So viele Stechmücken wie noch nie - Wirtin will Lokal schließen - „so schlimm war es noch nie“

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Die Stechmücke plagt nach dem Hochwasser aktuell wieder viele Landkreisbewohner. © Patrick Pleul

Flut und Dauerregen haben optimale Bedingen für Stechmücken hinterlassen. Allerorten schießt die Population der Blutsauger ins Unermessliche. Besonders schlimm trifft es manche Wirte. Heiß diskutiert werden Bekämpfungsmethoden.

Landkreis Fürstenfeldbruck - Neben den „normalen“ Stechmücken ist es vor allem die Flutmücke, die sich infolge des Hochwassers extrem vermehren konnte. Anti-Mückenmittel sind in den besonders stark betroffenen Gebieten nur noch schwer zu erhalten. Laut Petri Apotheke Olching seien die Lieferengpässe noch nie so extrem gewesen: „Es kommt zwar immer mal Ware nach, aber es schwankt aktuell bei allen Lieferanten.“ 

In Esting befindet sich die Gaststätte Amperlust direkt am namensgebenden Fluss. Laut Inhaberin Remzija Dzinic überlege man sogar zu schließen, solange die Lage sich nicht verändert: „Wir kennen das Problem, aber so schlimm war es noch nie. Wir haben fast überhaupt keine Gäste mehr. Nur ein paar Tapfere, die es versuchen.“

Bei ihr mache der Biergarten fast das gesamte Sommergeschäft aus, entsprechend schlecht sei die Situation. „Letzte Woche war schlimm, diese noch schlimmer. Wir müssen überlegen, ob wir vorübergehend zu machen“, sagt Wirtin Remzija Dzinic. Mückenspiralen und für die Gäste bereitgestelltes Spray reichen nicht aus, um die Plagegeister effektiv zu vergrämen.

Im Graßlfinger Moos setzt man auf die gleichen Mittel. Mit Erfolg, zumindest bis acht Uhr abends. „Ab da wird’s schwierig“, erzählt Ivonne Sirtl vom Haderecker. Umsatzeinbußen habe man auch hier, aber das sei neben den Mücken auch dem Wetter geschuldet, es sei einfach kein schöner Biergartensommer. 

Wirtsfamilie stellt Spray

Allerdings gibt es lokale Unterschiede. Beim Lokal Dampfschiff in Grafrath scheint man das Schlimmste überwunden zu haben: Laut Richard Braun war es eine Zeit lang unangenehm, aber mittlerweile ist es tagsüber „wieder sauber besser“. Nertila Dervishi vom Restaurant Emmeringer berichtet von lediglich zwei, drei wirklich schlimmen Tagen. „Die Gäste kommen trotzdem, auch wenn es weniger sind und es sich mehr nach drinnen verlagert.“

Abhilfe könnte das biologische Mückenbekämpfungsmittel BTI schaffen. Dabei handelt es sich um ein Protein, das auf Mückenlarven toxisch wirkt. Es gilt als vergleichsweise unschädlich. In Olching setzt man seit dem Hochwasser von 1999 darauf. Auch jetzt. Grafraths Bürgermeister Markus Kennerknecht winkt ab. Man habe nicht die Voraussetzungen für einen punktgenauen Einsatz: „Als Kommune können wir keine Abhilfe schaffen.“ Kottgeiserings Gemeindeoberhaupt Andreas Folger lehnt die Verwendung ebenfalls ab. „Wir wollen alle ein bisschen länger auf der Terrasse sitzen bleiben, aber danach geht es nicht. Wir stehen das so durch.“ Auch Türkenfelds Bürgermeister Emanuel Staffler verzichtet auf den Einsatz von BTI, obwohl die Lage herausfordernd sei.    

Laut Eugenie Scherb vom Bund Naturschutz (BN) eine gute Entscheidung, denn BTI wirke nicht so zielgenau, wie die Produzenten behaupten: „Viele Insekten, die ein Wasserentwicklungsstadium haben, sind betroffen.“ Unter den Mücken seien nicht nur die lästigen Stechmücken betroffen.

Gitter oder Spinnen sind eine Lösung

Zudem erfüllen auch die eine Funktion, als wichtige Nahrungsquelle für Vögel, Fledermäuse und Amphibien. „Den Schaden durch BTI kann man sich gar nicht vorstellen“, erklärt sie. Das Mittel darf daher nicht in Biotopen verwendet werden. „Auch in Olching macht der Einsatz deshalb keinen Sinn, weil er nur in bestimmten Bereichen erfolgt.“

Besser seien CO₂-Fallen. Für Häuser empfiehlt Scherb Mückengitter als mechanische Abwehr und „eine Lösung, die nicht gern gehört wird: Wer Spinnen hat, hat keine Mücken“. Im Außenbereich sei es wichtig, Wasserbehälter zu verschließen oder regelmäßig zu leeren, weil die den Mücken als Brutstätte dienen. Experten raten für Garten und Balkon auch zu stark duftenden Pflanzen wie Lavendel, Rosmarin und Basilikum. Manche davon wirken gleich doppelt: Auch Schnecken mögen viele Duftpflanzen nicht. Laut Ariane Zuber vom BN Gröbenzell die nächste Plage, die kommt.

Apotheker rät: Duschen und kein Bier trinken

Natürliche Duftstoffe gibt es auch in Mückensprays, weiß Benedikt Strasdat von der Rasso-Apotheke in Grafrath. „Natürliche Mückenschutzmittel enthalten meist Citronellöl, Nelkenöl, Lavendelöl und Eukalyptus“, sagt der Apotheker. Die Sprays mit ätherischen Ölen würden ebenso gut helfen wie chemische Mittel. Aber: „Ihre Wirkdauer ist deutlich reduzierter.“ Am besten würden laut Strasdat Mückensprays mit den Inhaltsstoffen DEET (Diethyltoluamid) oder Icaridin schützen - jedoch nicht für Kinder unter zwei Jahren.

Zur Prävention rät er: „Mücken mögen Schweiß.“ Eine ruhige Nacht sollte man deshalb am besten frisch geduscht genießen. „Knoblauch essen bringt übrigens leider nichts“, sagt Strasdat. „Und Achtung, liebe Bayern, angeblich soll der Geruch von Bier Mücken anlocken.“ Bewiesen sei das zwar nicht eindeutig, trotzdem scheint es einen Zusammenhang zwischen Alkohol und Anzahl der Stiche zu geben.

von Patrick Tietz und Lisa Fischer

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