„Panik“ in der Ampel nach den Ost-Wahlen: „Ich erwarte nichts Gutes“
Die Ampel-Koalition ist Verliererin der Wahlen in Thüringen und Sachsen. Experte Jürgen Falter rechnet mit Konsequenzen auch für die Bundespolitik.
Keine Frage: Der Abend der Ost-Landtagswahlen war ein düsterer für die Ampel. Das drastischste Bild fand einmal der CSU-Chef – und politische Kontrahent – Markus Söder: „Die Ampel ist eine rauchende Ruine im Osten“, sagte er im Radiosender Bayern2. Das mag überspitzt sein. Aber nach desaströsen Zahlen für die FDP, dem Landtags-Aus der Grünen in Thüringen und Verlusten für die SPD in beiden Ländern steht die Ampel-Koalition vor großen Fragen.
Nach Meinung des renommierten Politikwissenschaftlers Jürgen Falter wird das auch Konsequenzen für die Regierung in Berlin haben. „Ich erwarte für den Bund nichts Gutes als Ergebnis der Resultate in Thüringen und Sachsen“, sagte er IPPEN.MEDIA. Falter sieht nun alle drei Parteien unter Druck. Auswirkungen werde das „mit absoluter Sicherheit“ haben.
FDP in „latenter Panik“: Ampel nach Thüringen und Sachsen „weitgehend gelähmt“
„Die FDP ist ja bereits in einer latenten Panik, dass sie aufgrund ihrer Beteiligung in der Ampel bei der nächsten Bundestagswahl unter die 5-Prozent-Hürde geraten könnte“, erläuterte er. Die Signale aus Thüringen und Sachsen verstärkten diese Panik. Auch SPD und die Grünen seien „natürlich auch nicht beglückt“, fügte Falter hinzu. Alle drei Ampel-Partner würden nun wohl die gleichen Konsequenzen aus den Wahlergebnissen ableiten, meint er.

Gesucht sei „mehr Profil“ im ungleichen Bündnis von Kanzler Olaf Scholz (SPD). „Das wird den ampelinternen Konflikt noch mal verschärfen“, sagt Falter.
Der Mainzer Politologie-Professor hat nicht zuletzt die FDP im Fokus. Die Suche der Liberalen nach Profilierung werde „das Regieren noch schwieriger machen und noch mehr Konflikte nach sich ziehen, als wir das ohnehin schon erleben“. Falter fügte hinzu: „Das macht die Ampel zwar nicht regierungsunfähig, aber es lähmt sie doch weitgehend.“
Nach den Ergebnissen in Thüringen und Sachsen: Auch Merz‘ CDU hat Baustellen
Offene Fragen gibt es gleichwohl auch für die CDU. Parteichef Friedrich Merz habe sich zuletzt „sehr zurückgehalten“, was den Ukraine-Kurs seines Sachsen-Spitzenkandidaten Michael Kretschmer angehe, erläuterte Falter. Spätestens nach der Brandenburg-Wahl im September werde Merz nichts anderes übrig bleiben, „als wieder auch außenpolitisch einen klaren CDU-Kurs zu fahren, sonst kann er gleich die nächste Bundestagswahl aufgeben“.
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Die Ergebnisse dürften die Bundes-CDU aber auch davon ab beschäftigen. Die Partei habe „vergleichsweise wenig Profit“ aus den großen Verlusten der Regierungsparteien in Thüringen gezogen, sagte der Erfurter Politologe André Brodocz IPPEN.MEDIA. Er blickt kritisch auf den Kurs der CDU im Bundesland in den vergangenen Jahren – die Christdemokraten hatten dort unter anderem zwei Gesetze mit AfD-Stimmen verabschiedet und laut Brodocz eine „Zwischenrolle“ eingenommen. „Insgesamt muss die CDU wahrscheinlich für sich zu dem Ergebnis kommen, dass das in dieser Art und Weise vielleicht kein kluges Agieren war.“
Die akuteste Problemlage könnte aber die Suche der CDU nach Mehrheiten werden: In Thüringen etwa braucht es für eine Mehrheit ohne AfD BSW, SPD und Linke. Zu letzterer ist ein Unvereinbarkeitsbeschluss in Kraft. Ob der fallen soll – dazu äußerte sich Söder nicht eindeutig. Ziel müsse eine stabile Regierung sein, sagte er. Doch selbst die hätte Probleme: Wegen der Sperrminorität der AfD könnte die Brandmauer wackeln, wie Falter andeutete. Das würde wohl Schockwellen bis nach Berlin auslösen. (fn)