Deutschlands Wirtschaft ächzt unter Formularen, Auflagen und Meldepflichten. Doch wie lässt sich der Regelwust abbauen? Diese Frage stand im Mittelpunkt eines Abends im Haus des Familienunternehmens am Pariser Platz in Berlin, zu dem FOCUS online, Business Punk und die Stiftung Familienunternehmen und Politik eingeladen hatten.
Anlass war die gemeinsame Serie „Das kann weg“, mit der die Partner regelmäßig Vorschläge für eine Entbürokratisierungsoffensive veröffentlichen. Ziel: unnötige Vorschriften abschaffen, Verwaltung vereinfachen, Freiräume für Unternehmen schaffen.

„Im November wird es im Kabinett eine Sitzung geben, auf der erstmals Regeln gestrichen werden sollen – nicht neue hinzukommen“, kündigte David Deißner, Geschäftsführer der Stiftung Familienunternehmen und Politik, an. Gemeinsam mit FOCUS online und Business Punk habe die Stiftung rund 80 Maßnahmen identifiziert, „mit denen sich Millionen einsparen ließen“. Doch die eigentliche Herausforderung beginne jetzt: „Die Veränderungen werden nicht jedem gefallen – aber ohne Mut zur Vereinfachung geht es nicht.“
Oliver Stock, Chefredakteur von Business Punk, betonte, dass das Thema einen Nerv getroffen habe: „Wir wollen den Staub vom Kronleuchter putzen – und zeigen, dass man sich als Unternehmer in diesem Land wieder wohlfühlen kann.“ Die Resonanz auf die Serie sei überwältigend, so Stock. „Wir hatten noch nie so viel Zuspruch von unseren Leserinnen und Lesern auf eine Serie.“

Auch Gisela Meister-Scheufelen, Mitglied im Normenkontrollrat Baden-Württemberg, stellte klar: „Die Low-hanging Fruits haben wir längst gepflückt. Jetzt müssen wir an die Strukturen ran.“ Die Überregulierung sei kein Verwaltungsfehler, sondern Ausdruck eines tiefsitzenden Misstrauens: „Der Staat vertraut seinen Bürgern zu wenig. Man kann nicht jedes Risiko durch Bürokratie absichern – wir brauchen wieder mehr Eigenverantwortung.“
Gleichzeitig warnte sie davor, Bürokratie grundsätzlich zu verteufeln. „Ohne Regeln drohen Willkür und Korruption – das hat schon Max Weber beschrieben“, sagte Meister-Scheufelen. „Aber wir haben das Maß verloren. Der Staat muss lernen, loszulassen.“

„Wir müssen das Vertrauen in den Staat zurückgewinnen“
Wie das gelingen soll, erläuterte Philipp Amthor (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung. Sein Ministerium ist federführend bei der neuen Modernisierungsagenda der Bundesregierung. „Wir müssen das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Staates zurückgewinnen“, sagte Amthor.
Die Agenda setze auf zwei Ebenen an: strukturelle Reformen und über zwei Dutzend konkrete Projekte. Dazu zählen die geplante 24-Stunden-Gründung, bei der Unternehmen künftig binnen eines Tages gegründet werden können, und die vollständige Digitalisierung der Kfz-Zulassung. Ziel sei es, Bürokratiekosten deutlich zu senken.
„Wir wollen einen bürgerzentrierten Staat schaffen“, so Amthor. „Dazu gehört auch der ‚Einmal-reicht‘-Grundsatz: Wenn Unternehmen oder Bürger ihre Daten einmal angegeben haben, sollen sie sie künftig nicht ständig wiederholen müssen.“
Amthor will FOCUS online Beweise liefern
Neu ist zudem: Amthor will künftig regelmäßig kurze Gastbeiträge für FOCUS online und Business Punk schreiben, in denen er berichtet, welches „Bürokratiemonster“ gerade beseitigt wurde und welche Maßnahmen der Modernisierungsagenda umgesetzt wurden. So sollen Bürger und Unternehmen direkt nachvollziehen können, wie die Entbürokratisierung vorankommt.
Doch ein Großteil der Hürden liege nicht in Berlin, sondern in Brüssel. Gisela Meister-Scheufelen erinnerte daran, dass „70 bis 80 Prozent der Bürokratie auf EU-Recht zurückgehen“. Amthor entgegnete: „Wenn wir in Brüssel von weniger Bürokratie sprechen, heißt es dort oft: Wir brauchen bessere Regulierung. Das zeigt, wie unterschiedlich die Denkmuster sind.“
Fazit
Mit der Serie „Das kann weg“ wollen FOCUS online, Business Punk und die Stiftung Familienunternehmen und Politik die Debatte über Entbürokratisierung weiter vorantreiben – mit dem Ziel, Ideen sichtbar zu machen, die Deutschland effizienter und unternehmerfreundlicher machen.
„Wir wollen zeigen, was weg kann – und was bleiben muss“, sagte Stock zum Abschluss. Eines wurde an diesem Abend deutlich: Der Wille zum Bürokratieabbau ist da – jetzt muss er nur noch den Weg durch die Verwaltung finden.