„Es ist schmerzhaft“: Iranerin blickt resigniert auf Lage in ihrer Heimat
Zwölf Tage hat der Krieg zwischen Israel und Iran angedauert. Für Shabnam Hellmuth aus Polling waren es Tage der Hoffnung. Die Iranerin hatte sich immer gewünscht, ihr Heimatland einmal in Freiheit zu sehen. Nun bleibt die Resignation.
Polling – Wenn Shabnam Hellmuth über den Iran spricht, schießen ihr viele Gedanken gleichzeitig durch den Kopf. Sie denkt an die Menschen, die seit 46 Jahren unter dem Mullah-Regime leiden, an ihre eigene Familie, die in diesem Land aufgewachsen ist, und an die Momente, in denen es so aussah, als würde die Unterdrückung durch die Machthaber endlich Risse bekommen. „Diese Momente gab es immer wieder“, sagt Hellmuth.
Die Iranerin ist mit ihrer Familie nach Deutschland gekommen, als sie neun Jahre alt war. Heute lebt sie mit ihrem Mann, den beiden Töchtern und ihrer Mutter in Polling. Weit weg von der iranischen Regierung in Teheran, die Menschen foltern und hinrichten lässt, Frauen unterdrückt und Demonstrationen niederschlägt. Trotz der Entfernung verfolgt Hellmuth täglich, was im Iran passiert. In der Hoffnung, irgendwann einen Riss im Regime zu entdecken.
Iranerin aus Polling blickt resigniert auf Lage in ihrer Heimat
Am 13. Juni meinte die Pollingerin, so einen Wendepunkt mitzuerleben. An diesem Tag hat Israel dutzende Ziele im Iran angegriffen. Mindestens 20 hochrangige iranische Militärs sollen dabei getötet worden sein, Iran schlug zurück. Es folgte ein zwölf Tage andauernder Krieg zwischen den verfeindeten Ländern, der mit einer Waffenruhe endete. Verkündet von US-Präsident Donald Trump via Social Media.
Vorausgegangen war dem ein Angriff der USA auf die iranischen Atomanlagen. Der selbsternannte Friedensstifter aus dem Weißen Haus klopfte sich auf die Schulter, und Shabnam Hellmuth wollte es nicht wahrhaben. Für sie bedeutete der „Mitternachtshammer“, wie das Pentagon den Einsatz nannte, das Ende ihrer Hoffnung auf einen Regierungswechsel in Teheran.
„Es ist schmerzhaft, sich über die Bombardierung der eigenen Heimat zu freuen“
„Es ist schmerzhaft, sich über die Bombardierung der eigenen Heimat zu freuen“, sagt Shabnam Hellmuth. Sie weiß, dass die Euphorie, die sie beim Kriegsbeginn am 13. Juni spürte, nicht rational ist. „Wer nicht aus Iran kommt, kann das schwer nachvollziehen.“ Ihre iranischen Freunde, die in Deutschland leben, würden diese Gefühle allerdings teilen. Und gemeinsam hätten sie auch gespürt, wie ihre Hoffnung auf Freiheit in der Heimat immer mehr der Resignation gewichen ist. „Ich glaube inzwischen nicht mehr, dass wir noch erleben, wie sich in Iran etwas ändert“, meint Hellmuth sichtlich ernüchtert.
Wie die Landsleute auf die Situation im Iran blicken, scheint auch eine Generationenfrage zu sein. So sei ihre Mutter weitaus weniger euphorisch als sie selbst gewesen, als es zum israelischen Angriff kam, erzählt Hellmuth. „Meine Mutter hat gleich gesagt, dass sich dadurch nichts ändert.“ Wahrscheinlich, weil sie schon vor langer Zeit gesehen hat, wie nah Hoffnung und Enttäuschung beieinander liegen. So erinnert Shabnam Hellmuth an die Revolution 1979, die ihre Mutter miterlebt hat. Damals wurde, auch durch Druck aus dem Westen, die Monarchie im Iran abgesetzt. Viele Menschen sahen darin die Chance auf bessere Lebensumstände und eine gerechtere Gesellschaft. Was aber folgte, war die Etablierung der Islamischen Republik unter Ruhollah Chomeini – das Mullah-Regime.
Vielleicht erscheint irgendwann ein Buch über Erinnerungen an den Iran
Mutige in der iranischen Bevölkerung machten sich seither immer wieder für mehr Freiheiten, Menschenrechte und Rechte von Frauen stark. Zuletzt war es seit September 2022 zu einer großen Friedensbewegung unter dem Motto „Frau, Leben, Freiheit“ gekommen, ausgelöst durch den Tod der 23-jährigen Mahsa Amini. Die junge Frau war von der islamischen Sittenpolizei misshandelt worden, weil angeblich ihr Kopftuch nicht richtig saß. Sie starb im Krankenhaus.
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Von Polling aus setzte sich auch Shabnam Hellmuth für diese Proteste ein; sie ging an die Medien und sprach am Weltfrauentag 2023 bei einer Veranstaltung der Frauen-Union im Landkreis. Wenn man die Iranerin heute fragt, wie sie weiterkämpfen will, zuckt sie mit den Schultern. „Ich muss das, was jetzt passiert ist, erstmal verdauen.“ Die Resignation sei zu groß. Vielleicht aber, sagt Hellmuth, bringt sie mit ihren iranischen Freundinnen irgendwann ein Buch über ihre Heimat heraus. Und ganz verschwunden scheint ihre Hoffnung noch nicht zu sein. Denn die Pollingerin sagt: „Vielleicht erleben unsere Kinder noch einen anderen Iran.“