-Bundesvize. „Die Menschen haben den Eindruck, diese Koalition schadet dem Land“, fuhr er fort und fügte an, dass die Ampel „definitiv der Freien Demokratischen Partei“ schade.

Der Wahlausgang in Sachsen und Thüringen war absehbar, für die FDP und alle Beobachter. In Sachsen waren die Liberalen bereits 2014 aus dem Landtag geflogen und hatten auch 2019 mit 4,5 Prozent keine Sitze erkämpfen können. Dennoch verloren sie nun im Vergleich zu dieser letzten Landtagswahl noch einmal über drei Viertel ihrer Wählerstimmen. In Thüringen war die FDP 2019 gerade so mit 5,01 Prozent in den Landtag eingezogen, bevor sie gestern um fast vier Fünftel abrutschte.

FDP gibt sich nach Wahlniederlage kämpferisch und sieht die Schuld bei der Ampel

„Im bürgerlichen Spektrum hat die FDP keine parlamentarische Bedeutung mehr“, erklärte der Politikwissenschaftler und Ostdeutschland-Experte Benjamin Höhne gegenüber der WirtschaftsWoche. Den Grund dafür lokalisieren die Berliner Spitzenleute der Liberalen jedoch nicht bei sich.

Wie Kubicki schob Generalsekretär Bijan Djir-Sarai die Schuld für das Landtagswahl-Debakel in Sachsen und Thüringen gegenüber der ARD auf die Koalitionspartner: „Die Ampel war eher belastend für die Wahlkämpfer vor Ort.“ Das Ergebnis sei „aber gleichzeitig ein vorübergehender Rückschlag und Ansporn zugleich“, so Djir-Sarai am Wahlabend.

Etwas anders klingt das aus dem Mund der sächsischen FDP-Bundestagsabgeordneten Ulrike Harzer aus dem Erzgebirge, die „auch sehr enttäuscht“ sei, wie sie Deutschlandfunk mitteilte, das Ergebnis aber für „erwartbar“ hielt. Sie erkannte an, dass Bundesthemen den „Landtagswahlkampf hier in Sachsen überlagert“ hätten. Andererseits glaube sie aber, dass die spezifische „Problematik des Ostens“ zukünftig „in der Ausrichtung“ ihrer Partei stärker berücksichtigt werden müsse. Nichtsdestoweniger habe „die Koalition uns zumindest hier vor Ort nicht weitergeholfen“, so Harzer weiter.

Sind die FDP-Landtagswahl-Ergebnisse ein Omen für die Bundestagswahl?

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert machte derweil die FDP verantwortlich für das schlechte Abschneiden aller Ampelparteien bei den Landtagswahlen in Ostdeutschland. Wie seine FDP-Kollegin Harzer verwies er auf den nachteiligen Effekt davon, dass Parteien wie das BSW die Bundespolitik zum Thema in Sachsen und Thüringen gemacht hatten.

„Viele Versprechen“ seien „noch nicht eingelöst“, so Kühnert am Montag bei Phoenix, weil die FDP „das Rentenpaket der Bundesregierung noch in einer Warteschleife hält“. SPD-Co-Vorsitzende Saskia Esken zeigte sich mit Blick auf den Bund im DLF hingegen „zuversichtlich, dass wir auch weiterhin zusammen gut arbeiten werden.“

Auch auf der nationalen Ebene könnte sich für die FDP allerdings nach der Bundestagswahl im kommenden Jahr einiges ändern. Der jüngste Sonntagstrend, den Bild am Sonntag bei dem Umfrage-Institut Insa in Auftrag gegeben hatte, sah die Liberalen deutschlandweit auf 4 Prozent rutschen. Das war noch vor den Landtagswahlen im Osten. Mit einem solchen Ergebnis im September 2025 würde Christian Lindner seine Partei in die außerparlamentarische Opposition führen.

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