Um die zwei zentralen Veranstaltungsplätze gegen Amokfahrten zu schützen, hat die Stadt Miesbach in nicht öffentlicher Sitzung die Sicherung durch versenkbare Poller und Leitplanken beschlossen. Dabei ist die Sicherheit der Bürger nicht das einzige Motiv für diese Maßnahme.
Leitplanken an der Waitzinger Wiese, versenkbare Poller an den Hauptzufahrten zum Marktplatz: Die Stadt Miesbach setzt in einer Hauruck-Aktion zwei Sicherheitsmaßnahmen durch und verzichtet dabei auf die per Gesetz vorgegeben öffentliche Diskussion im Stadtrat. Stattdessen wurden die Beschlüsse nicht öffentlich gefasst.
Aus Sicht von Bürgermeister Gerhard Braunmiller (CSU) hat die Stadt alles richtig gemacht. „Wir haben das so mit den Fraktionssprechern abgeklärt, weil wir eine nicht öffentliche Vorberatung wollten“, erklärt er auf Nachfrage unserer Zeitung. „Dazu sind wir als Gremium in der Lage. Wir haben alles richtig gemacht.“
Was in den Vorschriften so nicht zu finden ist. In Artikel 52 Gemeindeordnung heißt es in Absatz 2, dass Sitzungen öffentlich sind, „soweit nicht Rücksichten auf das Wohl der Allgemeinheit oder auf berechtigte Ansprüche einzelner entgegenstehen“. Braunmiller verweist indes darauf, dass man zudem per Pressemitteilung darüber informiert habe. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass dies erst auf Nachfrage unserer Zeitung am dritten Arbeitstag nach besagter Sitzung erfolgte.
In der Sache habe man eine große Mehrheit erzielt. Lediglich ein oder zwei Stimmen habe es gegen die Maßnahmen gegeben. Die per Hand bedienbaren versenkbaren Poller seien – anders als die ferngesteuerte Variante – sogar etwas günstiger als mobile Lösungen, die aber jede Woche auf- und abgebaut sowie gelagert werden müssten.
Aus Sicht der Verwaltung sei die Situation am Marktplatz schon lange problematisch. So kommt es laut Braunmiller an Markttagen immer wieder vor, dass Besucher mit dem Auto aufs Gelände fahren, „um einen Sack Kartoffeln einzuladen“. Dabei entstünden beim Rangieren leicht gefährliche Situationen. Poller an Lebzelterberg, Fraunhoferstraße, Marktplatzzufahrt und Marktwinkl sollen Abhilfe schaffen. Für die übrigen Kleinzufahrten suche man noch Lösungen.
„Soll das jetzt jede kleine Stadt so machen?“
Nachdem das Sicherheitspaket nicht öffentlich beschlossen wurde, hat sich unsere Zeitung im Miesbacher Stadtrat für ein Stimmungsbild umgehört.
„Eigentlich waren alle der Meinung, dass man was tun muss“, berichtet Paul Fertl (SPD). Angesichts des Schreibens aus dem Innenministerium müsse man tun, was man kann. Der Stadtrat habe das nicht öffentlich beraten, „um keinen Alarmismus hervorzurufen und um keine Ängste zu schüren“. Probleme für die Nahwärme sehe er keine: „Der Abstand zwischen den Pollern sollte reichen, um die Leitungen zu verlegen.“
Manfred Burger (Grüne) sieht es ähnlich: „Wir wollten das Thema Sicherheit nicht in der vollen Breite öffentlich besprechen.“ Wobei dies umstritten gewesen sei. Die Maßnahmen seien angebracht, „weil sich die Welt verändert hat. Und Sicherheit kostet Geld. Damit, wenn etwas passiert, niemand sagen kann, wir hätten nichts gemacht.“ Auch könne der Marktplatz nicht so lange ungesichert bleiben, bis die Nahwärme umgesetzt ist.
Bei der Freien Liste regt sich dagegen Kritik. „Ich hätte es gerne öffentlich diskutiert“, sagt Markus Seemüller. Aber er habe nicht wieder der sein wollen, der es anders sieht. Das Vorhaben sei absolut übertrieben. „Es gibt eine Sicherheit vor, die nicht vorhanden ist.“ Dagegen verstehe er, dass die Haftungssituation ein Thema sei. „Dafür habe ich Lösungswege aufgezeigt, aber die haben nicht interessiert.“ Dass die Poller das Nahwärmeprojekt nicht tangieren, kann sich Seemüller nicht vorstellen: „Ich fürchte, dass der Investor bestimmte Dinge auf eigene Kosten wiederherstellen muss.“ Und dieses Geld sei nicht Teil der vorliegenden Kalkulation.
Verkehrsreferent Florian Ruml (FL) kann die Abwägung aber verstehen, jetzt Poller zu setzen: „Zwei Jahre warten und in der Zeit passiert etwas – das wäre schwierig.“ Zudem sei es der Plan, die Poller so zu setzen, damit deren Fundamente nicht entfernt werden müssen.
Michael Lechner (FL) hält die Maßnahmen dennoch für übertrieben: „Nur auf ein Schreiben hin handelt Miesbach in vorauseilendem Gehorsam.“ Die Kosten von 30 000 Euro für Leitplanken (Waitzinger Wiese) und 128 000 Euro für Poller (Marktplatz) seien überzogen. „Soll das jetzt jede kleine Stadt so machen? Das Thema hätte auf jeden Fall eine öffentliche Diskussion verdient.“
Mit Blick darauf, dass im Zuge des geplanten Nahwärmeanschlusses der Marktplatz eh aufgerissen wird, geht Braunmiller nicht davon aus, dass die Pollerfundamente im Weg liegen könnten. „Die Poller sind mit wenig Aufwand versetzbar“, sagt der Bürgermeister. Die Nahwärme komme erst 2028, und darauf zu warten sei keine Lösung. „Die Sicherheit ist jetzt Thema.“ Die Verwaltung arbeite schon seit Monaten daran. „Es ist eine Maßnahme für das allgemeine Sicherheitsgefühl der Bürger.“
Aber es geht auch um das Haftungsrisiko der Stadt und der verantwortlichen Mitarbeiter. „Wir genehmigen Sicherheitskonzepte für Veranstaltungen, führen mit dem Kulinarischen Abend und dem 1000-Lichterglanz aber auch eigene durch“, sagt Braunmiller. Mit den Vorkehrungen habe die Stadt ihre Aufgabe erledigt.