Kämpferischer Hubert Aiwanger sagt: „Ohne Bauern gibt es keine Zukunft“
Hoher Besuch im Festzelt in Rott: Als Festredner beim BDM-Milchbauernabend hielt Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger ein flammendes Plädoyer für eine Besserstellung der Landwirtschaft. Dabei sparte er nicht mit seinen gewohnt scharfen Tönen.
Rott – Der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) feierte mit dem politischen Abend im Rahmen der Rotter Festwoche das 20-jährige Jubiläum des BDM-Kreisteams Landsberg, wobei der Begriff „feiern“ weder in der Einladung, noch bei Aiwanger, beim BDM-Landesvorsitzenden Manfred Gilch oder dem Ehrenvorsitzenden Romuald Schaber auftauchte. Denn trotz gestiegener Milchpreise ist den Rednern zufolge die Lage für die Betriebe noch immer alles andere als auskömmlich.
Jedes Jahr geben Milchbauern auf
Die Folge: In Bayern – mit einer Produktionsmenge von acht Milliarden Kilo das laut Gilch „größte Milchland in Deutschland und Europa“ – gehe das Höfesterben ungebremst weiter. Derzeit gebe es noch 22 000 Milchbauern im Freistaat, jedes Jahr gäben aber vier bis fünf Prozent auf. „Alle zehn bis zwölf Jahre halbiert sich die Zahl der Milchbauern.“
Zu viel Bürokratie und Bevormundung
Gilch unterstrich die Forderung des BDM nach einem neuen Vermarktungssystem, bei dem Angebot und Nachfrage genauer abgestimmt werden und die Bauern Einfluss auf den Preis haben, statt „Restgeldempfänger“ zu sein. Die aktuellen Milchpreise von 50 bis 54 Cent pro Liter seien zwar kos㈠tendeckend, doch Gewinne würden sie nicht abwerfen. „Deshalb haben unsere Jungen keine Lust mehr.“ Von Aiwanger forderte der BDM-Landesvorstand, die schwache Marktstellung der Bauern als Thema „nach vorne zu bringen“.

Der stellvertretende Bayerische Ministerpräsident und Wirtschaftsminister täte seinen Worten zufolge nichts lieber als das: „Wer für dieses Land eintreten will, muss in erster Linie für den Erhalt der Bauern eintreten“, warb Aiwanger. Denn sie würden Ernährungssicherheit und damit Stabilität gewährleisten. „Die Bauern sind systemrelevant.“
Bis zu 100-Stunden-Wochen
In der Praxis jedoch würden die Betriebe drangsaliert von zu viel Bürokratie mit teils unsinnigen Vorgaben, von übermächtigen Molkerei-, Schlachthof- und Supermarktketten, von „sogenannten Tierschützern“ und von „ständigen Bevormundungsversuchen aus linken, städtischen Kreisen, die selber nicht artgerecht aufgewachsen sind“.
Es dürfe nicht seien, dass Landwirte oft selbst „mit einer 100-Stunden-Woche“ ihre Familien nicht ernähren könnten. Vom Mindestlohn seien die Bauern weit entfernt. Aiwanger forderte, die Agrardieselrückerstattung auf die gesamte Mineralölsteuer auszudehnen und Biosprit steuerfrei zu machen. Und schlug dann den Bogen zu Biogasanlagen und der Forderung nach einer Nachfolgeregelung für diejenigen der 2700 bayerischen Anlagen, für die bald die Förderung ausläuft.
Wald stärker bewirtschaften
Auch eine Verarbeitung von Erdgas in den Anlagen solle möglich werden, sofern die entsprechenden Leitungen vorhanden seien, wünscht sich Aiwanger. Auch sei er „nicht grundsätzlich“ gegen Freiflächen- und Agri-PV-Anlagen. Auch nicht gegen Windkraftanlagen an geeigneten Standorten. „Waldbesitzer verdienen damit ein ganz ordentliches Zubrot.“
Apropos Wald – insgesamt müsse der stärker bewirtschaftet werden, statt noch mehr Wälder stillzulegen, forderte der Freie-Wähler-Chef. Durch Holzverarbeitung werde CO2 gespeichert, durch Brennholz Heizöl ersetzt. Deshalb, so Aiwanger, kämpfe er dafür, dass bei Neubauten auch Holzöfen als nachhaltige Heizung gelten.
Agrarpolitik sollte mehr auf den BDM hören
Und was nun die Milchbauern betrifft, so wünscht sich Aiwanger, dass die Agrarpolitik allgemein „mehr auf den BDM hört“ und die Wertschöpfungskette stabilisiert. Die „Zersplitterung“ innerhalb der Milchbauernschaft sei allerdings nicht hilfreich. Dass das Durchschnittsalter der Landwirte in Bayern bei 57 Jahren liege, müsse für die Politik ein Warnzeichen sein. Denn: „Ohne Bauern gibt es keine Zukunft“, schloss Aiwanger.