Stadträte sind fassungslos: So lang ist die Mängelliste im Pannen-Bad

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Manches ist aktuell „nicht ganz so prima“: Baustelle neues Hallenbad. © Stefanie Zipfer

Die Mängelliste des Dachauer Hallenbads ist schockierend lang. Aber die neuen Planer lassen sich nicht beirren. Die finanzielle Belastung für die Stadt ist ungewiss.

Dachau – Sebastian Neuhaus, Geschäftsführer des Büros Krieger Architekten und seit Anfang des Jahres Teil des neuen Planer- und Architektenteams für das Dachauer Hallenbad, hatte am Mittwoch im Werkausschuss eine schwierige Mission: Er sollte den Stadträten und der Öffentlichkeit einen Überblick über die vielen Planungs- und Ausführungsfehler des Bades geben, ohne dabei allzu sehr in die Tiefe zu gehen. Denn der verkorkste Bau wird, das ist bekannt, ein juristisches Nachspiel haben.

Welche Mängel daher nun auf die fehlerhafte Planung des früheren Architekten Wolfgang Gollwitzer und welche auf Pfusch am Bau durch die ausführenden Firmen zurückzuführen sind, sollte nicht so ganz deutlich werden. Oberbürgermeister Florian Hartmann umschrieb es so: „Natürlich sagen wir, was ein eindeutiger Mangel ist. Aber wir dürfen nicht ganz die Hosen runter lassen angesichts der Gerichtsverfahren, die da kommen!“

Passt da auch was nicht? Stadtwerkechef Robert Haimerl bei der Untersuchung.
Passt da auch was nicht? Stadtwerkechef Robert Haimerl bei der Untersuchung. © Stefanie Zipfer

Startblöcke sind an der falschen Seite montiert

Architekt Neuhaus mühte sich bei seinem Vortrag denn auch um diplomatische Formulierungen: Manches sei aktuell „nicht ganz so prima“, anderes auf der Baustelle „passt nicht so gut“ oder „funktioniert leider nicht“ und vieles habe er „so noch nie gesehen“. Doch Neuhaus konnte sich noch so mühen, die eklatanten Mängel auf der Hallenbad-Baustelle hübsch zu umschreiben. In der Sache lösten sie bei den Stadträten Staunen, Kopfschütteln und teils ob ihrer Absurdität sogar Lachen aus.

„Natürlich sagen wir, was ein eindeutiger Mangel ist. Aber wir dürfen nicht ganz die Hosen runter lassen angesichts der Gerichtsverfahren, die da kommen!“

Ein Kapitel in Neuhaus’ Vortrag „Weiterführung Hallenbad-Neubau: Status-Quo-Bericht“ etwa war den Startblöcken im Schwimmerbecken gewidmet. Nach den ursprünglichen Plänen sollten die Blöcke an dem Ende des Beckens aufgestellt werden, an dem sich auch der höhenverstellbare Hubboden befindet. Wäre dieser Hubboden in die Höhe gefahren, etwa für die Wassergymnastik, müsste der Bademeister jedes Mal die Blöcke entweder sperren oder ganz abmontieren. Denn, klar: Ein Hechtsprung in ein nur noch 1,20 Meter tiefes Becken kann zu Verletzungen führen. Neuhaus und seine Kollegen beschlossen daher, die Sprungblöcke ans andere Ende des Schwimmerbeckens zu versetzen – das ohne Hubboden eine konstante Tiefe von 1,80 Meter hat.

Firma verbaut Stoffe, die für ein Schwimmbad nicht geeignet sind

Eine wesentlich größere Maßnahme als das Versetzen der Startblöcke wird an der sogenannten Überkopfverglasung fällig. Die zuständige Baufirma hatte dort Werkstoffe verbaut, die die für ein Schwimmbad nicht geeignet. Diese müssen nun ausgetauscht werden. Die Firma müsse nun einen „Mangelbeseitigungsvorschlag“ machen, so Neuhaus.

Ein Mangel im Pannenbad: Bänke, an denen man sich nicht anlehnen kann

Ebenfalls unumgänglich ist eine Umplanung der sogenannten Wärmebänke, die entlang der gesamten Gebäudehülle gebaut wurden. Für die Badegäste sind die Bänke Neuhaus zufolge in ihrer jetzigen Form schlicht unbrauchbar: Wegen der Form des Gebäudes könnten sich die auf den Bänken sitzenden nämlich nicht nach hinten anlehnen, sondern säßen vielmehr nach vorne gebeugt. Zweitens aber machten die Bänke eine regelmäßige Wartung der Holzleimbinder, die direkt an den Bänken enden, nach den Worten des Architekten unmöglich. Sein Büro habe nun eine „ganz schöne Lösung“ erdacht, indem man den Bänken quasi eine Rückwand verpasst, die für die Ruhenden wie ein Sitzkissen wirke und für dem Badbetreiber ermögliche, an die darunter liegenden Leitungen und Installationen zu gelangen, ohne die ganze Bank abbauen zu müssen.

So geht‘s nicht: Noch den aktuellen Plänen müssten sich Behinderte in einem Raum umziehen, duschen und auf die Toilette gehen

Ebenfalls „eklatant“, wie Neuhaus es formulierte, ist das Estrich-Problem des Sportbeckenbodens. Der Estrich dort brauche eine Stärke von mindestens 35 Millimetern, verbaut worden seien 15 Millimeter. „So geht’s nicht“, meinte Neuhaus mit monotoner Stimme, die er auch nicht änderte, als er beschrieb, wie es nach den aktuellen Plänen um die Barrierefreiheit im Bad steht: Demnach müssten sich Behinderte in einem Raum umziehen, duschen und auf die Toilette gehen. Neuhaus’ Büro habe die Umkleide nun in einen eigenen Raum verlegt. „So funktioniert es jetzt.“

Mängel im Springerbecken, im Beckenumgangsbereich, an den Lüftungskanälen der Westfassade, am Fliesenbelag, im Rutschenlandebereich sowie der Personaltreppe im Gastrobereich

Angesichts der vielen Mängel, von denen sich zahlreiche weitere auch im geplanten Springerbecken, im Beckenumgangsbereich, an den Lüftungskanälen der Westfassade, am Fliesenbelag, im Rutschenlandebereich sowie der Personaltreppe im Gastrobereich fanden, wirkte es fast schon erleichternd, dass die Gebäudehülle die bisherigen Tests bestanden hat. Neuhaus erklärte, dass in diesem Bereich „unter Vorbehalt keine größeren Hiobsbotschaften zu erwarten sind“. Alle an der Hülle vorgefundenen Probleme seien „heilbar“.

Bad könnte im zweiten Quartal 2026 eröffnen

Was dieser „Heilungsprozess“ aber am Ende kosten wird, darüber konnte Neuhaus noch keine Angaben machen. Immerhin zum Zeitplan ließ sich er sich eine Angabe entlocken: Ab Frühjahr 2024 werde auf der Baustelle wieder gearbeitet, Ende 2024 solle die Gebäudehülle fertig sein. Im ersten Quartal 2026 solle dann das „Pre-Opening“ für die Mitarbeiter erfolgen, im zweiten Quartal 2026 sei das Bad dann bereit für die Eröffnung. Die lange Standzeit des Baus hat nach Worten des Architekten übrigens keine Auswirkungen auf die „Lebensdauer“ des Bads. Die beginne nach seiner Meinung erst mit der Inbetriebnahme.

OB Hartmann lobte die Ausführungen des neuen Bad-Architekten und fand es „gut, dass wir uns die Zeit genommen haben, alles genau anzuschauen und Lösungen zu finden“. Stadtrat Peter Gampenrieder (ÜB) dankte Neuhaus ebenfalls, gab sich aber auch „fassungslos über die Bären, die uns Ihr Vorgänger aufgebunden hat“. Man könne daher „bloß froh sein, dass die Probleme jetzt aufkommen und nicht nach Inbetriebnahme“!

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