„Mensch vor Marge“: Weltkonzern macht zwei Werke in Deutschland dicht
Der Lebensmittelkonzern Nestlé will zwei Standorte in Deutschland schließen. Davon betroffen sind 230 Mitarbeiter. Arbeitnehmervertreter und Gewerkschaft rufen zu Protesten auf.
Frankfurt/Main - Der Schweizer Nahrungsmittelkonzern Nestlé trennt sich von zwei Werken in Deutschland. So sollen der Standort in Neuss bei Düsseldorf Mitte 2026 geschlossen und das Werk in Conow (Mecklenburg-Vorpommern) verkauft werden, teilte das Unternehmen mit. Betroffen sind rund 230 Beschäftigte. Die Gewerkschaft NGG organisierte daher am Mittwoch (14. Mai) einen Protest vor der Konzernzentrale in Frankfurt.
Demonstranten kritisieren Stellenabbau bei Nestlé
Die steigende Preissensibilität von Verbrauchern sowie gestiegene Kosten hätten in den vergangenen Jahren zu Überkapazitäten geführt, hieß es bei Nestlé. Gemeinsam mit dem Betriebsrat werde über Lösungen beraten, darunter Weiterbildungsmaßnahmen sowie Angebote von Altersteilzeit.
Die rund 300 Demonstranten kritisierten hingegen, dass ein wirtschaftlich gesundes Unternehmen Jobs verlagere, um die Rendite noch weiter zu steigern. Sie trugen Plakate mit dem Slogan „Mensch vor Marge“ oder „Missmanagement vernichtet Arbeitsplätze.“
Das Werk in Neuss mit rund 145 Beschäftigten produziert unter anderem Thomy-Öl, Mayonnaise und Senf in Glas, Kunststoffflaschen und Tuben. Für die Öl-Abfüllung werde nach einer externen Produktionslösung gesucht, die Glas- und Kunststoffflaschen-Produktion soll ins europäische Ausland gehen. Die Tubenproduktion für Senf und Mayonnaise werde ferner an den Standort in Lüdinghausen nahe Münster verlagert. Dadurch entstünden dort 30 Jobs, diese sollen Beschäftigten aus Neuss angeboten werden.
Nestlé-Werk vor Verkauf: Mitarbeiter hoffen auf Weiterbeschäftigung
Die Produktion im Werk Conow mit rund 80 Beschäftigten soll Nestlé zufolge Anfang 2026 beendet werden. Die Herstellung unter anderem von Maggi-Produkten werde ins europäische Ausland verlagert. Derzeit liefen Gespräche mit einem anderen deutschen Unternehmen zur Übernahme des Standorts. Die 80 Beschäftigten sollen vom Käufer übernommen werden.
Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hat die Entscheidung von Nestlé kritisiert. Seit dem Jahr 2014 seien bei Nestlé durch den Verkauf von Marken und Werksschließungen tausende Jobs verloren gegangen. „Seit Jahren baut Nestlé in Deutschland drastisch Arbeitsplätze ab und verlagert die Produktion - etwa in Länder Osteuropas, wo die Löhne viel niedriger sind“, sagte der Gesamtbetriebsratsvorsitzende von Nestlé Deutschland, Andreas Zorn, laut dpa.

Aus einstmals 12.400 Beschäftigten in Deutschland im Jahr 2014 seien nunmehr noch 6.500 geworden, die Investitionen in die Werke seien zu niedrig, sagte Zorn. „Wenn das so weitergeht, haben wir in 20 Jahren kein einziges Nestlé-Werk mehr in Deutschland.“
Sparmaßnahmen als Reaktion auf sinkende Umsätze
Im vergangenen Jahr ist der globale Umsatz von Nestlé um 1,8 Prozent auf 91,4 Milliarden Schweizer Franken gesunken. Auch der Gewinn ging um 2,9 Prozent zurück, betrug aber dennoch 10,9 Milliarden Franken. Der neue Konzernchef Laurent Freixe hatte schon zuvor Sparmaßnahmen angekündigt. Nestlé beschäftigt in Deutschland mehr als 6000 Menschen.
Wie andere Konsumgüterhersteller hat Nestlé in den vergangenen Jahren die Preise erhöht, um gestiegene Rohstoffkosten an Kunden weiterzureichen. Doch angesichts der Inflation setzen Verbraucher vermehrt auf günstige Eigenmarken. Damit wird es für Nestlé schwerer, gestiegene Kosten weiterzugeben. Konzernweit musste Nestlé 2024 einen Gewinn- und Umsatzrückgang verkraften.