Dieser Dienstag war kein guter Tag für Sebastian Pufpaff und „TV total“: Nach vielen Wochen mit mehr als 14 Prozent Marktanteil war die ProSieben-Show erstmals wieder quotenmäßig nur einstellig unterwegs. Schuld war wohl die starke Konkurrenz: RTL hatte zur „3-Millionen-Euro-Woche“ von „Wer wird Millionär?“ aufgerufen, bei Sat.1 läuft sich seit Montag „Promi Big Brother“ warm. Gegen die TV-Alternativen sah Puffi überraschend alt aus.
Um das Quotentief schnellstmöglich zu überwinden, hat ProSieben „TV total“ einen zweifachen Mittwochs-Ableger verordnet. Das Besondere an „TV total Interaktiv“ sei, dass die Show diesmal eben interaktiv sei, freut sich der Sender im Pressetext. Und erklärt das sicherheitshalber noch einmal, dass die Sendung „zum Mitmachen für alle Zuschauer zu Hause und im Publikum“.
„Alles, was jetzt passiert, passiert quasi jetzt.“
Für jene, die das allein noch nicht aus dem Sessel schleudert, hat ProSieben aber auch weitere gute Gründe auf Lager: „TV total interaktiv“ hat Promis, hat Spiele. Bietet Lebenshilfe und „Gewinne, Geld, Gutscheine“. Und ist alleine damit, beteuert ProSieben, „geil“.
Vor allem aber: „‘TV total Interaktiv‘ ist live. Live. Live.“ Damit auch die Generation Streaming versteht, warum das so geil ist, erklärt Pufpaff diese Wahnsinns-Idee gleich zu Beginn noch einmal: „Wir sind live! Alles, was jetzt passiert, passiert quasi jetzt.“
Kurz darauf gibt es eine Live-Schalte zur „3-Millionen-Euro-Woche“ auf RTL. Da Jauchs Quiz aufgezeichnet wird, ist nicht ganz klar, ob Pufpaffs Definition von Live-Fernsehen jetzt noch gilt. Aber das ist Denken in ganz kleinen Karos. Für Pufpaff steht nach wenigen Minuten „TV total“-Zapping durch die übrigen Sender fest: „Wir sind die Geilsten hier.“
„TV total“ auf Speed
Eine Einstellung, die man als Teil der Generation Boomer nicht uneingeschränkt teilt. Dank TV-Mastern wie Rudi Carrell, Hans Rosenthal oder auch Thomas Gottschalk wissen wir: Das Live-Format ist die wahre Königsklasse im TV. Denn der Moderator muss jeden Schritt und jedes Wort geplant haben – und zugleich auf wirklich alles andere gefasst sein.
„TV total Interaktiv“ hingegen ist ein bisschen wie „TV total“ auf Speed. Ein Sendekonzept, bei dem sich die Werbepause wie Erholung anfühlt: Sebastian Pufpaff rast durch die Show, als wäre der leibhaftige Stefan Raab hinter ihm her. Spiel hier, Tusch da, Stargast dort. Wenn durchgehend etwas passiert, registriert das Publikum ja vielleicht das große Nichts auf dem Bildschirm gar nicht.
Wenn Roberto Blanco zum Spannungsfaktor wird
Auf der anderen Seite entstehen immer wieder unangenehme Längen. Etwa, wenn Pufpaff „Minecraft“ auf Twitch spielt. Oder wenn Puffi und Simon Gosejohann sich, verbal ferngesteuert von zwei Kandidaten, durch einen Parcours arbeiten. Das hatte man sich in der Planungsphase vermutlich sehr lustig vorgestellt. Aber „live“ ist nun einmal nicht planbar, da kann der Spannungsbogen schon mal flacher ausfallen. Doch dann kommt eben plötzlich Roberto Blanco vorbei und singt „Ein bisschen Spaß muss sein“. Womöglich hat er sogar live gesungen.
„Witze kann man nur aus dem Ärmel schütteln, wenn man sie vorher hineingesteckt hat“, wusste Rudi Carrell. Bei „TV total“ leistet Sebastian Pufpaff genau das: ein sauberes Abarbeiten gut vorbereiteter Pointen über die amüsanten Abgründe der TV-Welt. Für „TV total Interaktiv“ hingegen muss er zum Freischwimmer werden – und kann sich doch nur durch wildes Paddeln gerade so über Wasser halten. Hier ein paar Dinge ins Publikum geworfen, dort einen Massagesessel verschenkt, Spiel, Tusch, Schalte zum Stargast. Masse ist leider nicht Klasse. Wann kommt endlich wieder Werbung?
Das Sinnloseste hat sich Pufpaff für den Schluss aufgehoben: Die „Rutsche in die Schlotze“, erweist sich als genau das, was der Name verspricht. Wenn Menschen steil bergab in eine eher eklige Substanz sausen, ist das vom TV-Sessel aus für alle jenseits der Präpubertät nur so minderlustig. Kandidat C schlittert schon vor Beginn des Spiels in die Schlotze, weil sein Haken vorzeitig nachgibt. „Das ist live“, jubelt Pufpaff. Ja. Leider.