Ernstfall für Putins Truppen: Schweden-Panzer mischt die Front auf

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Stolz der Schweden und Schrecken der Russen: Der CV90-Schützenpanzer bringt Hoffnung in die Reihen der ukrainischen Verteidiger. © Jouni Porsanger/dpa

Einen Mix aus Schützenpanzern stellen die Ukrainer Russlands Invasionsarmee entgegen. Jetzt bauen sie selbst – ihr Modell: ein schwedischer Export.

Bachmut – Er stapft durch tiefen Schnee, er rasselt durch den Glutofen – und fühlt sich scheinbar überall zuhause: Das „Combat Vehicle 90“ lässt die Ukraine auf neue Schlagkraft beim Abwehrkampf gegen die Invasionstruppen von Wladimir Putin.

Der CV90 ist ein Schützenpanzer und gehörte zum Hilfspaket des baldigen Nato-Partners Schweden. Stockholm lieferte Anfang 2023 zunächst 51 CV90 an die ukrainische Armee, deren Besatzungen in Schweden fast drei Monate lang die Bedienung des Fahrzeugs für den Ukraine-Krieg trainierten. Im Juli 2023 erlebten sie erstmals mit dem Fahrzeug Kampfhandlungen.

Der von zwei Fahrern bediente Schützenpanzer mit seinen sechs Infanteristen heize Russlands Armee inzwischen gehörig ein, berichtete jüngst die Kyiv Post: Im Gegensatz zu Waffenlieferungen einiger westlicher Länder an die Ukraine, die teilweise veraltete Ausrüstung aus der Zeit des Kalten Krieges beinhalteten, gilt Schwedens CV9040C als ein spätes Modell der Spitzenklasse. Marktvariante des Fahrzeugs mit Rundumpanzerung, Laserschutz und verbesserter Klimaanlage – dieses Modell ist das speziell für Auslandseinsätze optimierte Fahrzeug der Baureihe.

Der Schwede in der Ukraine: treffsicher gegen Putins Panzer

Die Kyiv Post berief sich auf verschiedene Quellen, denen zufolge die 21. Separate motorisierte Infanteriebrigade der einzige ukrainische Verband mit CV90 sei. Das Fahrzeug sei im östlichen Bachmut- und nordöstlichen Kupjansk-Sektor auch an der Front. Bei Gefechten im Januar soll diese Brigade zusammen mit zwei anderen Kampfbrigaden die ukrainischen Verteidigungsanlagen gegen einen russischen Gegenstoß verteidigt und mehr als 40 russische Panzer sowie gepanzerte Mannschaftstransporter zerstört haben, als diese versuchten, über ein kilometerweites Schlachtfeld hinweg anzugreifen.

Acht weitere westliche Länder vertrauen inzwischen auf das schwedische Konstrukt. Neben den Schützenpanzern vom Typ Marder und Bradley ist der CV90 der dritte Typ eines Schützenpanzers westlicher Bauart, der an die Ukraine geliefert wird. Grundsätzlich ist der Schwede am ehesten mit dem deutschen Schützenpanzer Puma zu vergleichen. Allerdings fehlt dem deutschen Pro jegliche Kampferfahrung – und es gibt Zweifel an der Einsatztauglichkeit der deutschen Konstruktion.

Der Schwede im Glutofen: Zielsicher gegen die Taliban

Erstere hat das schwedische Modell bereits sammeln können – in norwegischen Diensten während der Operation „Harekate Yolo“ als erster größerer militärischer Operation im Norden Afghanistans zur Bekämpfung der aufständischen Taliban im Oktober und November 2007. Sie endete nach mehreren Wochen mit der Rückeroberung der erst kurz zuvor von den Taliban besetzten Gebieten im Norden durch alliierte Verbände aus afghanischen und Nato-Truppen. Dort soll die 30-Millimeter-Maschinenkanone einige Geschütze der Taliban ausgeschaltet haben.

Der CV90 ist ein rund 23 Tonnen schwere Schützenpanzer mit einer 40-Millimeter- beziehungsweise 30-Millimeter-Kanone sowie einem weiteren Maschinengewehr im Kaliber 7,62 Millimeter. Mithilfe des 550 PS starken Motors soll das Fahrzeug auf bis zu 70 km/h beschleunigen können. Mehr als 1.300 Fahrzeuge sind in der Nato sowie der Schweiz im Einsatz.

Die Entwicklung des Schützenpanzers begann zehn Jahre vor dem Puma, wohl auch daher scheint er das ausgereiftere Fahrzeug zu sein. Der CV90 hat 15 einsatzfähige Varianten im täglichen Einsatz in neun Armeen. Das beschert dem CV90 den Ruf, ein sehr effektives, robustes Kampffahrzeug mit einer sehr hohen Verfügbarkeit darzustellen; die Plattform ist schrittweise gereift. Produziert wird er vom britischen Rüstungskonzern BAE Systems, beziehungsweise seiner schwedischen Tochterfirma.

Der Schwede in der Zukunft: Die Ukraine baut ihn bald selbst

Jetzt sehen sich Wladimir Putins dem CV90 gegenüber. Laut Kyiv Post werden die Ukraine und Schweden die gemeinsame Produktion einer verbesserten Version des schwedischen CV90 in der Ukraine vorantreiben. Die aktuelle Version soll über eine verbesserte Geländeleistung und eine verstärkte mehrschichtige Panzerung verfügen.

Derzeit setzt die ukrainische Infanterie eine verwirrende Mischung aus Schützenpanzern ein, darunter minengeschützte Panzerwagen aus sechs Spenderstaaten, die kaum miteinander kompatibel sind, hochgepanzerte amerikanische „Humvee“ (High Mobility Multipurpose Wheeled Vehicle), Rad- und Ketten-Schützenpanzer aus Sowjetbeständen, leichte russische Schützenpanzer (MT-LB), amerikanische M113-Personentransporter sowie eine Flotte US-amerikanischer und deutscher Schützenpanzer, vergleichbar mit dem CV-90, aber weniger modern als dieser – beispielsweise der deutsche Marder.

„Diese Vereinbarung wird es ermöglichen, nicht nur eine einmalige Waffenübergabe durchzuführen, sondern auch eine umfassende Zusammenarbeit im Bereich der Verteidigungsindustrie zwischen Schweden und der Ukraine zu organisieren, insbesondere in Zukunft, um einen Teil der westlichen Rüstungsproduktion in der Ukraine zu verankern“, sagte Dmytro Klimenkow, der stellvertretende Verteidigungsminister der Ukraine. „Wir brauchen zweifelsohne mehr von ihnen“, betonte er mit Blick auf den Schützenpanzer. Der CV90 soll aufgrund seiner Konstruktion gut klarkommen mit dem schweren, matschigen Terrain in der Ukraine – eine der Disziplinen, die er den anderen westlichen Konkurrenten voraushaben könnte.

Als Norwegen Schützenpanzer kaufen wollte, stand neben dem CV90 der britische Bradley zur Disposition. Die Tatsache, dass der CV90 speziell für die besonderen Anforderungen der skandinavischen Landschaft mit ihren Fjorden, Bergen und Hügeln ausgelegt ist, bescherte ihm einen klaren Vorteil. Ungeachtet der Tatsache, dass der Bradley im Panzerkampf klare Vorteile an den Tag legte, gewann der CV90 den Wettbewerb schließlich: Der Bradley hatte mit großen Problemen zu kämpfen, als es galt, durch 50 Zentimeter tiefen Schnee zu gelangen – was für das norwegische Militär inakzeptabel war.

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