„Das werden wir nie vergessen“: TV-Gag von Bully Herbig bleibt ein Klassiker an beliebtem Feriensee in Oberbayern

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Über den Gag von Regisseur Michael „Bully“ Herbig lachte ganz Deutschland. © Franziska Seliger

Ganz Deutschland amüsiert sich derzeit über „Das Kanu des Manitu“ von Regisseur Michael „Bully“ Herbig. Unvergessen bleibt auch sein TV-Gag am Walchensee. Die Kulisse der Show gibt es noch immer. Die Gastgeber sind ein alteingesessener Familienbetrieb in Oberbayern.

Walchensee - Wenn Familie Öttl den Namen Bully Herbig und „Das Kanu des Manitu“ hört, dann werden herrliche Erinnerungen wach an 2009: Kurz zuvor hatte Herbig am Walchensee den Film „Wickie und die starken Männer“ gedreht, das Aufsehen war damals groß. Dann kam Herbig wieder, um der verdutzten Bevölkerung bei einem Info-Abend im Saal des Gasthauses Edeltraut ein „Wickie-Land am Walchensee“ zu präsentieren – mit Freizeitpark, Seebühne und einer sieben Kilometer langen Sommerrodelbahn am Herzogstand, ein Investor war angeblich schon gefunden.

TV-Star Frank Elstner steht plötzlich vor der Tür

Im Laufe der Präsentation blieb den Einheimischen das Lachen im Hals stecken, aber einige hatten den Schauspieler schon durchschaut: Dahinter verbarg sich ein Gag für die populäre Fernsehsendung „Verstehen Sie Spaß?“. Als „Investor“ entpuppte sich dann Moderator Frank Elstner. Die ganze Republik lachte mit Walchensee. „Das werden wir nie vergessen“, sagt Wirtin Silvia Öttl (62) heute. „Wir haben damals, als wir den Saal zur Verfügung stellten, wirklich überhaupt nicht gewusst, was passieren wird. Und plötzlich stand dann Frank Elstner hinter dem Haus.“

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In der Familie helfen alle zusammen: (v. li.) Georg Öttl (66, Wirt und Koch), Silvia Öttl (62, Wirtin), Seniorchefin Elisabeth Öttl (90), Alexandra Öttl (34, Juniorwirtin) und Schwester Martina Pasch (36, Aushilfe).
In der Familie helfen alle zusammen: (v. li.) Georg Öttl (66, Wirt und Koch), Silvia Öttl (62, Wirtin), Seniorchefin Elisabeth Öttl (90), Alexandra Öttl (34, Juniorwirtin) und Schwester Martina Pasch (36, Aushilfe). © Arndt Pröhl

Wolfgang Fierek kommt mit dem Motorrad

Die ganze Familie Öttl hat viel zu erzählen, wenn man mit ihr über die Geschichte des Gasthofs spricht. Das Haus wurde 1906 von einer Berliner Firma errichtet und auf den Namen „Villa Edeltraut“ getauft. „Warum dieser Name, das wissen wir nicht“, sagt Wirt Georg Öttl (66). Sein Großvater, der wie sein Vater auch Georg hieß, kaufte das Anwesen 1935 und machte daraus die „Pension Edeltraut“. Die ersten Gäste waren aus Dresden. 1940/41 wurde eine Gaststätte eröffnet, während des Kriegs sprach man von einer „Pflichtgaststätte“. Das bedeutete, dass man Flüchtlinge aufnehmen musste. Als Georg Öttl im Krieg war, musste seine Frau Amalie mit drei kleinen Kindern den Betrieb alleine aufrechterhalten.

Heute gibt es eine Gastronomie und 15 Fremdenzimmer in Haupt- und Nebengebäude.
Heute gibt es eine Gastronomie und 15 Fremdenzimmer in Haupt- und Nebengebäude. © Arndt Pröhl

Als er aus der Gefangenschaft zurückkam, wurde 1949/50 der Saal angebaut. Das Geld war knapp, und alle Verwandten mussten mithelfen. „Mein Uropa war Wirt mit Leib und Seele“, sagt Martina Pasch (36). Das Ziel war, für die Vereine, Heimatabende und Musik-Veranstaltungen in Walchensee etwas anbieten zu können, der Saal hat Platz für 250 Personen. Aber auch Hochzeiten und – damals ein Novum – die ersten Kinoabende am See fanden dort statt.

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1974 übergaben die Senior-Wirtsleute den Betrieb an ihren ältesten Sohn Georg und dessen Frau Elisabeth. Sie bauten im selben Jahr einen Neubau mit zwei Privatwohnungen und fünf Fremdenzimmern. In den kommenden Jahren wurde das Haus dann Schritt für Schritt erweitert und umgebaut. „Immer im Winter, mit dem Geld, was im Sommer eingenommen wurde“, sagt Wirt und Koch Georg Öttl. „Im Sommer schliefen wir Kinder im Speicher, im Winter in den Fremdenzimmern.“ Das Haus hat heute noch immer die Grundsubstanz der alten Villa, außerdem befindet sich noch deren Kachelofen in der Stube.

Steckbrief

Gründungsjahr: Das Gebäude stammt aus dem Jahr 1906, Familie Öttl kaufte es 1935.
Wievielte Generation: 3., die 4. Generation steht in den Startlöchern.
Anzahl der Zimmer: 15
Mit Gastronomie: Ja. Die „Edeltraut“ ist von Ostern bis Allerheiligen und ab dem 26. Dezember während der Weihnachtsferien geöffnet, die Küche öffnet um 17 Uhr. Ansonsten wird im Winter für Vereinsveranstaltungen und Familienfeiern von Einheimischen nach Absprache geöffnet.
Bekannte Gäste: Fernsehshow „Verstehen Sie Spaß“ mit Frank Elstner und Bully Herbig für das „Wickie-Land am Walchensee“ (2009), außerdem kamen Prominente wie Willy Astor, Wolfgang Fierek (kommt jedes Jahr mit einer Motorradgruppe), Kurt Biedenkopf in seiner Zeit als sächsischer, Ministerpräsident, Edmund Stoiber, Max Streibl, Hannes Jaenicke, Heinz Weiß.
Besonderheit des Hauses: Familienbetrieb mit persönlichem Kontakt, Bootsverleih
Spezialität der Küche: Renken aus dem Walchensee
Durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Gäste: 5 Tage

Online-Plattformen sind tabu

Heute gibt es 15 Gästezimmer mit Dusche und WC, teils auch mit Balkon. Seit 2008 führen Georg und Silvia Öttl den Betrieb. Sie freuen sich über die vielen Stammgäste. „Wir haben ein Ehepaar aus Köln, das 2026 seit 55 Jahren zu uns in Urlaub kommt“, berichtet Georg Öttl. „Sie wollen immer das gleiche Zimmer.“ Andere Gäste würden seit 30 bis 35 Jahren zu ihnen kommen. Wer in der „Edeltraut“ übernachten will, kann nur direkt buchen und nicht über Online-Plattformen wie booking.com. Warum? „Ich sehe nicht ein, dass jemand in Amerika mit uns Geld verdient“, sagt Silvia Öttl resolut. Außerdem, ergänzt Tochter Martina Pasch, könne man die Auslastung so besser steuern. „Bei uns ist ja kein Zimmer wie das andere.“ Wenn Platz ist, nehmen sie auch Gäste für eine Nacht. „Sobald wir ein Schild draußen stehen haben, stehen Leute vor der Tür“, sagt Georg Öttl. Zur „Edeltraut“ gehört übrigens auch ein Bootsverleih für Hausgäste, Touristen und Fischer. Das Besondere: Gästen wird der selbst gefangene Fisch gleich zubereitet, wenn sie das möchten. „Ansonsten frieren wir ihn für sie ein.“

Die Oma (90) hilft noch in der Küche

In der Küche steht, wie seine Vorfahren, Georg Öttl. Hatte die „Edeltraut“ früher nur an Heiligabend und am 1. Weihnachtsfeiertag geschlossen, gab es ab Mitte der 1980er-Jahre erst einen, nun zwei Ruhetage in der Woche (Dienstag und Mittwoch). „Seit drei Jahren haben wir nur noch abends geöffnet, weil wir keinen weiteren Koch mehr gefunden haben“, sagt der 66-Jährige. Das Geschäft sei ohnehin sehr wetterabhängig. „Allerdings haben wir auch viele Gäste vom Campingplatz“, sagt Tochter Alexandra.

Das Haus wurde 1906 gebaut und bekam den Namen „Villa Edeltraut“.
Das Haus wurde 1906 gebaut und bekam den Namen „Villa Edeltraut“. © Arndt Pröhl

Die 34-Jährige steht in den Startlöchern, den Betrieb zu übernehmen. Derzeit ist sie „Mädchen für alles“, hilft in der Küche und bedient. Wenn das Haus voll ist, kommt auch Schwester Martina Pasch (36) und hilft mit. Die beiden Schwestern haben eine Banklehre gemacht und wollten eigentlich erstmal nicht in den Betrieb einsteigen. Aber als der Großvater starb, „da war mir klar: Jetzt komme ich heim, um zu arbeiten. Denn das Haus gehört unserer Familie, das werden wir nicht aufgeben“, sagt Alexandra Öttl. Auf die Unterstützung ihrer großen Schwester, die zwei Kinder hat, kann sie immer zählen.

Neben den Eltern ist auch Seniorchefin Elisabeth Öttl noch mit dabei. Die 90-Jährige macht die komplette Bügelwäsche und bereitet in der Küche den Salat zu. Außerdem gibt es Angestellte für die Zimmerreinigung, und wenn Gastronomie und Saal gebucht sind, kann die Familie auf weitere Bedienungen zählen. „Die Theateraufführungen sind immer sehr gut besucht, sowohl von Einheimischen als auch von Touristen“, sagt Alexandra Öttl. Sie möchte die „Edeltraut“ in traditioneller Weise fortführen. „Ich bin hier aufgewachsen, und es macht mir Spaß.“

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