Entdeckerin von Turnstar Marcel Nguyen: Unterhachinger Gymnastik-Legende feiert 80. Geburtstag

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Mit einem Originalplakat von den Olympischen Spielen 1972: Das Großereignis hat Ursula Staudter live miterlebt. Jetzt feierte die Unterhachingerin ihren 80. Geburtstag. © Robert Brouczek

Ursula Staudter lebt für den Sport. Seit 55 Jahren gibt sie beim TSV Unterhaching Kurse. Jetzt feierte die Entdeckerin von Turnstar Marcel Nguyen ihren 80. Geburtstag.

Unterhaching – Ein Zufallsprinzip? Nein, so was kommt für Ursula Staudter nicht in Frage. „Jede Übungsstunde ist genau durchdacht“, betont die staatlich geprüfte Gymnastiklehrerin. Mit Strichen und Bögen, Skizzen, Worten und Zahlen dokumentiert sie fein säuberlich all ihre Kurse, die sie seit nunmehr 55 Jahren beim TSV Unterhaching sowie bei der VHS gibt. Wie gut der Sport ihr tut, sieht man ihr an: Sie ist fit wie in jungen Jahren. Jetzt hat Ursula Staudter ihren 80. Geburtstag gefeiert. Und ans Aufhören verschwendet die dienstälteste Übungsleiterin des Sportvereins keinen Gedanken.

„Der Bub muss unbedingt zum Leistungsturnen“

Anekdoten gäbe es viele zu erzählen, eine davon kommt immer wieder zur Sprache. Es passierte 1994, beim Eltern-Kind-Turnen – ein Sechsjähriger fiel der erfahrenen Sportlehrerin auf. „Der Bub muss unbedingt zum Leistungsturnen“, sagte sie zur Mutter. Und schickte das talentierte Kind vom Breiten- zum Spitzensport: zu Richard Hörle, dem langjährigen Cheftrainer der TSV-Kunstturner. Die Expertin hatte sich nicht getäuscht, was das Talent anging. 18 Jahre später, bei den Olympischen Spielen in London, gewann der einstige Bub, mittlerweile zu einem Weltstar des Kunstturnens gereift, zwei Silbermedaillen. Sein Name: Marcel Nguyen. Er selbst hat über seine Entdeckung durch Ursula Staudter so einmal in einem Radio-Interview erzählt.

Beim Sport blüht sie auf: Seit über 55 Jahren ist Ursula Staudter Übungsleiterin beim TSV Unterhaching.
Beim Sport blüht sie auf: Seit über 55 Jahren ist Ursula Staudter Übungsleiterin beim TSV Unterhaching. © privat

Lehrerin an der Jahnschule und Übungsleiterin beim TSV

Der Sport war es auch, der die gebürtige Freisingerin 1967 nach Unterhaching verschlug, wohin sie, als junge Sport- und Werklehrerin, versetzt wurde. Nämlich an die Jahnschule. Zwei Jahre später gewann der damals stark expandierenden TSV Unterhaching sie als Übungsleiterin, von 1969 bis heute hält Ursula Staudter – sie heiratete vor über 50 Jahren den späteren Heimatpfleger Günter Staudter – ununterbrochen ihre Kurse ab. „Meinen Stil habe ich immer beibehalten. Ich lasse nichts einfach durchlaufen“, sagt sie. Wenn beispielsweise zum Abschluss des Mutter-Kind-Turnens die Buben und Mädchen auf dem Mattenwagen durch die Turnhalle gezogen werden, singen sie dazu seit Jahrzehnten „Wir fahren mit der Bimmelbahn“. Ein Lied, das auch Marcel Nguyen kennt.

Ursula Staudter, beim Auftritt der Show-Tanzgruppe des TSV, die sie mit gegründet hatte.
Ursula Staudter, beim Auftritt der Show-Tanzgruppe des TSV, die sie mit gegründet hatte. © privat

Grundlage für ihre Übungen ist Musik, deren Eigenart und Rhythmus Ursula Staudter in Bewegungen umsetzt. „Schulter, Beine, Rumpf und Hirn – man muss sich einen Tanz merken – kommen zum Aufwärmen dran. Und zum Schluss ein folkloristischer Tanz. Oder Dehnübungen.“ Die macht die 80-Jährige spontan vor, animiert zum Mitmachen: „Los, Schultern hoch – ab, hoch – ab!“ Auch welche Musik zu welcher Übung passt: Jedes Detail steht auf Ursula Staudters geheimen Listen. „Typisch Lehrerin halt“, schmunzelt sie.

Eröffnung der Hachinga-Halle war Geburtsstunde der Show-Tanzgruppe

Ihr Mann Günter (82) schwärmt heute noch davon, wie seine Frau den Verein mit ihrem Einfallsreichtum mitgeprägt hat: „Sogar der Bayerische Landessportverband holte Ursel in sein Lehrteam, so konnte sie ihr Wissen und Können an viele Übungsleiter in Oberbayern weitergeben.“ Ins Rampenlicht gerückt war Ursula Staudter mit ihren vereinten Gymnastikgruppen erstmals 1973: zur Eröffnung der Hachinga-Halle. 70 Damen in lindgrünen und rosafarbenen Trikots tanzten damals zum krönenden Abschluss moderne Formationen. Es war die Geburtsstunde der Show-Tanzgruppe des TSV, die später bei Sportlerehrungen und Jubiläen immer wieder große Auftritte hatte und auch den Fasching bereicherte. Die Formationen tüftelte sie übrigens mit Mensch-ärgere-dich-nicht-Spielfiguren aus, testete auf diese Weise die Tänze vorab daheim.

Mit silberner Ehrennadel gewürdigt

Seit 1978 leitete Ursula Staudter auch kunsthandwerkliche Kurse an der VHS Unterhaching, wie „Bunter Blumenstrauß aus Zapfen“ oder „Osterschmuck aus Salzteig“. Ab 1981 kam die Ausgleichs- und Wirbelsäulengymnastik hinzu. Ihr umfangreiches Repertoire erarbeitete sie sich aus intensiver Weiterbildung und Selbststudium.

Als Ursula Staudter 2021 von der Gemeinde mit der silbernen Ehrennadel gewürdigt wurde, sagte Bürgermeister Wolfgang Panzer: „Ich bin glücklich, dass es Menschen gibt, die ihr ganzes Leben lang für einen Verein und für ihre Aufgabe brennen. Sie sind ein Vorbild für viele.“ Auch die CSU-Landtagsabgeordnete Kerstin Schreyer gratulierte damals, mit einem Zitat von Clint Eastwood: „Der Erfolg ist eine Lawine. Es kommt auf den ersten Schneeball an.“

Zweimal pro Woche gibt sie noch Kurse

In diesem Sinne, die Staudtersche Lawine rollt und rollt. Wer sich davon live überzeugen mag: Zweimal pro Woche zelebriert die 80-Jährige beim TSV Unterhaching ihre „Gymnastik mit Musik“ zur Förderung von „Koordination und Denkvermögen“. Akribisch geplant, ohne Zufallsprinzip.

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