Multiple Weiblichkeit im Knast: Frauen stellen im Alten Gefängnis Freising aus

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„Mit den jungen Wilden“ wollte die Freisinger Künstlerin Denise Mankowski ausstellen. © Lehmann

Geballte Weiblichkeit ist noch bis Sonntag im Alten Gefängnis in Freising zu sehen. Vier Frauen stellen ihre Kunst aus. Die Werke sind sehenswert – auch und gerade für Männer.

Freising – Sie sind gefühlvoll und ausdrucksstark, hier provokant, dort zurückhaltend, mal bunt, mal düster. Eines eint die Bilder und Werke der Ausstellung, die noch bis Sonntag im Alten Gefängnis läuft: Sie strotzen nur so vor Weiblichkeit.

Schon der Titel provoziert. Also er könnte provozieren. Nämlich alle, die sich von Frauen, die ins Rampenlicht treten, eben provoziert fühlen wollen: „Frauen in der Kunst. Sind sie zu stark, bist du zu schwach“, ist das Ganze überschrieben.

Und tatsächlich geriet die eine oder der andere am Donnerstag vor so manch einem Kunstwerk an eine persönliche Grenze. Beispiel: In einem Raum befinden sich drei Skulpturen der Initiatorin der Ausstellung. Die Freisinger Künstlerin Denise Mankowski hat auf einem Tisch weibliche Brüste aus Ton, einen nackten weiblichen Körper und zwei Ton-Nachbildungen einer Vulva postiert. Daneben: Lebensmittelfarben. Die Menschen sind eingeladen, mit der Farbe Spuren auf den Skulpturen zu hinterlassen. „So wie eben jede Berührung Spuren hinterlässt“, erklärt Denise die Idee dahinter. Es ist sinnbildlich für die Ausstellung: Hier ist Kunst zu sehen, die berührt.

Melanie Königseder vor einem ihrer Bilder im Alten Gefängnis.
Sie malt schon ein Leben lang: Melanie Königseder. Dennoch ist es ihre erste Ausstellung. © Lehmann

Bilder voller Trauer

In einem anderen Raum zeigt Denise Mankowski Bilder, in denen sie ein einschneidendes Erlebnis verarbeitet: Es sind Bilder voller Trauer, voller Traurigkeit und melancholischer Schönheit. Was immer zu finden ist in ihren Werken: nackte Weiblichkeit.

„Ich bin Feministin, weil ich Männer liebe“, sagt sie. Sie wünscht sich Gleichberechtigung auf allen Ebenen. Davon würden alle gleichermaßen profitieren. Männer sollten ihre Wut endlich in andere Kanäle lenken können als in Aggressivität. „Der Mann darf schwach sein, der Mann darf zu Hause bei den Kindern bleiben, der Mann darf weinen.“ Und sie sagt: „Ich bin nicht das männerhassende Monster. Ich will mit meiner Kunst für ein neues Mindset sorgen.“ Auch dafür gibt die Ausstellung wichtige Impulse.

Bilder voller Humor

Weiblichkeit ganz anders liefert die Künstlerin Lena Hepting mit ihren Bildern. Da ist nichts düster oder traurig. Bunt und fröhlich kommen ihre Werke daher – und nicht minder tiefgründig, nicht weniger weiblich. Nur eben anders. Sie taucht ein in das Thema „Hate Speech“, jener Form der üblen Nachrede, der Frauen nicht nur in den sozialen Medien immer wieder ausgesetzt sind. Voller Humor widmet sie sich dem Thema im Graffiti-Stil. Dabei ist es ihr wichtig, mit ihrer Kunst die Welt „ein bisschen schöner zu machen“, gute Laune zu schaffen. Und das gelingt ihr zweifelsohne.

Lena Hepting vor einem ihrer Bilder.
Kritische Themen humorvoll beleuchtet: Das ist die Kunst von Lena Hepting. © LEHMANN

Bilder voller Kraft

Während Denise Mankowski und Lena Hepting ausstellungserprobt sind und mittlerweile wissen, was sie können und wie ihre Kunst auf die Menschen wirkt, fühlt sich eine Künstlerin unter all den Menschen, die ihre Werke sehen, „wie nackt auf der Straße“, wie sie es formuliert. Melanie Königseder malt schon ihr Leben lang. Erstmals geht sie an die Öffentlichkeit. Endlich, möchte man ihr sagen. Denn diese kraftvollen Werke weiter zu verstecken, wäre fahrlässig. Der Wald spielt eine große Rolle in ihrer Kunst. In Anlehnung an den Seelenwald, den jeder Mensch in sich trägt. Davon ist sie überzeugt. Wieso sie sich nackt fühlt? „Meine Bilder sind sehr persönlich.“ Nicht einmal ihre Familie kannte sie. „Jetzt sind die Würfel gefallen, es gibt kein zurück.“

Sarah Geißlers Werk im Alten Gefängnis
Werk ohne Künstlerin: Sarah Geißler war krankheitsbedingt verhindert. © Lehmann

Die vierte Protagonistin der Vernissage, Sarah Geißler, konnte am Donnerstag krankheitsbedingt nicht dabei sein. Ihre Mitstreiterinnen bedauerten das sehr. Aber auch die Gäste, die sich gerne mit ihr persönlich über ihre Kunst unterhalten hätten. Sie hat für ihre Werke die Überschrift „grotesk-phantastischer Surrealismus“ gewählt. Ihr Hauptwerk ist die Skulptur „house of humanity“, einer aus Holz und Moos nachgebauten Gebärmutter, „das Zentrum der Verbindung zu Mutter Erde“.

Die Vernissage eröffnet hatte Kulturreferentin Susanne Günther, die in ihren Worten ihren Lieblingsartikel aus dem Grundgesetz zitierte: „Artikel 3, Absatz 2: Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“ Musikalisch rundete Viktorija Kortmann die Ausstellung stimmgewaltig ab.

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